[Buenos
Aires 1]
Alle, die
meinen mein Trip bestehe jeden Morgen aus lange ausschlafen und täglichen
Abenteuern, liegen etwas falsch: Oftmals stehe ich zu unchristlichen Zeiten auf,
um einen Bus für eine eeeendlos lange Fahrt zu erwischen. 20 Stunden und mehr
in einem (mehr oder weniger bequemen) Bus gehören für einen Reisenden, wie
mich, zum Standard-Programm. Am 01.03.12 stehe ich also wieder einmal um 04.30
auf, krame meine sieben Sachen zusammen und erst, als ich im Bus sitze, reibe ich
mir den Sand (hier in Uyuni wohl eher das Salz) aus den Augen. Lange ist die
Fahrt von Uyuni in südlicher Richtung nach Tupiza und dann weiter nach Villazon.
Die Landschaft erinnert mich mit ihren rötlichen, endlosen Hügelzügen und
Tälern, der Wüstenlandschaft den vielen Kakteen sehr ans Grand Canyon Gebiet im
Süden der USA. Mal karg, mal grün zieht an meinem Fenster vorbei, die Strassen
sind ungeteert, holprig und meist eng. Einmal kommt es beinahe zum Crash mit
einem anderen Bus, der uns zu spät sieht und erst etwa 30cm vor uns zum Stehen
kommt. Der Grenzübertritt von Bolivien nach Argentinien (de facto 2 Stempel in
meinem Pass) dauert geschlagene 3h und zehrt an meinen Nerven und meinem Stamina,
denn ich schleppe ganze Zeit mein Rucksackmonster mit. Aber warum denn mehrere
Schalter aufmachen und den faulen Zollbeamten Feuer unterm Arsch machen, wenn
einer reicht und der Baer warten kann, während er fast vom Rucksack erdrückt
wird? Aaargh… Am Busbahnhof auf der Argentinischen Seite in La Quiaca finde ich
einen Bus, der noch am selben Tag um 21 Uhr nach Salta fährt. Semicama (=180°
halbschräg-schlaf-Komfort mit eingeschränkter Beinfreiheit) mit einmal
umsteigen; Direktanschluss sagt mir die Dame am Schalter. Die Fahrt ist
aufreibend: Kaum bin ich eingeschlafen (nach dem langen Tag bin ich Müde),
heissts Polizeikontrolle – alle aus dem Bus! Alles wird inspiziert, doch als
mich der Polizeibeamte mit meinem grossen Rucksack (und dem Schweizerpass)
sieht, lacht er nur mitfühlend, nuckelt an seinem Mate Tee und winkt mich durch.
Um 3.30 Uhr komme ich in Jujuy an und erwarte, dass ich in den Anschlussbus
nach Salta plumpsen kann. Direktanschluss bedeutet diesmal aber 3 lange Stunden
Wartezeit – ich bin saumüde! In Salta angekommen nehme ich trotz akuter
Übermüdung (ich hab’s ja gesagt: alles andere, als „erholsame Ferien“), Rücken-
(Rucksackmonster sei Dank) und Nackenschmerzen (unkomfortables Semicama lässt
grüssen) den nächsten Bus nach Buenos Aires und erinnere mich wohlweislich an
den Slogan von L’Oréal: „Parce que je le vaux bien“. Darum leiste mir den
luxeriösesten Super-trooper-Cama-Executive-Suite Bus nach Buenos Aires. 200 USD
blättere ich für die 18h Fahrt hin…das flache Bett auf Rädern ist unbezahlbar!
Nach 2 Tagen und über 2000km Fahrt komme ich am 03.03.12 wieder fast regeneriert
in der Hauptstadt Argentiniens an.
Der heisse Spätsommer
erwartet mich in der Megacity Buenos Aires, dem politischen, kulturellen,
kommerziellen und industriellen Zentrum Argentiniens. Das El Sol Hostel de
Ricoleta im gleichnamigen, glamouröseren Stadtteil Ricoleta ist meine Bleibe
für die nächste Woche, wobei die Zeit wie im Flug vergeht. Noch am selben Tag
treffe ich mich mit Sol (die ich damals an der Westküste in den USA kennen
gelernt habe), um etwas durch die Stadt zu schlendern. Wir besuchen den
Kunsthandwerkermarkt um die Ecke und stossen per Zufall auf die geniale Puma
Streetart Ausstellung. Abends bin ich bei ihren Freunden (Amis, Holländer und
Franzosen) zum Empanadas Essen eingeladen, wo gleich mal der Tarif vom argentinischen
Lifestyle durchgegeben wird: Gemütlich zusammensitzen (vornehmlich ganz
antivegetarisch mit einem grossen Stück Fleisch), Trinken (Fernet&Coke –
schmeckt wie Listerine Coolmint-Antiplaque), Ausgehen (naja, war geplant, wir
sind dann aber hängengeblieben) und nicht vor 6 Uhr schlafen gehen. Am Sonntag,
04.03.12 mache ich mich auf zum grossen Künstlermarkt, der jeden Sonntag im
Zentrum von Buenos Aires stattfindet, das geprägt ist von hektischem Treiben. Zwischen
Marktständen mit Mate-Ausrüstung, Klappstühlen einer Gartenbeiz und
Empanada-Ständen tanzt ein elegantes Pärchen engumschlungen Tango und entzückt
die Touristen…
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BsAs
Kaffeekultur |
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BsAs
Tanzkultur |
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Farbenfroher
Markt…seis Flaschen… |
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…oder
Schilder (No Photos):-p |
Um von der
Hektik etwas herunter zu kommen, eröffne ich an diesem herrlichen Sommerabend
die Joggingsaison und finde meine perfekte Runde (im Parque Thays und zur Floralis
Genérica, der riesen Blumenskulptur am Plaza de las Naciones Unidas), die ich
bis zum 11.03.12 beinahe jeden Tag abspule und dabei immer wieder neue Details
der Stadt entdecke. Buenos Aires ist anders, als jede südamerikanische Stadt,
die ich bis jetzt gesehen habe. Sie ist sehr europäisch, relativ sauber
(abgesehen vom Abfallproblem und den Hundehaufen, die überall liegen und
manchmal von Passanten einen ganzen Häuserblock weitergezogen werden) und
bietet so einige architektonische- und andere Augenweiden. Prägend sind auch
die vielen Klimaanlagen die einem ständig auf den Kopf tropfen, wenn man die
Strassen entlang spaziert. Die Hauptschlagader von Buenos Aires ist definitiv
die Avenida 9 de Julio, die mit ihrer Breite von 140m und 20 Fahrstreifen als
breiteste Strasse der Welt bezeichnet wird. In ihrem Zentrum thront ein Obelisk.
Zum Puls der Stadt trägt, nebst der Geschäftigkeit (ausgeschlossen sind die
elend langsamen Kassierer im Supermarkt), dem kulturellen Angebot und dem
neverending Nightlife auch das chaotische, laute und rasante Bussystem bei,
welches ich ein paar Mal ausprobiert habe. Zum Leidwesen des Touristen sind die
Stationen nicht angeschrieben und der Bus hält nur auf Verlangen – blöd, wenn
man nicht genau weiss, wo man ist. Trotz hoher Inflation sind die unzähligen
Restaurants immer voll, wo die Porteños (so heissen die Einheimischen) und
Touristen en-masse Fleisch essen, oder im gemütlichen Kaffee an der
Strassenecke an einem Kaffee oder Mate Tee nippen. Buenos Aires bringt einem
schnell bei, wie man das Leben zu geniessen hat!
Um der
Grossstadt zu entfliehen, mache ich mit Sol und zwei ihrer Freunde (Dave aus
den USA und Mike aus Holland) am 06.03.12 einen gemütlichen Ausflug nach San
Isidro und Tigre, dem Naherholungsgebiet für die reicheren Porteños.
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„Turisten“
vorm Modern Art Museum… |
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…und
beim Bier in Tigre |
Am 08.03.12
treffe ich mich mit Carola, die ich ebenfalls auf meiner Reise in Kalifornien
kennen gelernt habe zum Sushi essen. Sie entführt mich in die schicke Gegend
Puerto Madero, die mich mit ihrem aufgepeppten und umfunktionierten alten
Hafen, Lofts und anderen modernen Gebäuden an Rotterdam erinnert. Beim Drink schmieden
wir den Plan, am folgenden Tag gemeinsam mit dem Touristenbus durch die Stadt
zu flitzen. Wir starten am Plaza de Mayo und besichtigen zuerst das Regierungsgebäude
„Casa Rosada“, dessen Gratisführung uns sogar ins Büro der gegenwärtigen
Präsidentin Cristina bringt. Danach cruisen wir bis zum Sonnenuntergang beim
perfekten Wetter kreuz und quer mit dem Cabriobus durch Buenos Aires. Besonders
gefällt mir das nicht ganz ungefährliche Künstlerviertel La Boca (unweigerlich
hört man das eine oder andere Räubergschichtli) das für seine farbenprächtigen
Hausfassaden, unzähligen Strassencafés und Tango-Vorführungen bekannt ist.
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Widersehen
mit Carola, wo schon Evita stand |
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Erneut „touristisch“ im Bus unterwegs |
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Die
Geburtsstadt des Tangos |
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Bunte
Häuserfront in La Boca |
Eigentlich ist
schon länger abgemacht, dass ich gemeinsam mit Sol Argentinien bereise, doch
aufgrund ihres „Liquiditäts-Engpasses“ fällt diese Idee ins Wasser. Daher plane
ich am Sonntag 10.03.12 meine Weiterreise auf eigene Faust. Dabei komme ich mit
Alexander ins Gespräch, der im selben Hostel wohnt und aus Deutschland kommt.
Er will kommende Woche ebenfalls den Nordosten von Argentinien bereisen. Da
sich ein Deutsch-Schweizer Team in der Vergangenheit schon mehrfach bewiesen
hat, verabreden wir, dass wir uns am 12.03.12 in Puerto Iguazú im Hostel Marco
Polo Inn treffen. Die 19h Fahrt dorthin trete ich am späten Nachmittag des
11.03.12 an. Mein luxeriöser Supercama-Bus kostet zwar wieder mal ein Vermögen,
dafür habe ich auf meinem privaten Screen die Wahl zwischen x-beliebigen,
englischsprachigen Hollywoodstreifen, die knapp mal im Kino laufen (Copyrightschutz
wird hier nicht so ernst genommen), ein horizontales Bett sorgt für än tüüfe
xunde Schlaf und – achtung, jetzt kommts – das Catering beinhaltet extra für
mich ein makelloses VEGETARISCHES Essen inkl. Gutenachtchampagner! Einfach zu
verstehen, dass von da an die Gesellschaft Via Bariloche mein absolutes Nr. 1 für
Busreisen in Argentinien ist. Puerto Iguazú liegt an der Grenze zu Brasilien
und Paraguay und ist Ausgangspunkt für die spektakulären Wasserfälle. Das Klima
hier ist tropisch heiss und feucht. Ich checke im Hostel Marco Polo ein und
kann endlich von meiner Hostel International Rabattkarte profitieren, zur deren
Kauf ich mich in Chicago habe überreden lassen. Abends trifft dann auch
Alexander ein, der mit dem Flugzeug anreist. Beim gemeinsamen Abendessen lernen
wir J.B. aus den USA kennen…und here we go, haben wir eine super Truppe
zusammen, um am nächsten Tag die Wasserfälle zu erkunden.
“One’s
destination is never a place, but a new way of seeing things.” – Henry Miller
Cheers
Alex
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