Samstag, 14. April 2012

Chile – Fast alles läuft, wie am Schnürchen


[Los Antiguos – Chile Chico – Coyhaique – La Junta – Chaitén – Puerto Montt]

Los Antiguos liegt an der windigen Küste des Lago Buenos Aires, nach dem Titicacasee der zweitgrösste See in Südamerika, den Argentinien mit Chile teilt (dort heisst er aber Lago General Carrera – so viel zur argentinisch-chilenischen Brüderlichkeit). Ausser Knotenpunkt zwischen Chile und der argentinischen Ruta National 40 (die im Nordwesten in Abra Pampa startet und sich bis Rio Gallegos im Südosten Argentiniens erstreckt), hat Los Antiguos nicht viel zu bieten. Daher beschliesse ich mit April aus den USA und Will aus Hong Kong, die ebenfalls mit mir aus dem Bus aussteigen, einen Taxi zur nahegelegenen Grenze zu Chile zu nehmen, um dann zu schauen, wie wir weiterkommen. Irgendwie wird’s schon klappen, sagen wir uns, denn der chilenische Grenzposten ist etwa 9km vom argentinischen entfernt.
Übernächtigter Abschied von Elena+David
Altes Schild auf der Ruta 40
Nachdem wir uns in Argentinien am 06.04.12 um 18.15 Uhr ausgestempelt haben, machen wir uns zu Fuss, bepackt mit unseren Rucksackmonstern auf den Weg für den Chilenischen Stempel. Bei jedem Auto strecken wir zuversichtlich den Daumen aus, um einen Transport aus dem kargen Niemandsland zum Grenzposten zu erhalten. Enttäuschung pur! Wider unseren Plan brausen alle Autos an uns vorbei und unsere Hoffnung schwindet zusehends. Nach 1.5h sind wir zwar pissed-off, haben aber – à la „das Glas ist Halbvoll“ – mehr als die Hälfte der Strecke hinter uns. Die Nacht kehrt bereits ein und ein wundervoller, oranger Vollmond erhebt sich hinter den Bergen, während ein ekliger Nieselregen einsetzt. Meine Stimmung ist mittlerweile nahe am Nullpunkt angelangt: kein Auto hält, es ist nasskalt und windig und die Rucksäcke drücken uns zu Boden. Gerade, als ich die Situation verfluchen will, hält ein Pickuptruck an, und wir können auf die Ladefläche aufspringen. Beim Grenzposten angekommen, zeigt die Uhr 19.45; um 20 Uhr schliesst der Zoll. Wir hätten es niemals geschafft, hätte der nette Fahrer nicht Mitleid mit uns gehabt. Dieser wartet übrigens auf uns und chauffiert uns noch bis ins etwa 6km entfernte Chile Chico. ¡Muchas Garcias, Amigo!
Enttäuschtes+müdes Willkommen in Chile..
..glückliche Backpacker auf dem Pickuptruck

Wir finden ein günstiges Hostel (6000 Peso Chileno; das sind etwa 11 CHF) inkl. Frühstück oder Küchenbenutzung für die Zubereitung eigener Köstlichkeiten. Nach meiner Logik würde zwar das eine das andere nicht ausschliessen...anyway… so entscheiden wir uns für Option Nr. 2, denn sämtliche Restaurants haben aufgrund des Karfreitags bereits geschlossen. Bevor wir ins Bett plumpsen kaufen wir im nahegelegenen Supermarkt ein und zaubern Nüdeli mit Tomatensauce. Mmmmh herrlich! Begleitet vom Geräusch des Windes versinken wir in einen Dornröschenschlaf. Tags darauf, am 07.04.12 ist  es Sonnig und unverändert windig. Auf der Suche nach einen unverschlüsselten WiFi-Netz erkunden wir, wie eine Spezialeinheit von Nuklear-Krisenmanagern nach Radioaktivität suchend, mit unseren Handys in der Hand die verschlafene 4000-Nasen Ortschaft. Ohne Erfolg, jedoch sind wir äusserst erfreut, dass die Autos hier anhalten, um Fussgänger über die Strasse zu lassen. Sowas in Südamerika!? Unser Masterplan, das 52km entfernte „Reserva National Jeinemeni“ (mit den Highlights Höhlenzeichnungen und Flamingos) zu besichtigen und beim etwa 5h entfernten „Puerto Rio Tranquillo“ die Marmorhöhlen zu bestaunen, müssen wir schnell begraben. Wegen den Osterferien haben die Tourenanbieter geschlossen und für Autovermietung ist das Kaff zu klein. Unser einziges Sightseeing ist daher der nahegelegene Hügel, wo 210 Treppen zur zutreffend benannten „Plataform del Viento“ führen; ansonsten verschlafen wir den ganzen Tag. April macht sich am Morgen des 08.04.12 wieder auf den Weg zurück nach Los Antiguos, um von dort einen Bus nach Bariloche zu nehmen und Will und ich versuchen ein Ticket für die Fähre nach Puerto Ibáñez zu ergattern. Bad luck, sie ist für heute ausgebucht, daher verlängern wir um eine Nacht im langweiligen Dorf. Wir sind nicht die einzigen, die hier steckenbleiben. In unserem Hostel, das die letzten beiden Nächte fast leer war, sind nun 6 andere Backpacker, die ebenfalls heute kein Ticket mehr erhalten haben und uns alle dieselbe Frage stellen: Wo zum Geier gibt’s denn Internet hier? Tja, liebe Backpacker… Chile Chico ist diesbezüglich halt noch ein paar Jährchen im Rückstand. Unser Bonus fürs hierbleiben ist ein wundervoller Sonnenuntergang, den wir auf der „Plataform del Viento“ geniessen und ein prächtiger Sonnenaufgang, den wir am nächsten Tag von der Fähre aus sehen.
Mit Will auf der Plataform del Viento..
..beim kitschigen Sonnenuntergang
Abendsbonus…und Morgenbonus…
Wenn der Alpenfirn sich rötet?
Um Mittag am 09.04.12 kommen wir in Coyhaique an und machen uns zusammen mit zwei anderen Backpackern auf die Suche nach einem Hostel, von denen es hier genügend gibt. Sollte kein Problem sein…eigentlich. Das erste ist zwar herzlich, doch in der Küche und im Wohnzimmer herrsch ein solches Chaos, dass ich nicht mal nach 11 Monaten Reiseabhärtung dort einchecken würde. Bei den nächsten paar Hostels treffen wir auf ein absurdes Phänomen. Sämtliche Besitzer sind stinkeunfreundlich zu uns. Beim einen (sehr schönen, modernen Hostel) wollen wir schon fast einchecken, da sagt uns der übellaunige Typ von der Reception, in höchst unfreundlichem Ton, wir dürfen das WiFi erst benutzen, wenn wir eingecheckt haben (obwohl wir vorher von der anderen Receptionistin das OK bekommen haben es zu benutzen, während das Zimmer gereinigt wird). Der Fall war klar: Next… Beim nächsten kommt eine saure, alte Frau aus dem Haus und sagt uns sie hätte Platz. Als wir nach einer Küche zur Benutzung fragen, will sie uns nicht mehr beherbergen (HALLO?). Im darauffolgenden Guesthouse – die Zimmer sind ok – sperrt die griesgrämige Dame uns vor die Türe und wir checken weiter ab. Stunden später landen wir im „Residencial Mónica“, wo Will und ich uns bei dem freundlichen, älteren Ehepärchen einnisten, während die anderen beiden Backpacker noch nach einer günstigeren Variante suchen. Abgesehen von der eigenartigen Hostelsuche, ist Coyhaique aber eine freundliche 45‘000 Einwohner-Stadt in der XI-ten Region von Chile, umgeben von Bergketten die bereits mit einem Flaum von Schnee bedeckt sind. Unser Ziel am 10.04.12 ist der „Cerro Cinchao“ im etwa 1.5h entfernten „Reserva National Coyhaique“. Bei perfektem Wetter machen Will und ich uns auf den Weg und wandern durch wunderschöne Herbstwälder 3h bergauf zur Bergspitze und werden von einer atemberaubenden Aussicht auf Coyhaique und die umliegenden Berge belohnt. Der Wandervogel aus Hong Kong geht ab, wie ne Tüte Mücken. Er rennt regelrecht den Berg hoch und runter, so dass ich ihn ein paarmal ermahnen muss, auch die Natur etwas vor Ort zu geniessen (und nicht nur in retrospektive auf den Fotos).;-) Dafür schaffen wir die 14km in 6h (normalerweise dauert die Wanderung 7-8h) und können beim Parkeingang bequem den letzten Bus zurück in die Stadt nehmen. Das ging ja wieder mal, wie s’Brezel backen.
Lamas in Wintermode
Baer on the top!

Herbstzauber in Coyhaique
Alles läuft wie am Schnürchen. Am folgenden Tag, am 11.04.12, wollen wir den Bus nach La Junta nehmen, dort 1 Tag bleiben, und dann weiter nach Chaitén. Die Busverbindungen dorthin sind sehr unregelmässig, aber wir schaffen es, die ganze Reise nach unserem Gusteau zu  organisieren. Am Abend des 11.04.12 kommen wir nach einer 7h, vorwiegend holprigen Fahrt auf einer kurvigen Schotterstrasse, durch urwaldartige grüne Wälder mit Pflanzen, deren Blattdurchmesser locker 1m betragen, in La Junta an. Das verschlafene Dörfchen mit altertümlichen Dorfversammlungen und freundlichen Strassenhunden ist zumeist nur ein Pit-Stop für Reisende, wir sind jedoch hier um die unberührte patagonische Natur im „Reserva Nacional Lago Rosselot“ zu erkunden. Schön wärs gewesen, wenn es am 12.04.12 nicht den ganzen Tag in Strömen geregnet und uns die Wanderlaune komplett verdorben hätte. Zum Glück logieren wir im gemütlichen „Hospedaje Tía Lety“, wo wir von Grandma bemuttert werden und den ganzen Tag im getäferten Zimmerchen chillen, das grad mal so gross ist, dass ein Bett quer und eins längs Platz hat. Bereits um 6 Uhr am 13.04.12 fährt unser Bus, der Will und mich nach Chaitén bringt. Wir hoffen, dort die Fähre um 10 Uhr zu nach Puerto Montt zu erwischen. Der kleine Sprinter Bus ist masslos überfüllt und wir sind froh, dass wir unser Ticket im Vornherein gelöst und somit einen Sitzplatz auf Sicher haben. Wie abgesprochen kommen wir – trotz kurzer technischer Autopanne – um 09.10 Uhr in Chaitén an, wo man die Spuren des im 2008 ausgebrochenen „Volcán Chaitén“ noch deutlich sieht: Hals über Kopf verlassene Häuser und grosse Aschehaufen am Strassenrand. Das Fährenticket gekauft laufen wir los, 10min Richtung Fähre, und prompt werden wir von einem heftigen Morgenschauer puddelnass gegossen.
Noch gut Lachen vor dem Regen…
…bis dunkle Wolken aufziehen
Die Überfahrt nach Puerto Montt dauert 9 Stunden und es ist bereits Dunkel, als wir an der Türe des Rocco Backpacker Hostels klingeln. 12‘500 Peso das Doppelzimmer (das sind CHF 24), dafür ist ein leckeres French-Toast Frühstück, Kuchen und die Freundlichkeit des Besitzerpärchens inbegriffen. Ebenfalls im Hostel haust Gisela aus Flagstaff, Arizona (USA). Als wir uns unterhalten und ich ihr von meinem USA Trip, speziell vom 20.08.11, wo ich in Flagstaff steil gegangen bin, erzähle (siehe Blogeintrag „Die Erfüllung eines Traumes…“), finden wir heraus, dass sie an der gleichen Party war. Mein Gedächtnis etwas getrübt vom Rum-Konsum an diesem Abend :-), krame ich meinen Laptop hervor und zeige ihr die Fotos von dieser Party. Sowohl die Band Lowcash, als auch bei einem Foto von mir und einem „Jeff“ sagt Gisela: „Jaja, diese Leute kenne ich alle und ich glaub sogar, ich habe an diesem Abend mit einem Schweizer gesprochen!“. Klein ist die Welt. Bevor Will und ich am 14.04.12 weiter nach Castro auf der Insel Chiloé fahren, besichtigen wir die typische Hafenstadt Puerto Montt, die überall gleichen Kunsthandwerkstände und den lebhaften Markt. Als das Wetter zusehends schlechter wird, sind wir froh, dass wir am Nachmittag mal wieder in einen Bus steigen können…
Aufschlussreiches Partyfoto…
..Baer meets Jeff@Flagstaff 20.8.11:)
Oh it is raining again
Markt in Puerto Montt
“The use of traveling is to regulate imagination by reality, and instead of thinking how things may be, to see them as they are.” – Samuel Johnson
Cheers
Alex :-)


Montag, 9. April 2012

Am Ende der Welt


[Ushuaia – El Calafate – El Chaltén]


Wenn ich an die Heimat in der Schweiz denke, fällt es mir schwierig vorzustellen, wie dort langsam Frühling wird, während ich weiter südlich in windige, herbstlich-kühle und gelb-rot gefärbte Regionen vordringe. Ich geniesse jedoch den Temperaturkontrast zu Iguazú oder Buenos Aires und es geht mir nach wie vor supergut und ich bin glücklich – auch wenn ich mein Zuhause zeitweise selbstverständlich vermisse. Was mir am meisten fehlt sind meine Familie und Freunde, mein F6-Zuhause, das Essen (inkl. Kochen), die heimischen Parties :-), das Fitnessplus und – ja ihr lest richtig – etwas auch ein geregeltes Arbeitsleben. Was ich beim Reisen am meisten schätze, ist der konstante Feed von neuen Eindrücken, Kulturen und Abenteuern, das Leute kennenlernen, das Gefühl vom frei sein und selbstredend alle News von Zuhause.;-)

Die 31h Busfahrt am 24.03.12 von Puerto Madryn Richtung Süden, entlang der Ostküste von Patagonien ist öde, aber beflügelnd für tiefe Gedankengänge. Endlos flache, steppenartige Pampa (soweit das Auge reicht), kilometerlange Zäune entlang der Strasse (wer die wohl alle gebaut hat?) und die Tafel an der Strasse zeigt Ushuaia 1100km (während Vin Diesel fast&furious über den Bildschirm flimmert). Diesmal habe ich nur Cama gebucht, das heisst 180° Schlafkomfort in halbliegender Position. Der servierte argentinische Snack ist alles andere, als vegetarisch… zum Glück betreibe ich mein in Indien von Hanna und Theresa angelerntes on board Self-Catering mit leckerem Sandwich, Chips und Keksen. Am Morgen früh in Rio Gallegos wechsle ich den Bus nach Ushuaia und döse durch die immer schaler werdende Gegend, bis wir an die chilenische Grenze kommen. Den Zoll-Papierkram im Bus ausgefüllt (zum Glück hab ich die erforderlichen Papiere noch in Rio Gallegos organisiert), die Äpfel rechtzeitig weggeworfen (Chile ist strikt mit der keine-Früchte-Käse-Fleisch-Importpolitik), verläuft der Grenzübertritt reibungslos… Als ich nach dem Passstempeln in den Bus zurück kehre, sehe ich jedoch grad, wie der Grenzhund an meinem Self-Catering Säckchen schnüffelt… Fuck, ich hab ja noch ein Käsesandwich drin! Der Grenzwächter lässt fünf gerade sein (ist aber wohl etwas neidisch, weil ich so ein gutes Brötchen hab). Weiter geht die Fahrt. Die Steppe ist etwas hügliger und beherbergt nun viel Gras, unzählige Schafe, vereinzelt Lamas und Füchse. Unverändert säumen Zäune den Weg und ich vertreibe die Zeit mit Schlafen, Sinnieren, Musikhören und Hörbüchern… In der Region „Tierra Del Fuego“ erheben sich, je südlicher wir kommen, hohe, teils schneebedeckte Berge in den Schönwetterhimmel, moosbehangene Wälder säumen die Strasse und selbstverständlich Zäune… nach einem wunderbaren Sonnenuntergang komme ich am Abend des 25.03.12 fix und fertig von der langen Reise im frischen Ushuaia, am Ende der Welt an. Ushuaia hat etwa 70‘000 Einwohner und ist DER Ausgangspunkt für Antarktis-Expeditionen. Das letzte Schiff für diese Saison ist jedoch bereits in den See gestochen, daher steht für mich die luxuriöse Versuchung (last Minute ca. 4000 USD) gar nicht erst zur Diskussion.
Grenze zu Chile: Nicht nur
bei mir ein Auge zugedrückt
Mit Jessi+Ayla zum Ende der Welt

In meinem Zimmer im Freestyle Hostel ist Jessi (die Freundin vom "Philipp":-)) aus Deutschland. Fast auf Anhieb verstehen wir uns super.;-) Aller guten Dinge sind drei… so stösst am nächsten Morgen Ayla (ebenfalls aus Deutschland) hinzu und wir beschliessen spontan zusammen eine Bootstour auf dem grau-blauen „Beagle Channel“ zur Seelöwenkolonie auf der „Isla de los Lobos“ zu machen. Jessi bemerkt Running-gag-mässig passend: „Die Tiere sind soooooo süssss!“:-) Die Gegend mit  dem Meer und rundum die schneebedeckten Bergspitzen erinnert mich total an den good ol‘Zürichsee. Aber auch Ushuaia selbst hat etwas – nicht nur wegen dem kalten Klima – von einem touristischen Alpendorf: Aalglatte Kleiderboutiquen, Uhrenläden und Souvenirshops in holzigen Häusern, etwa, wie sie in Zermatt oder St. Moritz zu finden sind. Später am Abend stösst noch Simon aus Australien zu unserer Truppe und zur Feier des Tages „kochen“ wir einen leckeren Royal Salad.
Der Leuchtturm im Zürichsee?
Vogelzuschauer beim Robbenkonzert
Seehund-Tauchspass
Fast, wie zuhause

Während die organisierte Ayla am 27.03.12 auf ihre Pinguinentour geht, schlüpfen Jessi, Simon und ich in unsere Hiking-gear und machen uns auf zum „Parque National Tierra del Fuego“ für eine gemütliche Wanderung durch den Hänsel und Gretel Wald. Die 5h auf dem gut markierten „Sendera Costera“-trail vergehen wie im Flug, während wir herum blödeln, uns Stories erzählen und im vermeintlichen Windschatten unsere mitgebrachten Sandwiches essen. Die in Sonnenschein gehüllte, herbstliche Gegend mit Schneebergen als Kulisse ist wunderschön…und…wart mal…sie erinnert mich irgendwie an die Schweiz!:-) Ein leckeres Abendessen und mein südlichster Rum+Coke im Irish Pub am Ende der Welt (leider ist es nicht das südlichste Pub der Welt, denn dies ist in einer ukrainischen Forschungsstation in der Antarktis) runden den grossartigen Tag ab.
Südlichste Poststelle der Welt
Znünipause mit Jessi+Simon
Das goldige Wetter am 28.03.12 schreit regelrecht nach einer weiteren Wanderung. Bis Jessi, Simon und ich uns entschieden ;-) und ohne Kontamination die Wanderschuhe angezogen haben ;-), ist es bereits Mittag. Das Taxi bringt uns bis zur „Aerosilla“, dem Sessellift, den wir aber links (also eigentlich rechts) liegen lassen und den steilen Aufstieg zu Fuss beginnen. Mit der Zeit ziehen Wolken auf und der eisige Wind fegt uns fast vom Weg. Auf dem Plateau angekommen haben wir ein top Panorama auf Ushuaia, den Beagle Channel und weiter oben sehen wir den Gletscher. In Anbetracht der Kälte, des Windes und des leichten Regens machen wir uns jedoch auf den Abstieg. Im King Crab-Restaurant gibt’s ein Farewell-dinner für Ayla, die wir nur schweren Herzes zurück nach Buenos Aires fliegen lassen. Ayla, Jessi und Simon gehören zu dem Typ von Reisegefährten, von denen der Abschied schwer fällt, obwohl wir uns erst ein paar Tage (und doch so gut) kennen. Es gibt Konstellationen, da stimmt die Chemie einfach und man wünscht sich, man hätte die gleiche Reiseroute.
Herbstwald auf dem Weg zum Gletscher
Es ist kalt…

..und windig..

Keksmonster von Glaciar Martial



Farewell von Ayla
Am Morgen des 29.03.12 verlässt uns auch Jessi, die Ayla in Buenos Aires wiedertrifft um mit ihr zusammen nach Iguazú zu gehen. Simon und ich frönen einem Chillout Tag in der angenehmen Wärme der Hostelwände. Als wir noch eine Nacht verlängern wollen, müssen wir erfahren, dass das Freestyle Hostel komplett ausgebucht ist. Der Besitzer fasst sich jedoch ein Herz und lässt uns im Etagenbett des TV-Zimmers übernachten, wo wir die belgischen Mädels verscheuchen, die America’s Got Talent schauen (meines Erachtens eh kein grosser Verlust). Der Bus die zurück via Rio Gallegos (12h) nach El Calafate (nochmals 4h) geht bereits in aller Herrgottsfrühe um 5 Uhr des 30.03.12. Kaum habe ich nun auch noch Simon verabschiedet, lerne ich im Bus nach El Calafate Almut aus Deutschland, Alicia aus Australien und Sean aus den USA kennen. Im sehr touristischen El Cafélatte…ääh…Calafate checke ich im gemütlichen I Keu Ken Hostel ein. Das warme Wohnzimmer, die freundliche Atmosphäre und die chilligen Sofas vor der Panoramascheibe, mit dem Ausblick auf den türkisblauen Lago Argentino, laden zum verweilen ein. Am 31.03.12 machen wir einen Ausflug zum „Perito Moreno“-Gletscher, Hauptattraktion der Region. Trotz Sonnenschein sind die Temperaturen (vor allem der Wind) eiskalt und ich wünschte mir eine warme Daunenjacke. Das Boot bringt uns nahe zum gigantischen, türkisblau schimmernden Gletscher heran, der sich täglich mehrere Zentimeter fortbewegt und wir werden mehrmals Zeuge, wie Gletscherteile mit Getöse ins Wasser abbrechen. Auch die Sicht bei den gut angelegten Aussichtsplattformen ist majestätisch – wär da nicht dieser eiskalte Wind. Und prompt hole ich mir einen Schnupfen! Mein Highlight des Tages ist aber ein viel bescheideneres, dafür umso herzlicheres Vergnügen: Ein Skype-Telefonat mit Jay und meinen F6-Ladies, die gerade zuhause im Bolero nach guter, alter Manier steil gehen.:-) Miss youuuuu!
Bootsfahrt zum Gletscher…
…tosend bricht ein Stück ab
Auch die Aussicht von oben ist grandios..
…speziell diese!:-)

Die nächsten zwei Tage gilt „dolce far niente“. Im Hostel lerne ich Elena und David aus Deutschland kennen, die ebenfalls am Abend des 02.04.12 nach El Chaltén fahren. Die etwas teurere Busgesellschaft gewählt, witzle ich vor der Abfahrt noch, dass ich ihnen dann zuwinken werde, wenn ich sie mit meinem luxuriösen, neuen Bus überhole. Und prompt auf dem Weg hat mein Bus eine technische Panne und wir bleiben etwa 1h stehen, während Elena und David an mir vorbeifahren und vor mir im 3h entfernten El Chaltén ankommen. Als ich müde und deprimiert wegen dem Regen und starken kalten Wind im Busterminal von El Chaltén einfahre, warten Elena und David auf mich und offenbaren mir, dass sie mir das letzte verfügbare Zimmer im Condor de Los Andes reserviert haben. Ein herzlicher Zug, den ich niemals vergessen werde!  Daaaanke!!! El Chaltén, am 12 Oktober 1985 gegründet, und somit Argentiniens jüngste Stadt, ist ein Mix aus Wildwestkaff und Alpendorf und Zugang zu den Bergmassiven des Cerro Torre und des Fitz Roy. Die vielen Hostelbaustellen, Trekkingshops, Schokoladen- und andere Souvenirläden zeugen davon, dass der Tourismus Haupttreiber ist – aber nur im Sommer! Ende April werden über Winter die meisten Aktivitäten „auf Eis gelegt“ und es harren nur noch ein paar Hundert Leute die kalten Temperaturen aus.
Willkommen in El Chaltén..
..und beim Fitz Roy

Das Wetter am 03.04.12 ist – abgesehen von den eisigen Windböen, die über die schneebedeckten Berge fegen – wieder strahlendblau und wir fühlen uns total ready für eine Wanderung zum prächtigen Fitz Roy-Gebirge mit seiner rauen Wildnis und den Hai-Zahn-Gipfelartigen Bergen. Nachdem wir ins Albergue Patagonia Hostel gewechselt haben, werden wir am Mittag vom Minibus abgeholt und zur Kreuzung bei „Hosteria El Pilar“ gebracht. Von dort beginnt unser 5h Trekking entlang des Flusses Rio Blanco zum Glaciar Rio Blanco und entlang des Fitz Roy‘s zurück nach El Chaltén – zunächst noch in der Sonne. Nach etwa 15 Minuten ziehen Wolken auf, die die Gegend in Grau hüllen und später für peitschenden Nieselregen sorgen; selbstverständlich immer begleitet von starkem, eisigem Wind. Während wir uns die Spitzen des Fitz Roy vorstellen und durch wundervolle herbstlich-rote Wälder wandern, lassen wir uns den Spass nicht verderben und ich bekomme fachmännische geologische Aufklärung von Elena und David über Zerr- und Nährgebiet des Gletschers, bis zur tiefgründigen Kunst der Wort-falsch-Interpretation (habe ich jetzt grad „kommen“ geschrieben?).:-)
Noch zeigt sich der Fitz Roy..
..beim Posen am Gletscher ist alles grau
Am nächsten Tag ist das Wetter wieder perfekt, doch wir gönnen uns einen faulen Tag im Hostel, kochen lecker und planen die Weiterreise. Nun gibt’s nur noch das Problem unserer Bleibe zu lösen, denn unser Bus geht am 06.04.12 um 03.50 und wir wollen keine zusätzliche Nacht bezahlen. Dank unserem vorbildlichen Einschleimen bei der superfreundlichen Staff im Hostel (galant die Küche putzen, aufmerksam das abgezogene Bettlaken zurückbringen), dürfen wir – pssst…gegen die Regel des Besitzers – den ganzen 05.04.12 im geheizten Gemeinschaftsarea verweilen, bis unser Bus fährt. Nicht nur wegen der liebenswürdigen Staff, sondern auch wegen der Stimmung, Sauberkeit, Preis-Leistungsverhältnis und der gemachten Betten am Morgen, kann ich die Albergue Patagonia sehr empfehlen! Keine fünf Minuten im kuschligwarmen Bus, schlafe ich ein und schlaf-döse beinahe die ganzen 13 Stunden öde Fahrt nach Los Antiguos durch (das ist etwa einem Lotto 6er gleichzusetzen). Dort angekommen verabschiede ich mich von meiner super Reisebegleitung Elena und David – auf ein baldiges Widersehen entweder unterwegs oder spätestens zuhause in Deutschland oder in der Schweiz. Ihnen stehen nochmals 14h Busfahrt bis nach Bariloche bevor und ich versuche noch am selben Tag die Grenze nach Chile zu überqueren.
“Not all those who wander are lost.” – J. R. R. Tolkien
Cheers
Alex 

Mittwoch, 4. April 2012

Patagonien – Ab in den Süden!


[Puerto Madryn – Reserva Provincial Punta Tombo – Gaiman – Península Valdés]

Früh am Morgen des 21.03.12 kommen Mike und ich nach ca. 18h Fahrt in Puerto Madryn an. Wir fühlen uns, wie durchgekaut und ausgespuckt. Cama ist halt eben doch nicht der gleiche Schlafkomfort, wie Supercama – oder wars gar etwas zu viel Wein im Bus gestern Abend? Der Besitzer des Hi Patagonia Hostels empfängt uns aber in so einer guten Stimmung und mit frisch gebrautem Kaffee, so dass die üble Morgenlaune bald vergessen ist und wir uns auf den Weg machen das Städtchen zu erkunden. Puerto Madryn ist Ausgangspunkt für das Naturschutzgebiet Península Valdés und geprägt vom Tourismus. So reihen sich Travel Agencies, Hotels und Restaurants aneinander und von Juli bis September wagen sich die heimischen Walfische sogar so nah an die Küste heran, dass man deren Gesang an der Küste hören kann. Nun gut, es ist erst März, daher müssen wir uns auf die Touristentouren verlassen, um mit den ansässigen Tieren in Kontakt zu treten.

Als erstes mieten wir gleich mal ein Fahrrad, beschmieren ein paar leckere Sandwiches (wovon wir die Hälfte bereits im Hostel verschlingen) und treten heftig in die Pedale zum 18km entfernte Punta Loma, wo es anscheinend eine Seelöwenkolonie zu bestaunen gibt. Auf der ganzen Fahrt peinigt uns ein schroffer Gegenwind. Erschwerend kommt noch hinzu, dass das Vorderrad meines Drahtesels die ganze Zeit Luft verliert und ich ständig anhalten und pumpen muss. Auch die schottrig-sandige Strasse und die öde flache Steppenlandschaft geben nicht viel Segen ab. Und naja, beim Punta Loma hält sich die Begeisterung in Grenzen: Von einer Aussichtsplattform kann man auf die grunzenden und röhrenden Seelöwen herunter glotzen. Viel mehr erfreuen wir uns am Rückenwind auf dem Nachhauseweg. Der Tagesausflug zu Südamerikas grösstem Pinguin Nistplatz „Reserva Provincial Punta Tombo“, mit über einer halben Million Pinguine, beginnt am 22.03.12 bereits um 7 Uhr in der Früh. Die 180km lange Autofahrt verbringe ich hauptsächlich mit Schlafen – genau das, was viele der Pinguine auch tun, wenn wir ankommen. Die meisten schlafen oder chillen ganz gemütlich in der Sonne, andere watscheln für ein kühles Bad Richtung Meer und hie und da veranstalten sie ein verdriessliches Krächzkonzert. Weil Pinguine nicht frontal sehen können, verrenken sie immer ganz ulkig den Kopf, wenn man nahe an ihnen vorbeiläuft.
Im Land der Pinguine wird…
…herumgewatschelt…
…in der Sonne gekuschelt…
…und herzzerreissend geschrien
Whasssssup?

Mit Mike an der Atlantikküste



Auf dem Rückweg macht unser Tourbus einen Stop in Gaiman, einer der ersten Walisischen Siedlungen aus dem späten neunzehnten Jahrhundert, das für seine Nachmittagstee- und Kuchentradition bekannt ist. Faktisch heisst das, dass hier Touristen mit ihren Bussen hin gekarrt werden und dann aus Sympathie oder Teeliebe in den Teehäuser das 75 Peso (ca. 16 CHF) teure Treatment erhalten: Tee und Kuchen. Beim Blick in so ein Teehaus bestätig sich meine Annahme: Ein paar Touristen-Omis sitzen am Tisch, trinken Tee und schmausen an einer cremigen Torte, während Schnulzenmusik läuft – die Locals können sich den Spass nicht leisten. Auch Mike und ich ziehen einen Spaziergang durchs langweilige Dörfchen der teuren Teatime vor. Wieder zurück in Puerto Madryn gehe ich am Beach Joggen, während die Sonne untergeht und den Himmel in sämtliche Pastellfarben hüllt. Quality Time! Das Wetter hier in Patagonien ist schon ziemlich herbstlich und ich geniesse die Frische im Vergleich zum heissen Buenos Aires.

Am 23.03.23 steht ein weiterer Tagesausflug an. Diesmal brettern wir mit dem Mercedes Bus wieder etwa 200km nach „Península Valdés“, eines der besten südamerikanischen Naturreservate. Die Touristen kommen hier her, um Seelöwen, Seeelefanten, Guanakos (sowas, wie Lamas), Pinguine und andere Vögel zu sichten. Auf unserem Trip sehen wir all diese Tiere, denn sie scheint es nicht zu kümmern, dass gerade Touristen-Nebensaision ist. Eine viel grössere Attraktion sind die gigantischen Glattwale, die manchmal in Küstennähe auf Jagd nach Seelöwenbabys gehen, welche in dieser Jahreszeit grad Schwimmunterricht nehmen. Schon seit Wochen positionieren sich Touristen und National Geographics Fotografen in der Gegend, ohne nennenswerte Sichtungen. Just, als wir beim Punta Cantor ankommen und unsere 2h-Sightseeing Pause machen, tauchen die Meeresgiganten auf und es schwimmen gleich fünf Tiere in Küstennähe vorbei. Na das nenne ich einen Glückstreffer!
Gespanntes Warten…
..und siehe da, taucht ein Glattwal auf..
..leider gibt’s kein Mittagessen
Enjoy Strandleben
Als Zückerchen vor dem Abschied von Puerto Madryn stehen am 24.03.12 noch zwei aufregende Dinge an, so dass ich am Vorabend vor Vorfreude fast nicht einschlafen kann:-):  Tauchen mit Seelöwen und direkt im Anschluss mein erster Cold Water Dive zum im 1988 gesunkenen Fischerboot „Albatros“. Dank ausgefeiltem Verhandlungsgeschick handle ich mit dem Lobo Larsen Tauchshop einen super Deal für beide Erlebnisse aus, über den aber Stillschweigen gewahrt wird, da alle anderen Beteiligten mehr bezahlen. Voller Erwartung steige ich ins 16° kalte Wasser. Der 7mm Wet Suit, das Thermoshirt, die Tauchschuhe und –Kappe schützen mich vor der Kälte… Just im Wasser eingetaucht, stupst mich der erste Seelöwe bereits an. Mit der Schnorchel-Gruppe im Formationsschwumm geht’s dahin, wo sich die meisten Tiere mit ihren niedlichen, grossen Augen tummeln. Dort zeigen uns die ulkigen Seelöwen ihre akrobatischen Kunststücke im Wasser, drehen Pirouetten, schnellen auf uns zu und drehen gekonnt in letzter Sekunde ab. Den einen oder anderen kann ich sogar berühren und ein ganz frecher beisst mich leicht in die Hand (es fühlt sich etwa so an, als würde ein Hundewelpen nach einem schnappen). Das Erlebnis ist einzigartig! Ebenso mein anschliessender Tauchgang auf rund 22m Tiefe zur „Albatros“. Zweimal tauchen wir sogar durch das Schiffswrack hindurch! Nebst verschiedenen Fischen, entdecke ich im Dunkeln des Wracks sogar die alten Instrumente, die mit Algen und anderem Meeresgetiere überwachsen sind. Auch wenn die Sicht, die Wassertemperatur und auch sonst alles andere nicht mit Roatan vergleichbar sind, war es ein tolles Abenteuer. Während Mike den Bus zurück nach Buenos Aires nimmt, beginnt am Nachmittag meine 31-Stündige und 215 CHF teure Reise ans Ende der Welt…
Sexy Taucher im 7mm

Na dann schauen wir mal…


…süsse Seelöwen überall…
…zeigen ihre Kunststücke..
..und begrüssen uns neugierig.
Ein klasse Erlebnis!

 “We live in a wonderful world that is full of beauty, charm and adventure. There is no end to the adventures we can have if only we seek them with our eyes open.” – Jawaharial Nehru
Cheers
Alex