Sonntag, 1. April 2012

Iguazú – Grösstes Naturwunder Argentiniens


[Iguazú (Argentinien/Brasilien) – San Ignacio]

Jeder, der sich als Backpacker bezeichnet, versucht sich bestmöglich vom allgemeinen Tourist zu differenzieren, um ja nicht in den gleichen Topf von kam (mit Touristenbus), sah (auf dem Kamerascreen) und knipse (meist wahllos) geworfen zu werden. So leisten wir (Alexander, J.B und ich) am 13.03.12 einen Effort, uns vom Massentourismus abzuheben…  Um vor der grossen Touristenlawine vor Ort zu sein, machen wir uns bereits um 7 Uhr auf den Weg zum wohl grössten Naturwunder Argentiniens: Los Cataratas del Iguazú, die gigantischsten Wasserfälle, die ich in meinem Leben je gesehen habe! Das ganze Gebiet ist eingebettet in einem wundervollen Wald und besteht aus 20 grösseren und 255 kleineren, Wasserfällen auf einer Ausdehnung von ca. 2.7km (wobei etwa 75% der Wasserfälle in Argentinien und 25% im gegenüberliegenden Brasilien liegen). Beim ersten Blick auf die Wasserfälle bleibt uns der Atem fast stocken: Riesige Wassermengen schiessen über bis zu 80m hohe Klippen in die Tiefe, während die erfrischende Gischt unsere Gesichter benetzt und das Licht in prächtige Regenbögen bricht. Trocken bleibt hier niemand! Zuerst besichtigen wir „Garganta del Diabolo“ (den Teufelsschlund), wobei wir die ca. 2.3km wacker zu Fuss zurück legen und dem touristischen Eisenbähnchen die lange Nase zeigen. Auf dem Rückweg fällt aufgrund der sengenden Hitze der Entscheid fürs Bähnchen… nun noch ein paar Fotos aus dem fahrenden Zug geknipst – und schon wird aus den Reisenden Backpacker pfannenfertige Touristen.
Das Wasser braust in den Teufelsschlund
Dusche mit Alexander und JB
Weiter geht die Erkundungstour…

Nun gut, dann ziehen wir halt mit der allgemeinen Masse weiter und schlendern auf den schön angelegten Wegen Paseo Superior und Paseo Inferior durch den Park und besichtigen die vielen „Saltos“ von unten, von oben und von der Seite. Die Sonne brennt den ganzen Tag auf uns herunter und ich kann nicht widerstehen ein eiskaltes, völlig überteuertes Coci zu kaufen… Als das kalte Zuckerwasser meine Kehle benetzt, muss ich einmal mehr zugeben: Es lebe „The Coca-Cola Company“! Manche Dinge ändern sich eben nie (siehe ältere Blogs).
Gigantische Wassermassen und mittendrin ein Regenbogen…
…ich kriege nicht genug und…
..knipse die Pracht von allen Seiten
Wieder ganz a-touristisch (faktisch sogar verboten) ist unser nächstes Abenteuer… Die beiden kleineren Wasserfälle „Salto Dos Hermanas“ ergiessen sich in einer wundervollen Waldlichtung in ein einladendes Becken. Der Rest gibt das heiss-feuchte Wetter, so dass J.B. und ich uns spontan – und trotz den Verbotstafeln – einen kurzen Schwumm gönnen. Die verwunderten Touristen ziehen entzückt ihre Kameras und bevor uns ein Park-Ranger erblickt, sind wir schwuppdiwupp bereits wieder aus dem Wasser. Als wir noch auf die Isla San Martín gehen wollen, müssen wir leider erfahren, dass das Boot nicht mehr fährt. Egal, wir beurteilen im vollen Selbstschutz diesen Teil des Parks sowieso als überflüssig und zu touristisch.:-) Müde vom langen Tag und der drückenden Hitze, aber glücklich und vollends erfüllt von den wunderbaren Ansichten der Iguazú Fälle, machen wir uns auf den Rückweg und geniessen ein vorzügliches Abendessen im Restaurant „La Rueda“. Nicht zu vergessen sind übrigens die vielen Tiere, die wir gesehen haben: Unzählige Schmetterlinge umtänzeln uns, knuddelige Nasenbären unterhalten die Touristen, verschiedenfarbige Vögel lassen mich kalt und zum Glück begegnen wir weder Giftschlange noch Jaguar (Lonely Planet rät: Official Jaguar tactics are: Don’t run, make yourself look big and speak loudly – wir wären vorbereitet gewesen!).
Frecher Schwumm..
..im Plantschbecken
Definitiv im Graubereich :-p
 



Die drolligen Nasenbären nicht füttern…
…sonst werden sie schön aufdringlich
Wir haben Glück, als Alexander und ich beim Morgenessen am 14.03.12 beschliessen, noch die Brasilianische Seite der Wasserfälle zu besuchen. Der Entschluss fällt um 10.00 Uhr; um 10.15 Uhr geht der preiswerte Taxitransport vom Hostel…denn der einfachste Grenzübertritt ist per Taxi, wo unsere Pässe ohne Fragen gestempelt, wir direkt zum Parkeingang gefahren und auch dort wieder abgeholt werden. Der Eintritt ist ein bisschen teurer, als auf der Argentinischen Seite, die Vielfalt jedoch etwas beschränkter: Der einzige Trail ist der 1.5km lange „Cânion Iguaçu“ (Achtung, hier wird Portugiesisch gesprochen. Das klingt etwa so, wie Spanisch mit einem Bazooka Kaugummi im Mund…aber I like!). Bei jeder Wegbiegung offenbart sich uns eine noch eindrücklichere Sicht auf die tosenden Wasserfälle, den Dschungel und den brausenden Fluss und am Ende sind wir direkt unter dem majestätischen Salto Floriano. In voller Euphorie kaufen wir uns ein überteuertes Souvenir-T-Shirt von unserem vierstündigen Besuch in Brasilien.
Die Pracht aus der Brasilianischen Perspektive
Alexander + Alex etwas touristisch
Das Fall-Finale beim Salto Floriano

Bis Dato hatte ich keine Ahnung, was „Reduktionen“ sind – der Lonely Planet klärt mich aber auf: Um 1600 wurde von den Jesuiten das grösste soziale Experiment in den Dschungeln von Südamerika durchgeführt: Christliche Missionierung bei den Guaraní Ureinwohnern. Unter anderem wurde ihnen eine fundierte Ausbildung und Schutz vor den Sklavenjägern geboten; dafür mussten sie sich der Polygamie und dem Kannibalismus entsagen. Was für ein Deal! Zusammen mit Alexander fahre ich am 15.03.12 um 07.30h von Iguazú Richtung San Ignacio, wobei wir den wohl langsamsten Bus erwischt haben – er hält hinter jedem Baum und Busch, um Leute ein- und aussteigen zu lassen. Zum Glück haben wir den Panoramasitz vorne oben, so können wir die grüne, flache Landschaft etwas geniessen und wir fühlen uns, wie in Abrahams Schloss (ums passend biblisch auszudrücken). In San Ignacio gibt’s anscheinend die besterhaltene argentinische Reduktion/Mission „San Ignacio Mini“ zu bestaunen, daher steigen wir dort aus dem Bus aus und schauen uns die Ruinen an. Noemi, unser Guide, gibt uns eine interessante Führung und schlägt uns am Ende vor, dass wir doch alle Facebook-Freunde werden sollen.:-) Zu Mittag wollen wir Tapioca essen (was notabene NICHT das gleiche ist, wie Yucca). Der Beizer gegenüber der Mission erfüllt uns unseren Wunsch und tischt Tapioca-Fritten auf, die ähnlich, wie Pommes schmecken, einfach etwas faseriger sind und zusammen mit einem kalten Goggi uns das (Food-) Paradies auf Erden bescheren (um nochmals biblisch zu werden). Aussergewöhnlich ist, dass der Beizer Deutsch spricht (die meisten Leute hier sprechen nämlich nicht mal Englisch), das von seinem elsässischen Urgrossvater weitergegeben wurde, der nach Argentinien eingewandert ist. Im Anschluss geht’s weiter nach Posadas, wo wir erfahren, dass die Fernverkehrsbusse streiken. „Lieber Gott im Himmel, lass die Busse morgen fahren“ richten wir in einem jesuitischen Stossgebet an den Gott der Autobusse, bevor wir einschlafen – und siehe da, morgen um 6 Uhr fährt unser Bus via Paso de Los Libres nach Mercedes….
Alex+Alex vor der Kirchenruine
Viel gelacht bei der Führung
“The worst thing about being a tourist is having other tourists recognize you as a tourist.” – Russell Baker

Cheers
Alex

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