Montag, 16. Mai 2011

Von Kamasutra bis Pre-Wedding-Crashen – Phase 4: Auskosten

Die Fahrt von Agra nach Khajuraho mit dem 1.5h verspäteten Nachtzug ist alles andere als erholsam, obwohl wir uns die vornehme und nur minimal teurere Kategorie A/C 3rd Tier Sleeper gebucht und sogar ein eigenes Bett haben. Etwas übernächtigt und moody kommen wir am 06.05.11 in Khajuraho an und wollen eigentlich nur unsere Ruhe. Denkste! Als wir aus dem Bahnhof komme, stürzen sich die Schlepper auf uns, wie die Fliegen auf die Scheisse. Innerhalb von 20 Sekunden hat Marco fünf Hotelangebote, zwei neue Freunde und keine Nerven mehr.
Marco’s Eroberungen in Khajuraho
Zum Glück können wir unser Gepäck bei einem Brasilianischen Ehepaar im Hotel unterstellen, das mit uns im gleichen Zug war. Erst will der Hotelbesitzer uns dafür noch 300rp abzwacken, doch trainiert von Hanna und Theresa , meistere ich die Lage gekonnt, indem ich dem Hotelbesitzer sage, wenn wir nichts zahlen müssen, kriege er eine gute Bewertung bei Tripadvisor (den Umkehrschluss habe ich dann ihm überlassen).:-)
Die zwar sehr pompösen und filigranen Kamasutra Tempel in Khajuraho sind etwas ernüchternd und bieten wenig Porno (OK, es sind ja auch Tempel). Ganz nach dem indischen Motto „Same same – but different“ gleicht jeder Tempel dem anderen. Vielleicht liegt es auch etwas an der erdrückenden Hitze die uns sämtliche Lust an Erotik nimmt. Nach der Westtempelgruppe haben wir genug und der für einen Tag gebuchte (aber zum Glück noch nicht bezahlte) Rikschafahrer ist auch nicht mehr auffindbar, daher skippen wir Süd- und Osttempelgruppe und machen unserem Edelbackpacking wieder einmal alle Ehre: Für einen Batzen, der wohl einige Backpackerbudgets sprengen würde, kaufen wir uns im Hotel Radisson in den Pool ein und chillen dort den ganzen Nachmittag bei Speis+Trank. Am Pool treffen wir die beiden, wohl auch edelbackpackenden Holländerinnen aus Pushkar wieder – diesmal ohne Wanderschuhe.:-)
Finde die erotische Stellung
Finde jemanden, der eine Gummipuppe aufbläst :-)
 
Finde Alex
Die Zugfahrt nach Varanasi am selben Abend ist um einiges angenehmer, als die vergangene Nacht. Der Trick lautet: Ohropax. Am 07.05.11 kommen wir ausgeruht und voller neuen Tatendrang an. Der Rikschafahrer führt uns ca. 20min durch unzählige verwinkelte Gässchen bis wir endlich ganz verschwitzt und bereits schlapp beim Ganpati Guesthouse ankommen. Marco und ich sind uns einig: Die direkt am Ganges liegende Herberge hat Pushkar-Charakter. Wir fühlen uns sehr wohl! Hier bleiben wir bis am 10.05.11 und haben Zeit nachzuschlafen und zu chillen. Daher unternehmen wir auch relativ wenig: Morgenbootsfahrt auf dem Ganges bei Sonnenaufgang, Kurzer Shoppingtrip für Hosen+Früchte, Besuch der Zeremonien an den Ghats und ein aus der Ferne Betrachten der Kremationen.
Morgenbootsfahrt auf dem Ganges
Ein Priester bei einer Zeremonie
Kerzenschiffchen auf dem
Ganges mit guten Wünschen

Frühmorgendliches Beten am Ganges




Der gute alte Ganges tut mir etwas leid. Die Inder „biseln“ rein, Waschen ihre Wäsche, werfen Abfall rein, lassen die ganze Kläranlage reinfliessen und tote Kinder, sowie tote schwangere Frauen und Heilige werden hier bei einem Ritual versenkt. Nicht zu sprechen von der Asche und der halb verbrannten Körperteile der 24/7 Kremierten Toten, die im Fluss landen. Für uns unbedenklich zum Baden wären 500 Kolibakterien pro Liter, bei den Ghats wurden 1.5 Mio. dieser Fäkalbakterien gemessen. Jemand im Guesthouse erzählt mir jedoch die interessante Theorie, dass durch die vielen Gebete, die am Ganges gesprochen werden, eine Reinigung des Wassers stattfindet. Ich mache die Probe nicht aufs Exempel, jedoch sehen wir viele Inder unbedenklich baden…
Inder beim Waschen – hoffentlich
nicht die Laken unseres Hotelbettes
Inder beim Baden+Beten

Am 10.05.11 fliegen wir nach Delhi. Unser Delhi re-loaded entpuppt sich als eine Aneinanderreihung glücklicher Zufälle: Am Flughafen treffen wir einen Geschäftsmann, der uns in die Stadt mitnimmt und am Le Meridien Hotel auslädt. Kurzerhand beschliessen wir unser Edelbackpacking nochmals aufs Exempel zu praktizieren und checken ein. Per Zufall gelangen wir zum Seiteneingang ins Hotel herein und sehen, wie dort im Parterre eine prunkvolle Party aufgebaut wird. Ich sage zu Marco: „Diese Party crashen wir heute Abend noch, nach guter, alter Stockholmmanier“ (diejenigen, die meine Stockholm Stories kennen, wissen wovon ich rede). ;-) Gesagt getan. Mit getrimmten Bärten, die Haare conditioniert und fönfrisiert und sauber bekleidet laufen wir einfach zur Party herein, machen uns frech ans Buffet und sind– zugegeben – etwas, fehl am Platz (wir sind die einzigen Weissen). Noch haben wir keine Ahnung was das für eine Party ist: Es wird gegessen und eine moderierte Show geboten. Bereits im Begriff auf dem Weg zur Hotelbar, wo wir uns einen Rum gönnen wollen, frage ich einen Partygast, was das für eine Party ist. Es sei die Pre-Wedding Party seines Cousins, wir sollen doch mitfeiern, bald würde noch die Bollywood Schönheit und MTV India VJ Sophie Chaudhary (die mit ihrer Tranztruppe extra aus Mumbai eingeflogen wurde) eine Show geben. Nun fühlen wir uns plötzlich puddelwohl und machen uns ganz legal ans Dessertbuffet, ergötzen uns an Sophie und ihren Tänzerinnen, geniessen Bollywoodmusik und tanzen ausgelassen. Der Höhepunkt ist der „Liebesfilm“ des arrangierten Ehepaares, der uns an ein billig editiertes gemisch aus Haddayway Clip und Rosamunde Pilcher erinnert. Wie wir später erfahren, war dies „nur eine kleine“ Pre-Wedding Party. In Indien seien die Zeremonien und Parties rund um die Hochzeit immens (man will ja zeigen, dass man Geld hat), meist wird dafür das Schwarzgeld der Familien der Braut ausgegeben.
Zum „Crashen“ gehört natürlich auch
das Buffet dazu
Sexy Sophie gibt ihre Show zum Besten
Die Serie der glücklichen Zufälle geht weiter: Am nächsten Tag lädt uns unser neuer Freund Vaibhav (den wir wie das indische Essen „Palak Paneer“ nennen) von der Hochzeit auf ein Delhi by Night trip mit seinen Freunden („V“ und „Dawn“) ein. Damit Marco und ich outfitmässig vorbereitet sind, gehen wir extra noch ins Select City Walk shoppen, verfallen dem Kaufrausch und decken uns – bestimmt unsere Backpacks sprengend – mit Klamotten ein.
Die Jungs holen uns schon recht angesäuselt beim Hotel ab (der Fahrer trinkt „zum Glück“ nur Bier, aber dies auch während dem Fahren!). Zuerst geht’s ins Minar (A Restaurant In The True Indian Tradition) fett essen und Rum trinken. Nach indischer Traidition und den Worten unserer Gastgeber „What? You are now three weeks in India and you have never had a Paan?“, probieren wir einen ekligen Paan Mouth Freshener . Danach cruisen wir – manchmal mit quietschenden Reifen und übersetzter Geschwindigkeit – durch Delhi Richtung Khan Market ins Urban Café, wo wir bei clubmässigem Sound auf der Terrasse Shisha Rauchen einem weiteren Essen (!!!) und guter Partymood den Abend ausklingen lassen. Den Dessert auf dem Nachhauseweg – ein Eis vom „Durchfallwägeli“ von der Strassenecke –  schlagen aus naheliegendem Grund aus. Wir werden übrigens den ganzen Abend dekadent eingeladen, selber Zahlen kommt nicht in Frage!

Vaibhav+die Schweizer beim Kosten des Paan

Ich und „Dawn“ etwas benebelt
Am nächsten Tag heissts früh aufstehen: Delhi By Cycle. Etwas verkatert begeben wir uns zusammen mit drei KLM Stewardessen (und zwei Piloten, die uns natürlich nicht nennenswert erscheinen) in den lebensbedrohlichen Morgenverkehr von Delhi und sehen die Stadt „mal anders“. Die Restliche Zeit verbringen wir im Hotelpool, im Hotelfitness, im Hotel Ayurveda SPA, im Hotel-gemieteten-WLAN (für einen absoluten Wucherpreis von umgerechnet CHF 12.-/24h) oder in der Hotelbar. Damit wir nicht nur im Hotel sitzen ;-) gehen wir doch noch raus, um ein paar wichtige Utensilien für meine Weiterreise zu shoppen.
Als abschliessendes Highlight unserer Edelbackpackreise geht’s an die Live Bollywoodshow im „Kingdom of Dreams“, etwa 1h Autofahrt von Delhi entfernt. Hier geniessen wir in unseren Premium Seats (verstellbare Sofas) bei einem Glas Morgan+Coke und gut-indisch gewürzten Cashew-Nüssen eine gigantische und atemberaubende Show, die so manches der bekannten Musicals in den Schatten stellen würde.
Plantschen im Pool bei Sonnenuntergang

Delhi By Bike ohne Unfall überlebt
(ja, im Hintergrund ist eine der Stewardessen)

Holy Crest - Shoppen im Conaught Place

Der Pompöse Eingang hat Vegas-Charakter.
Leider dürfen wir keine Cam mit rein nehmen
Wie war unser zweiter Eindruck von Delhi, nachdem wir drei Wochen in Indien herumgereist sind? „Gar nicht so schlimm“.:-) Daher das passende Zitat:
Cheers
Alex

“If you reject the food, ignore the customs, fear the religion and avoid the people, you might better stay at home.” – James Michener

2 Kommentare:

  1. Marco the french :)16. Mai 2011 um 05:43

    Isch ächt ä geili Ziit xi! Bis dahere hani ja alles live miterlebt :) ächt crazy xi und dä Blog chan da nur en Bruchtteil erfasse... bi aber gspanne wiäs uf dinärä Reis wiiter gaht.

    gruess us dä chalte, verregnete CH, usem Büro (back to work). cheers

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  2. @Marco: Yeaaah... und natürlich no 100'000 meh Stories, wo eifach de Rahme vo dem Blog würded spränge.
    D'Reis gat wiiter...ha de Blog bereits updated...

    Gruess usem Heisse Dherra Dun (back to chillin').:-)

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