[La Paz –
Death Road – Uyuni/Salar de Uyuni]
La Paz, mit
3‘600 m.ü.M. der höchstgelegenste Regierungssitz der Erde, ist eingekesselt von
Bergen und erinnert mich stark an Quito in Ecuador. Die hauptsächlich
backsteinorangen Häuser sind rundum an die Berge gekleistert, was speziell in
der Nacht mit ihren tausenden orange-golden funkelnden und silbernen glitzernden
Lichtern phänomenal aussieht. Erst einmal in die Stadt eingetaucht, wird ein
Grossteil des Glanzes relativiert: Gedränge, Abgase und Gestank nach Fäkalien
und Pisse (die Bolivianer sind ja bekannt dafür, dass sie überall auf die
Strasse pinkeln, was ich mehrfach auch gesehen habe). Da ich für meinen kurzen
Aufenthalt in Bolivien kein Guidebook kaufe, frage ich, als ich am späteren
Nachmittag des 25.02.12 ankomme, erst mal ein paar Backpacker nach einem
nahegelegenen Hostel und werde fündig: Das Bacoo ist meine Bleibe für die
nächsten Tage.
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Panorama
von La Paz… by day… |
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…and
night |
Warum soll,
was in Mexiko funktioniert, nicht auch in Bolivien funktionieren? Lucha Libre,
oder auf Bolivianisch „Cholitas Wrestling“ (Cholita = traditionell bekleidete
Frau in Bolivien, Peru und Chile). Nun, die Regeln sind gleich: Ein eingeübter
Wrestlingkampf, der das Publikum unterhalten soll. Während technisches Setup
und Location minderwertiger sind, als in Mexiko (ebenso keine lasziven
Nummerngirls), ist die Unterhaltung dafür umso besser! Zum einen die
traditionell gekleideten Kämpferinnen mit ihren wallenden Röcken, die die Jungs
– oder sich gegenseitig – verkloppen, sich die Coke- oder Wasserflaschen vom
Publikum klauen und dieses damit vollspritzt oder gar den Kampf ausserhalb der
abgesperrten Zone, mitten im Publikum fortsetzen. Zum anderen der parteiische,
bestochene Kampfrichter, der in den Kampf eingreift und eins auf die Fresse
kriegt, oder all die anderen Specials, die den Unterhaltungsgrad steigern –
nebst den waghalsigen Wrestlingmoves natürlich. Ein amüsantes Sonntags-Spektakel
am 26.02.12.
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Der
bestochene Schiedsrichter greift gleich ein |
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Waghalsiger
Frauenkampf |
Man nehme
einen Toyota Minivan, drei Holländer, einen Australier und einen Schweizer,
laute Musik, mache ein paar Stopps um Alkohol to-go und Zigaretten zu kaufen,
und fahre von 1000m.ü.M. auf 4700m.ü.M. Good party-times, sage ich euch! Aber
das Ganze hat bereits am Morgen des 27.02.12 angefangen; mit der nicht weniger erwähnenswerten, ehrfurchtgebietenden
Death Road! Die Yungas-Strasse, die auch mit „gefährlichster Strasse der Welt“
bezeichnet wird, ist ungeteert, hat
stattliche 3600m Höhenunterschied, führt ohne Leitplanken an steilen Abhängen
entlang und ist Spielwiese für waghalsige Downhill-Biker. In den 11 Jahren, wo
sie für Fahrräder geöffnet ist, hat sie 37 Todesopfer gefordert. Ganz im
Kontrast zu meinem Downhill-Erlebnis in Indien, erhalten wir hier beim Start professionelle
Ausrüstung und flitzen so (noch nüchtern!) aus recht fischen, nebligen
4700m.ü.M. rund 65km durch den tropischen Amazonas-Wald auf 1200m.ü.M. herunter,
wo es wieder sonnig und feucht-heiss ist. Enge Kurven, gefährlich-steile
Abhänge am Strassenrand, Fahrt durch Wasserfälle und geile Jumps verpassen mir einen
ungeheuren Adrenalin-Rausch. Beinahe unversehrt (ein platter Reifen, zwei
Holländer und der Ausstralier stürzen einmal) überstehen wir die rasante Fahrt.
Unten angekommen, erwarten uns ein leckeres Buffet und ein erfrischender Pool,
sowie selbstverständlich ein paar Rum+Cokes, um die Party zu starten. Obwohl
das Erlebnis recht touristisch und teuer ist, ist die Death-Road ist ein
definitives „MUSS“ in La Paz. Nachdem wir am Abend geduscht und etwas
geschlafen haben, treffen wir uns in meinem Hostel – die Party geht weiter…
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Unterwegs
zur Death Road…noch ist’s geteert.. |
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…schnell cool vor dem Abhang geposed… |
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…dann
geht die gefährliche Fahrt los… |
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…vorbei
an den steilsten Abhängen der Welt! |
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Party
auf dem Weg zurück |
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Etwas
übermütig dem Abhang entkommen |
Obwohl der
gestrige Rum von minderwertiger Qualität war, verschont mich der Schutzpatron
der Piraten von einem Hangover. Mein Projekt für den 28.02.12 ist der Kauf
eines neuen Tagesrucksacks, da mein gegenwärtiger ja gerissen ist. In La Paz,
sowie auch in vielen anderen zentral- und mittelamerikanischen Grossstädten
befinden sich die Shops in Cluster, so gibt’s an einer Strasse nur esoterische
Läden mit ausgetrockneten Lama-Föten*, Steinen, Kräuter und Pülverchen, an der
anderen Ecke findet entdecke ich Arbeitskleidung, Eisenwaren und Schutzhelme
und an einer weiteren Strasse finde ich endlich ein paar Trekking-Shops. Bevor
ich mich aber entscheide, schaue ich noch an den Marktständen herum und mir
wird vom Shop-Besitzer ein passender Billigrucksack, der aber für ein paar
Monate halten sollte, für 165 Bolivianos (ca. 35 CHF) angeboten. Als ich nach
dem Mittagessen für den Kauf nochmals vorbei gehe, ist eine griesgrämige Frau
am Stand. Ich halte den Rucksack schon in den Händen, hab das Marken-Tag
bereits abgerissen und händige ihr die vereinbarten 165 Bolivianos über. Sie
besteht aber darauf, dass der Rucksack 175 Bolivianos kostet. Ich erkläre ihr
von meinem Angebot vom freundlichen Señor am Morgen. Ihre Mine ändert von
griesgrämig zu angepisst – sie reisst mir den Rucksack aus der Hand, stopft das
Füllmaterial wieder hinein und ignoriert mich von da an. Tja, jeder clevere
Geschäftsmann resp. –Frau hätte den Deal geschlossen. Nicht so Frau Miesmacher.
Dafür kaufe ich mir später in einem professionellen Trekking-Shop ein
gefälschtes Northfake-Daypack für den doppelten Preis mit einem breiten Lächeln
auf dem Gesicht.
Für einmal
habe ich überhaupt keine Freude am Busfahren. Der Nachtbus am Abend des
28.02.12 von La Paz nach Uyuni ist vollgestopft, schmuddelig und klapprig. Ich
versuche zu Schlafen, doch mein Sitznachbar quetscht mich mit seiner breiten
Statur so ans Fenster, dass ich keine bequeme Einschlafstellung finden
kann. Grad als ich endlich weggedöst
bin, biegt der Bus vom ruhigen Asphalt auf die holprige Wüstenstrasse ab und es
kommt mir vor, als würden wir Jürden Drews mitten durchs Kornfeld fahren. Ich
schaue auf die Uhr… Gott, es ist erst 3 Uhr in der Früh! Auf meinem „Bett im
holpernden Kornfeld“, auf 3/4 meines Sitzplatzes reduziert, kann ich einen
erholsamen Schlaf vergessen. Dafür sehe ich etwa 3h später einen wunderschönen
Sonnenaufgang in der Wüste. Just als ich endlich wieder eingeschlafen bin,
kommen wir am Morgen des 29.02.12 (geschenkter Tag) in Uyuni an.
Noch am
selben Tag startet die Tour in die „Salar de Uyuni“, zum grössten Salzsee der
Welt (über 10‘000 km2 gross), dessen Salzmenge auf ca. zehn Milliarden Tonnen
geschätzt wird (eine solide Schicht zwischen 3 und 30m). Da gegenwärtig
Regenzeit ist, ist die ganze Wüste mit einem dünnen Salzwasserfilm bedeckt,
welche das Gebiet zum grössten natürlichen Spiegel der Welt macht. Gemeinsam
mit zwei Norweger und drei Argentinier besichtigen wir erst das alte
Lokomotiv-Depot mit den verrosteten Lokomotiven aus dem letzten Jahrhundert.
Anschliessend besteigen wir das Dach des Jeeps und fahren durch eine höchst eindrückliche
Gegend, die man nicht mit Worten beschreiben kann. Hier lasse ich am besten ein
paar Fotos sprechen…
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Body
Pump beim Zugsdepot |
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Los
geht die Fahrt in die Salzwüste |
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Spiegelglatt
soweit das Auge reicht |
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Den
Jeep in den Händen gehalten… |
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..und
balanciert.. |
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..ins
Nichts gesprungen.. |
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..und
gut gekickt |
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Mutige
Runa füttert Banane… während die Männer Flüchten |
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Verschlafenes
Uyuni am Morgen früh |
Ich habe
bereits meine Weiterfahrt nach Potosi in La Paz gebucht (die Dame im Reisebüro
hatte wohl keine Ahnung), doch die Norweger sagen mir, ich sei viel schneller
in Argentinien, wenn ich über Villazon fahre. Gesagt getan… Ganz nach den
Worten von Mr. Mankiw opfere ich mein bereits gekauftes Ticket den „sunk cost“
und da der Bus nach Villazon erst am nächsten Tag fährt, übernachte ich in
Uyuni und stehe am 01.03.12 abermals früh auf.
“Adventure
is a path. Real adventure – self-determined, self-motivated, often risky –
forces you to have firsthand encounters with the world. The world the way it
is, not the way you imagine it. Your body will collide with the earth and you
will bear witness. In this way you will be compelled to grapple with the limitless
kindness and bottomless cruelty of humankind – and perhaps realize that you
yourself are capable of both. This will change you. Nothing will ever again be
black-and-white.” – Mark Jenkins
Cheers
Alex
*Wie mir gesagt wurde, braucht man diese, wenn man ein Haus bauen will.
Man betoniert sie ins Fundament, um das Pachamama der Mutter Erde zu
besänftigen.