Mittwoch, 7. März 2012

Schönes Lima & die Wüste Lebt!


[Lima – Pisco – Huacachina – Nazca]

Kurz vor Mitternacht am 08.02.12 scheint meine Odyssee am Ende zu sein und ich lande in Lima. Denkste! Als wär die Berliner Mauer gefallen, USA und Kuba hätten die Personenfreizügigkeit eingeführt und Flughafen hätte Tag der offenen Tür, begegne ich einer noch nie dagewesenen langen Schlange zur Immigration und ebenso nochmals beim Zoll. Beim Anstehen hoffe ich, dass ich die überflüssige Zolldeklaration richtig ausgefüllt habe. Das Formular ist auf Spanisch – aber mittlerweile kenne ich all die vörigen Fragen… uff, alles gut gegangen. Nach 2.5h stop&go und robotermässig funktionierenden Beamten, ist meine letzte Hürde der Zufallsgenerator beim Zoll: Einen Knopf den man beim Durchgehen drücken muss: Rotes Licht = Inspektion, Grünes Licht = Schwein gehabt. Vor mir sind zwei peruanische Yuppies mit extrem vielen Koffern…sie drücken… Rot. Yes…Schadenfreude! Die Chancen, dass ich ohne Inspektion durchlaufen kann, sind hoch. Nach einem kurzen Stossgebet, dass mir die Technik hold sein mag, drücke ich den Knopf… Grün… Welcome to Peru! Beim Kollektiv-Taxi in die Stadt muss ich zwar abermals warten, aber ihr kennt bestimmt diesen Müdigkeitslevel, wo einem alles egal ist. Here I am… ich sitze auf meinem Stühlchen, schaue der Masse zu, die aus dem Arrival kommt… und auch dass es das Hostel aus meinem (in Ecuador!) geschenkt bekommenen Lonely Planet von 2007 nicht mehr gibt lässt mich kalt. Die Uhr zeigt mittlerweile 2.30, als mich mein Driver zum zufällig gefundenen Eurobackpackers chauffiert. Ich bin müde und will nur noch ins Bett.
Lima – nach Kairo – die zweitgrösste Stadt, die auf Wüstengrund erstellt wurde, ist eine Metropole mit einem sonderbaren Mix aus moderner „8.5-Millionen-Mega-City“, gepflegten Slums von Leuten, die aus den Anden zugezogen sind und keine Arbeit gefunden haben und kolonialem Sammelsurium im Stadtzentrum. Mein Hostel ist im Stadtteil Miraflores, einer gehobenen, touristischen Nachbarschaft mit Restaurants, Nightlife, Parks und wunderschönem 10km langem Malecon auf den Klippen über dem pazifischen Ozean. Hier ist für die Tage meine Joggingstrecke – speziell empfehlenswert bei Sonnenuntergang, wenn man zuschauen kann, wie die orange Kugel im silbernen Meer versinkt und den Himmel in sämtliche Rottöne verfärbt. Lima überrascht mich positiv, mit der Ausnahme, dass der Strassenverkehr nervig laut ist. Am 09.02.12 treffe ich per Zufall einen Deutschen Backpacker im Supermarkt, der mir das Hostel Pariwana empfiehlt, wo ich am 10.02.12 (das Weekend steht an!) für mehr Leute und mehr Party einchecke.
Meersicht beim Parque del Amor..
..und bei Sonnenuntergang
Vater Camaro in Miraflores
Katzenpark…


Das Pariwana entpuppt sich als eins der besten Hostels, das ich in den letzten 9 Monaten angetroffen habe: Sauber, gute Lage, Frühstück bis 13 Uhr, 2 Kissen im Bett, das Bett wird täglich gemacht, aufgestellte Staff, preiswert und gute Leute… da fühlt sich der Baer fast wie zuhause in der F6 (ausser, dass mir dort das Bett nicht gemacht wird:-)). Gegenüber vom Hostel ist der Parque Central, der von Katzen besetzt ist. Manchmal sieht man die Tiere auf den Bäumen herum kletter, wo sie ab und zu auch mal stecken bleiben und dann kläglich miauen. Im Hostel lerne ich einen Ami kennen, der die nächsten zwei Tage – ganz nach meinem Gusto – Dubstep in zwei nahegelegenen Clubs spielt. Gemeinsam mit Zoran aus Slowenien rocke ich die Freitagabend-Party im Underground-Club. Mein Central Lima Sightseeing-Programm spule ich am 11.02.12 ab: Plaza Mayor (Kolonialbauten und hupende Blechlawinen), Rimac-Viertel auf der anderen Seite des Flusses (mehrfach werde ich von netten Bewohnern gewarnt: „Hola amigo, que es un pocito peligroso aquí!“), Monestario de San Francisco (alte Harry Potter Bibliothek und gruselige Kattakomben mit über 70‘000 Beigesetzten, wobei die Knochen in den 70er Jahren für die Touristen in bizarren Kreisen und anderen Formationen angeordnet wurden), Plaza San Martin (Statue von Madre Patria, der symbolischen Mutter von Peru – unter Kommission der Spanier erstellt und etwas falsch verstanden, statt einem Flammenkranz „llama“, wurde fälschlicherweise ein niedliches Lama auf ihrem Kopf platziert). Zur Feier des Tages gönne ich mir leckere Sushi, bevor ich wieder den modernen Bus nach Miraflores nehme und mich ready für Dubstep, Jungle und Drum n’Bass im Club Elementos mache…. What a night!:-p
Palacia Arzobispal@Plaza de Armas
Farbenfrohes Armenviertel
Fotografieren verboten:
Baer zückt im Geheimen
sein Handy
Das missverstandene Lama


Tags darauf kommt mir die autofreie Avenida José Larco vor dem Hostel sehr entgegen. Der Lärm bleibt aus, der Baer schläft aus! Nebst dem, dass ich meine Weiterreise plane, gehe ich mit Anja aus Deutschland zu Fuss die nahegelegenen Pyramiden Huaca Pucllana (schön restaurierter Steinhaufen in mitten im urbanen Miraflores) und Huaca Huallamarca (abermals fein säuberlich arrangierte Steine mit moderner Stadt im Hintergrund) besuchen. Respektive eben nicht, da Pucllana einen horrenden Eintrittspreis verlangt und Huallamarca bereits geschlossen hat, als wir ankommen. So bleibt unser Highlight das Mittagessen mit mitgebrachtem Salat im Burgerking und der gemütliche Spaziergang im sommerlichen Lima.
Sta(d)ttliche Ruinen
Zoran+Anja+The Baer
 Der Bus, den ich am 13.02.12 nehme ist subito in Pisco, so dass ich etwas überrascht mitten im Film auf meinem Laptop aufschrecke, als mich mein Sitznachbar anstupst und sagt: „Señor, we char in Pisco“. Ausser dem Namen (nämlich gleichnamig, wie das Destillat aus Traubenmost), hat diese Stadt überhaupt nichts Besonderes, denn sie ist laut, dreckig und verarmt. Verständlich, denn Pisco erholt sich noch immer vom Erdbeben in 2007, dass 85% der Stadt verwüstete. So ist es verstehbar, dass sämtliche in meinem 2007er Lonely Planet vorgeschlagenen Hostels nur noch als verlassene, abbruchreife Lotterbuden existieren. Da der Taxifahrer mich direkt vor’s Tambo  Colorado fährt (um seine Komission zu kassieren), checke ich dort aus Bequemlichkeit in ein Einzelzimmer ein, nachdem ich den Preis um etwa 30% runtergehandelt habe. Die Verkehrsregeln in Pisco sind wie folgt: Es gibt keine, ausser wenn sich ein Auto einer Kreuzung nähert, wird gehupt. Mein Zimmer ist selbstverständlich direkt oberhalb so einer Kreuzung, so dass ich bis spätabends und ebenfalls ab früh morgens dem Hornkonzert beiwohne. Glücklicherweise beginnt bereits um 7 Uhr meine Sightseeing-Tour zu den Ballestas Inseln – der eigentliche Grund, warum ich hier bin. Per Boot fahren wir zuerst zu der riesengrossen (150m hohen und 50m breiten), ominösen Felszeichnung Candelabro de Paracas, der den Nazca-Linien ähnelt, aber bedeutend jünger ist. Niemand weiss wirklich von wem und wozu diese ominöse Zeichnung erstellt wurde. Theorien reichen von ET-artigen Aliens bis Orientierungszeichen zur Navigation für Seefahrer. Eindrücklich ist’s aber allemal… Danach geht’s weiter zur den Ballestas-Inseln, ein wichtiges Schutzgebiet für hiesigesiges Meergetiere. Und die sieht man in grossen Schaaren: Guanay Guano Vögel (welche dem Ort seinen imposanten Scheissgeruch verleihen), Blue Footed Booby (daher wird die Destination auch „Galápagos für Arme“ genannt), Humboldt Pinguine (und deren niedliche Junge bei ihren ersten Schwimmversuchen) und Strände voll Seelöwen (deren Röhren- und Grunzendes Audiospektakel jedes THX-360°-Surround-Kino in den Schatten stellt). Auf dem Rückweg sehen wir sogar Delfine!  
Lunch mit Pisco Sour
Candelabro de Paracas
Verchillte Robben
Das Schwarze am Hügel sind alles Vögel!
Pingooos
König der Chiller
Schön gehupt vor der Kreuzung
Club Social Pisco
Noch am selben Tag, dem 14.02.14, nehme ich den Bus weiter nach Ica respektive Huacachina, einer kleinen Oase mit geheimnisvoller* Lagune inmitten überwältigend hoher Sanddünen. Hier hat sich einst die Elite von Peru getummelt; heutzutage wird Huacachina aber von Backpackern und Partyvolk regiert. Als erstes klettere ich in einer anstrengenden Sandwanderung auf die Düne, um den wundervollen Ausblick zu geniessen. Auf dem Gipfel empfangen mich ein Sandsturm und die wundervolle, weite Aussicht auf die Wüstenlandschaft. Frisch geduscht geht’s mit Leuten aus dem Carola del Sur Hostel ab in den Ausgang, denn in Huacachina ist der grösste Club der Region. Ich bleibe in den Fängen der Wüste bis und mit 18.02.12. Nebst der chilligen Hängematte steht selbstverständlich auch etwas Action auf dem Programm…
Abendliche Huacachina-Oase
Sonnenuntergang auf der Düne
Buggytour und Sandboarding heissts am 15.02.12. Bevor ich mich jedoch für die Tour mit den „areneros“ (Dünen-Buggies) kombiniert mit Sandboarden anmelde, checke ich das Internet auf Reviews und stolpere über mehrere Posts, die vom wohl verrücktesten Buggydriver in Huacachina berichten: Ein unverheirateter, älterer Badboy, der aus seinem alten roten Sandbuggy das letzte herausholt und mit Höchstgeschwindigkeiten die steilsten Dünen runter stürzt – man sollte sich besser anschnallen! Als Sonnenuntergangsfanatiker wähle ich selbstverständlich die Sunset-Tour, die um 17 Uhr startet. Schon als der alte, rote Buggy vor dem Hotel mit quietschenden Reifen anhält und ein älteres, unberingtes enfant-terrible die Teilnehmer mit einem schelmischen Lächeln begrüsst, weiss ich, welche Stunde geschlagen hat… Die Fahrt durch die Dünen ist rasant und um einiges nervenkitzelnder, als eine Achterbahnfahrt. Der Typ holt das Letzte aus seiner Karre heraus, als er die steilen Dünenwände herunter flitzt und abrupte Kurven vor den gefährlichen Klippen reisst. Das Sandobarden ist ebenso cool, als auch herausfordernd – speziell weil meine Bindung nicht wirklich hält. Als wir vor der letzten, etwa 200m langen und extrem steilen Düne halten, denke ich, es wäre der letzte Stopp für ein paar Sonnenuntergangsfotos. Nichts da, runter mit dem Board, meint der verrückte Driver. Ich schliesse ich mich den anderen an und rutsche die high-speed Düne ebenfalls sicherheitshalber bäuchlings auf dem Brett herunter. Mit ebenso quietschenden Reifen brausen wir – alle zum Glück unversehrt – zurück in die in der Dunkelheit versinkende Oase.
Sandbaer-boarder
Der crazy Gefährte und das Gefährt
Seit ich beim Go-live von Google Earth die Satellitenbilder der Nazca-Linien (800 gerade Linien, 300 geometrische Figuren und 70 spektakuläre Tier- und Pflanzenzeichnungen) gesehen habe, will ich dort hin. Mitunter deswegen ist Peru auf meiner Reiseliste. Mein Ausflug zu den weltbekannten, mystischen Bildern am 16.02.12 zehrt aber in allen Varianten an meinen Nerven. Als erstes, im Bus auf der Hinfahrt, plärrt während der ganzen Fahrt lauthals herzzerreissende Bachata Musik aus den Boxen der Fahrerkabine und parallel aus den on-board TV-Lautsprechern der Plot eines herzlich-doofen Films von einem Riesenbaby (es leben meine geräuschdämpfenden Kopfhörer). Dann muss ich durch Selbstorganisation des Ausflugs viel Warten (es leben die organisierten Touristenreisen). Einen drauf gibt der wackelige, Schüttelbecher-Cessna-Flug, die mir die Linien von oben offenbart (es lebe der Bodenkontakt). Auf dem 30-minütigen Flug werde ich jedoch von einer atemberaubenden, top-Aussicht auf die weltgrössten archäologischen Mysterien, wie der 96m grosse Kolibri-Vogel, der 200m lange Papagei oder der 32m hohe Astronaut belohnt, die man vom Boden aus nicht zu erkennen vermag (deshalb wurde im Nicht-wissen vor deren Entdeckung in den 1920er Jahre die Panamerikanische Strasse zielgerade durch die Figuren gezogen). Bis heute wirft das Unesco Welterbe viele Fragen zu deren Entstehung und Zweck auf. Stellen die Scharrbilder einen astronomischen Kalender dar – wer hat diesen jedoch erstellt? Stammen die Figuren aus lange vergessenen Zeremonien – aber wie konnten die präzisen Figuren, die ja nur aus der Luft sichtbar sind erstellt werden? War auf der Nazca Hochebene eine altertümliche Sportanlage – warum gabs dann aber so viele Figuren? Oder waren wieder mal die grünen Männchen aus dem All am Werk – warum ist dann aber im ET Film nichts davon erwähnt? Fragen über Fragen, die ich in meinem 30-Minütigen Überflug auch nicht ganz beantworten konnte, da ich mitunter doch auch mit Stossgebeten beschäftigt war, dass ich wieder sicher landen werde. Nazca an und für sich ist eine wüste, staubige, Wüstenstadt und daher bin ich froh, kann ich am Abend wieder zurück in meine Huacachina-Oase, um meine Nerven in der Hängematte bei einem Rum+Coke wieder etwas zu regenerieren.
Astronaut..
..Kolibri..
..Spinne..
..Hände und Mittendurch die Panamericana
Sichtlich erleichtert wieder am Boden
“All journeys have secret destinations of which the traveler is unaware.” – Martin Buber
 Cheers

Alex

* Es wird gemunkelt, dass im Kloakensee von Huacachina ein Ungeheuer wohnt, das sich jedes Jahr einen Touristen zum Opfer holt. Ich kann euch jedoch beruhigen, das ich NICHT Opfer des Ammenmärchens geworden bin. 







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