Montag, 12. März 2012

Kaffeefahrt am Titicaca-See


[Puno/Lake Titicaca]

10 Monate oder 307 Tage bin ich bereits unterwegs, als ich am 22.02.12 mit Chih Chan den Bus von Cuzco nach Puno nehme. Mittlerweile habe ich 10 Länder bereist, über 10‘000 Fotos geschossen und unzählige neue Freundschaften auf der ganzen Welt geknüpft. Zur Feier des Tages gibt’s für euch ein weiteres Blog Update…

Sieben Stunden sollte die Fahrt dauern, doch  an einem Ort bleibt der Bus für längere Zeit stehen und als wir im Kriechgang weiterschleichen riecht es nach verbranntem Gummi. Chih Chan meint etwas nervös: „I know this smell… it’s not good!“. Als er in Panama unterwegs war, hatte sein Bus mitten auf der Strecke eine Panne. In einer mühsamen Aktion via Autostopp und Kollektiv-Lokal-Bus ist er weitergereist und mit grosser Verspätung am Zielort angekommen. Bei uns sieht’s zum Glück besser aus: Wir erreichen Puno – wenn auch erst nach etwa 8.5h – aber ohne Panne und checken im Point Hostel ein. Am nächsten Tag besichtigen wir die Stadt. Da noch immer der Karneval im Gange ist, werden wir mit bunten Tanzaufführungen und Rasierschaumspray belohnt. Puno ist ein „kleines“, 118‘000-Einwohner grosses Städtchen am Ufer des tiefblauen Titicaca-Sees im Süden von Peru. Nebst dem, dass es hier recht touristisch ist (horrende Essenspreise), bieten die engen (teils etwas klaustrophobisch wirkenden) Gässchen und die farbenfroh gekleideten lokalen Frauen mit ihren Filzhüten (die übrigens etwas gegen Touristenkameras haben) nicht viel Neuartiges. 
Hinterrücks geknipst
Cuy, sweet Cuy-landet
oftmals aufm Teller in Peru
Ausser Atem auf Huajsapata
Feiern bis in die Nacht
Unsere am 24.02.12 gebuchte Tagestour zu den Floating Islands und Isla Taquile entpuppt sich als reinste Kaffeefahrt, wie die beiden Deutschen Mädels Anne und Anna, die ebenfalls mit von der Partie sind, zielgerecht feststellen. Laut Wikipedia ist eine Kaffeefahrt die verschleiernde Bezeichnung für eine organisierte Fahrt mit dem Bus oder Schiff mit angeschlossener Verkaufsveranstaltung. Teilnehmer sind typischerweise Rentner, die das Angebot einer scheinbar billigen Ausflugsfahrt mit Kaffee und Kuchen (daher der Name) oder einem Mittagessen nutzen. So tuckern wir rentnermässig per Boot, das in jeder Hinsicht einem Touristencar ähnelt (Carsitze, Steuerrad und gefüllt mit kamerabestückten Touristen), zu den schwimmenden Inseln. Diese sind gekonnt von den Uros-Einwohnern aus Totora-Schilf geflochten. Ursprünglich geschafften, um sich von kriegerischen Inkas zu schützen, sind sie heute primäres Ziel für Touristen. Der Touristenschwarm wird auf die verschiedenen Floating Islands verteilt, wo uns die Funktion der schwimmenden Inseln und die Lebensweise deren Bewohnern näher gebracht wird. Selbstverständlich werden uns die unbrauchbarsten Handycraft Souvenire feilgeboten und so clever vermarket, dass es schwer ist, hart zu bleiben. Die „Mercedes Benz“ Drachenbootfahrt zur nächsten Insel, mit dem ebenfalls aus Schilf kunstvoll gefertigten Doppelstöcker-Schiff, wird uns regelrecht aufgedrängt (für schlappe 10 Soles „Zustupf an den Kapitän“). Ein paar von uns sind aber clever und wir steigen ins reguläre Tourboot ein. Die Überfahrt dauert 3.5 Minuten und auf der anderen Seite erwarten uns weitere fein säuberlich präsentierte Souvenire, sowie ein überpreistes Frühschoppen-Bier-Angebot und irgendwelche frittierten Snacks.
Idyllische Floating Islands…
…bis die Souvenirstände aufgebaut sind

Unter die Uros gegangen
Drachen vs. Baer

Da unsere Reisegruppe aber nicht so wirklich in Kauflaune ist, wird die Fahrt zur Isla Taquile bald fortgesetzt. Die Überfahrt dauert 2.5h und ist von Regenfall geprägt. Doch alsdann wir an der Insel anlegen scheint – wie bestellt – die Sonne. Auch hier wird die Touristenherde clever aufgeteilt, um das rurale Feeling der Insel nicht zu zerstören. Taquile ist etwa 5.5km lang und 1.6km breit und das Zuhause von etwa 1700 quechuasprachigen Einwohnern, die verschiedene altgebackene Traditionen aufrecht erhalten. Die Männer tragen je nach Familienstand unterschiedliche Kappen. So verrät eine rote Kappe, dass der Mann verheiratet ist und rot-weiss heisst Single; kein Wunder zählt Swissdate hier nicht zu der erfolgreichsten TV-Sendung. Nach einem kurzen Spaziergang erreichen wir den Innenhof einer Siedlung, wo der Tisch für das Mittagessen bereits gedeckt ist. Der Guide erklärt uns die lokalen Traditionen, dann wird uns das Mittagessen feil geboten. Chih Chan, Anna, Anne und ich setzen uns aber ins frische Gras, von Blumen umgeben und essen unseren clever vorbereiteten Lunch. Gestärkt watscheln wir mit etwa 20 anderen Touristen zum Plaza de Armas. Unterwegs sehen wir weitere Touristengrüppchen durch die Gegend wandern und wir werden von diversen bunten und betrunkenen Karnevalsgesellschaften mit monotoner Guggenmusik und Tanz begleitet. Bis heute wissen wir nicht, ob dies nur für die Touristen inszeniert wird, oder wir aufgrund der Karnevalszeit einfach Glück hatten. Selbstverständlich lauern unterwegs diverse Souvenirsbuden und Handycraft-Stände, um weichherzigen Touristen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Wir begnügen uns aber am Sonnenschein, der Aussicht, dem bunten Karnevalsfolk und dem selbstverständlich mitgebrachten Rum+Coke, der auf knapp 4000 m.ü.M ordentlich einschenkt.
Isla Taquile, unberührt…
…und mit blöden Touristen
Bunter Karneval
Sorry, Mädels: Verheiratet
Passend:Vor Souvenirbude
 Die langwierige Rückfahrt überbrücke ich mit Hörbuch und Powernap und gehe anschliessend noch im kühlen Abend am Titicacasee (auf 3830m Höhe) Joggen. Beim gemeinsamen Farewell-Abendessen in einer Rock-Bar schmieden wir Pläne für eine Reunion in Berlin und ich trinke meinen ersten Peru Libre (Cuba Libre mit Inka Cola).
Farewelldinner
On the road nach La Paz
Nachdem ich mit Chih Chan während einer Woche viel erlebt und an exquisiten Orten den einen oder anderen Rum+Coke getrunken habe, gehen wir 25.02.12 getrennte Wege. Während ich meine Reise via Copacabana und La Paz (Bolivien), Richtung Buenos Aires (Argentinien) fortsetze, nimmt Chih Chan den Bus nach Arequipa. Eigentlich wollte ich noch die Bolivianische Seite des Titicaca-Sees besuchen, doch als mir beim Grenzübergang beim Aussteigen aus dem Bus der Träger meines kleinen Rucksacks reisst (den ich notabene erst vor 2 Wochen in Costa Rica gekauft habe), beschliesse ich direkt nach La Paz weiterzufahren, um mir dort einen neuen zu erwerben. Die 15h lange Fahrt führt mich durch eine wundervolle Landschaft, vorbei an bravem Bauernvolk inmitten hoher Berge, tiefer Seen, blauen Wäldern, grünen Matten und friedlich wiehernden Kuhherden…
Kommt, und wagt…
…den Karnevalstanz!
The real voyage of discovery consists not in seeking new landscapes but in having new eyes.” -Marcel Proust
 Cheers
Alex





2 Kommentare:

  1. ...friedlich wiehernden kuhherden - geenau ;) sehr geil!!
    Cheers, tatj

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  2. @Tatj: Ha dänkt die Hommage muesi mal no mache!:-p XOX

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