Freitag, 20. Mai 2011

Jurassic Park Feeling im Corbett Nationalpark

Samstagmorgen früh, am 14.05.11, reist Marco zurück in die Schweiz. Von nun an muss ich mich ganz alleine gegen die 1.3 Mia Inder behaupten.:-) Um mich auf Backpacking einzustimmen nehme ich mir das YWCA Blue Triangle Family Guesthouse, und tausche Pool gegen harte Pritsche und 5-Stern Komfort gegen amerikanische Studentinnen „auf Spuren des Dalai Lama“ ein.
Ich erhalte ein SMS. Mein neuer Kolleg von der Indischen Oberschicht will mit mir ausgehen – Marco und ich müssen Spuren hinterlassen haben!:-) So gönne ich mir ein Warmup im Q’BA mit 4 Morgan&Coke und als Abendessenersatz die dazu beigestellten Erdnüsse. Bad idea. Ich esse zu viele Erdnüsse, mir wird kotzübel (vom Morgan Spiced kann das ja wohl nicht kommen!). Darum bin ich eigentlich ganz froh, als ich ein SMS erhalte, er könne doch nicht kommen, da er kurzfristig am SO früh nach Jaipur fliegen muss.
Mein darauffolgender Sonntag wird ein klassischer Hangovertag, wobei ich zwischen Halbwachzustand und Schlafen bzw. Wehleiden und Selbstbemitleiden schwebe. Die absolute Krönung  (und überhaupt nicht förderlich für meinen Zustand) ist die nahegelegene Sikh Stätte „Gurdwara Bangla Sahib“, welche seit Morgen um 7 Uhr nonstop lauthals bis ins Knochenmark dringenden Gebetsgesang aus den Lautsprecher direkt in Richtung mein Fenster trällert. Nach Einbruch der Dunkelheit wage ich es, mein Zimmer zu verlassen, um mir bei Mc Donald’s etwas Ungesundes zu gönnen.
Am Montag 16.05.11 besichtige ich die grüne Oase Delhis, die paradiesischen Lodi Gärten und mache zwei bahnbrechende Entdeckungen, die zwei Feststellungen aus Phase 2 teilweise wiederlegen sollen:
Erstens: Im Schutze der Bäume und Gebüsche der Lodi Gärten treffen sich junge Inderpärchen um Händchen zu halten und gar miteinander zu Knutschen. Uiiiiii…
Zweitens: Es gibt hier eine Joggingroute und ich sehe sogar Inder JOGGEN! Chapeau. Mir läuft der Schweiss schon vom Herumlaufen im Park und meiner „Indischen Pärchen Studie“ runter.:-)

Inderin beim Walken..hopp hopp!

Ob er ihr wohl grad das neuste
Snake Game auf dem Handy zeigt?


Am Dienstagabend breche ich mit dem Nachtzug vom 17.05.11 auf den 18.05.11 nach Ramnagar auf, wo ich den Corbett Nationalpark besuchen will. Ich schlafe miserabel im Zug. So nehme ich mir, 04.30 Uhr in Ramnagar angekommen, erst mal eine billige Abstiege und schlafe auf dem härtesten Bett EVER etwas nach (ja, sogar der Rasen des Geisi ist weicher!).
Am Nachmittag beginnt meine Safari mit Übernachtung im Park. Mit Proviant im Rucksack (so, wie wir das von unseren Deutschen Indienvorbilder gelernt haben) entere ich die Gates des Nationalparks. Ich habe einen eigenen Fahrer, einen eigenen Jeep und kaufe mir noch den coolsten Wildhüter-Hut, den ich finde. Es kann los gehen.
Wo geht’s zum Jurassic Park?
Sogar die Inder sind auf mich vorbereitet:
The Wild Crest

Der Anfang der Safari gestaltet sich etwas öde. Bis auf ein paar doofe Vögel und Hirschartige Geschöpfe sehe ich nicht viele Tiere. Ich finde es jedoch endcool auf dem Sitz zu stehen und während der Jeep durch den Wald pirscht oben herauszuschauen. Die Ruhe der Natur und die frische Waldluft tun mir gut nach dem busy Delhi.
Plötzlich bremst mein Driver und sagt „Tiger, Tiger!“. Sofort versinke ich von der ach so coolen 360°-Übersicht-Pose in meinen „sicheren“ Jeepsitz. „No, no… go up!“ befiehlt er mir. Und da sehe ich den Tiger auch schon stolz und gemächlich ca. 10m vor unserem Jeep aus dem Gebüsch laufen. Ich habe beste Sicht! Mein Driver ist selber aus dem Häuschen.  Etwas komisch ist das Gefühl jedoch schon: Was, wenn das Tier Hunger hat und sich mit einem Katzensprung auf uns in der nicht geschlossenen Shebadose stürzt? Wir hätten wohl keine Chance gehabt. Er macht sich zum Glück davon ins Gebüsch. Die anschliessend gesichteten wilden Elefanten, Krokodile, Affen, Wilschweine, Rehe und Hirsche sind nur halb so eindrücklich…
Der Tiger kommt aus dem Gebüsch…
…und verschwindet auf der
anderen Seite der Strasse im Dickicht
Im Camp angekommen schlafe ich mit 6 pubertierenden Inder im Massenlager, das einem A/C 3rd Sleeper Nachtzug ähnelt – einfach ohne A/C. Eine crazy, versnobte und spirituell angehauchte Russin, die schon seit 1.5 Jahren auf Reisen ist (neben mir die einzige Weisse im ganzen 1‘318 km2 Park) lädt mich und ihren Indischen Driver zu einer Teeparty bei Kerzenschein ein, wo wir experimentelle Musik hören und uns übers Reisen unterhalten… Am Nächsten Tag geht’s früh raus. Wir sehen jedoch keine spektakulären Neuen Tiere mehr, hören aber die News, dass der von uns gesichtete Tiger am selben Abend noch ein Reh gerissen hat. Muss er also doch Hunger gehabt haben. Nochmals Glück gehabt, steht das Kätzchen nicht auf Sheba!
Der Elefant flüchtet ehrfurchtsvoll
vor unserem Jurassic Park-Jeep ;-)
Sonnenuntergang im Park und in
der Ferne eine Elefantenherde
Sonnenaufgang im Corbett National Park
Mr. Monkey macht ein langes Gesicht,
als er uns sieht…

Der Freitag, 20.05.11 ist wiedermal geprägt vom Busfahren. Für 180rp (das sind ca. CHF 3.60) darf ich 7.5h im heissen Localbus (ich Glücklicher sogar an der Sonnenseite!) zwischen zwei dicken Inder sitzen. Der Chauffeur spielt die ganze Zeit laute Hindimusik, schliesslich will manns noch in der hinterletzen Ecke des Busses hören und – wie solls anders sein – hupt er sich den Weg von Ramnagar nach Dehradun frei. Ich sehne mich nach einem sauberen, ruhigen, A/C gekühlten Zimmer, Chilloutmusik und dass ich mit einem Coke in der Hand unter einer kühlen Dusche stehe. Nach der Erfrischung lege ich mich auf ein sauberes, weiches, bügelfrischbezogenes Bett und esse einen saftigen Apfel und frische Mangos… Jedes Detail dieses Wunsches erfülle ich mir, als ich in Dehradun ankomme.:-)
“When we get out of the glass bottle of our ego and when we escape like the squirrels in the cage of our personality and get into the forest again, we shall shiver with cold and fright. But things will happen to us so that we don’t know ourselves. Cool, unlying life will rush in.” – D. H. Lawrence
Cheers
Alex aka “The Wild Crest”

Montag, 16. Mai 2011

Von Kamasutra bis Pre-Wedding-Crashen – Phase 4: Auskosten

Die Fahrt von Agra nach Khajuraho mit dem 1.5h verspäteten Nachtzug ist alles andere als erholsam, obwohl wir uns die vornehme und nur minimal teurere Kategorie A/C 3rd Tier Sleeper gebucht und sogar ein eigenes Bett haben. Etwas übernächtigt und moody kommen wir am 06.05.11 in Khajuraho an und wollen eigentlich nur unsere Ruhe. Denkste! Als wir aus dem Bahnhof komme, stürzen sich die Schlepper auf uns, wie die Fliegen auf die Scheisse. Innerhalb von 20 Sekunden hat Marco fünf Hotelangebote, zwei neue Freunde und keine Nerven mehr.
Marco’s Eroberungen in Khajuraho
Zum Glück können wir unser Gepäck bei einem Brasilianischen Ehepaar im Hotel unterstellen, das mit uns im gleichen Zug war. Erst will der Hotelbesitzer uns dafür noch 300rp abzwacken, doch trainiert von Hanna und Theresa , meistere ich die Lage gekonnt, indem ich dem Hotelbesitzer sage, wenn wir nichts zahlen müssen, kriege er eine gute Bewertung bei Tripadvisor (den Umkehrschluss habe ich dann ihm überlassen).:-)
Die zwar sehr pompösen und filigranen Kamasutra Tempel in Khajuraho sind etwas ernüchternd und bieten wenig Porno (OK, es sind ja auch Tempel). Ganz nach dem indischen Motto „Same same – but different“ gleicht jeder Tempel dem anderen. Vielleicht liegt es auch etwas an der erdrückenden Hitze die uns sämtliche Lust an Erotik nimmt. Nach der Westtempelgruppe haben wir genug und der für einen Tag gebuchte (aber zum Glück noch nicht bezahlte) Rikschafahrer ist auch nicht mehr auffindbar, daher skippen wir Süd- und Osttempelgruppe und machen unserem Edelbackpacking wieder einmal alle Ehre: Für einen Batzen, der wohl einige Backpackerbudgets sprengen würde, kaufen wir uns im Hotel Radisson in den Pool ein und chillen dort den ganzen Nachmittag bei Speis+Trank. Am Pool treffen wir die beiden, wohl auch edelbackpackenden Holländerinnen aus Pushkar wieder – diesmal ohne Wanderschuhe.:-)
Finde die erotische Stellung
Finde jemanden, der eine Gummipuppe aufbläst :-)
 
Finde Alex
Die Zugfahrt nach Varanasi am selben Abend ist um einiges angenehmer, als die vergangene Nacht. Der Trick lautet: Ohropax. Am 07.05.11 kommen wir ausgeruht und voller neuen Tatendrang an. Der Rikschafahrer führt uns ca. 20min durch unzählige verwinkelte Gässchen bis wir endlich ganz verschwitzt und bereits schlapp beim Ganpati Guesthouse ankommen. Marco und ich sind uns einig: Die direkt am Ganges liegende Herberge hat Pushkar-Charakter. Wir fühlen uns sehr wohl! Hier bleiben wir bis am 10.05.11 und haben Zeit nachzuschlafen und zu chillen. Daher unternehmen wir auch relativ wenig: Morgenbootsfahrt auf dem Ganges bei Sonnenaufgang, Kurzer Shoppingtrip für Hosen+Früchte, Besuch der Zeremonien an den Ghats und ein aus der Ferne Betrachten der Kremationen.
Morgenbootsfahrt auf dem Ganges
Ein Priester bei einer Zeremonie
Kerzenschiffchen auf dem
Ganges mit guten Wünschen

Frühmorgendliches Beten am Ganges




Der gute alte Ganges tut mir etwas leid. Die Inder „biseln“ rein, Waschen ihre Wäsche, werfen Abfall rein, lassen die ganze Kläranlage reinfliessen und tote Kinder, sowie tote schwangere Frauen und Heilige werden hier bei einem Ritual versenkt. Nicht zu sprechen von der Asche und der halb verbrannten Körperteile der 24/7 Kremierten Toten, die im Fluss landen. Für uns unbedenklich zum Baden wären 500 Kolibakterien pro Liter, bei den Ghats wurden 1.5 Mio. dieser Fäkalbakterien gemessen. Jemand im Guesthouse erzählt mir jedoch die interessante Theorie, dass durch die vielen Gebete, die am Ganges gesprochen werden, eine Reinigung des Wassers stattfindet. Ich mache die Probe nicht aufs Exempel, jedoch sehen wir viele Inder unbedenklich baden…
Inder beim Waschen – hoffentlich
nicht die Laken unseres Hotelbettes
Inder beim Baden+Beten

Am 10.05.11 fliegen wir nach Delhi. Unser Delhi re-loaded entpuppt sich als eine Aneinanderreihung glücklicher Zufälle: Am Flughafen treffen wir einen Geschäftsmann, der uns in die Stadt mitnimmt und am Le Meridien Hotel auslädt. Kurzerhand beschliessen wir unser Edelbackpacking nochmals aufs Exempel zu praktizieren und checken ein. Per Zufall gelangen wir zum Seiteneingang ins Hotel herein und sehen, wie dort im Parterre eine prunkvolle Party aufgebaut wird. Ich sage zu Marco: „Diese Party crashen wir heute Abend noch, nach guter, alter Stockholmmanier“ (diejenigen, die meine Stockholm Stories kennen, wissen wovon ich rede). ;-) Gesagt getan. Mit getrimmten Bärten, die Haare conditioniert und fönfrisiert und sauber bekleidet laufen wir einfach zur Party herein, machen uns frech ans Buffet und sind– zugegeben – etwas, fehl am Platz (wir sind die einzigen Weissen). Noch haben wir keine Ahnung was das für eine Party ist: Es wird gegessen und eine moderierte Show geboten. Bereits im Begriff auf dem Weg zur Hotelbar, wo wir uns einen Rum gönnen wollen, frage ich einen Partygast, was das für eine Party ist. Es sei die Pre-Wedding Party seines Cousins, wir sollen doch mitfeiern, bald würde noch die Bollywood Schönheit und MTV India VJ Sophie Chaudhary (die mit ihrer Tranztruppe extra aus Mumbai eingeflogen wurde) eine Show geben. Nun fühlen wir uns plötzlich puddelwohl und machen uns ganz legal ans Dessertbuffet, ergötzen uns an Sophie und ihren Tänzerinnen, geniessen Bollywoodmusik und tanzen ausgelassen. Der Höhepunkt ist der „Liebesfilm“ des arrangierten Ehepaares, der uns an ein billig editiertes gemisch aus Haddayway Clip und Rosamunde Pilcher erinnert. Wie wir später erfahren, war dies „nur eine kleine“ Pre-Wedding Party. In Indien seien die Zeremonien und Parties rund um die Hochzeit immens (man will ja zeigen, dass man Geld hat), meist wird dafür das Schwarzgeld der Familien der Braut ausgegeben.
Zum „Crashen“ gehört natürlich auch
das Buffet dazu
Sexy Sophie gibt ihre Show zum Besten
Die Serie der glücklichen Zufälle geht weiter: Am nächsten Tag lädt uns unser neuer Freund Vaibhav (den wir wie das indische Essen „Palak Paneer“ nennen) von der Hochzeit auf ein Delhi by Night trip mit seinen Freunden („V“ und „Dawn“) ein. Damit Marco und ich outfitmässig vorbereitet sind, gehen wir extra noch ins Select City Walk shoppen, verfallen dem Kaufrausch und decken uns – bestimmt unsere Backpacks sprengend – mit Klamotten ein.
Die Jungs holen uns schon recht angesäuselt beim Hotel ab (der Fahrer trinkt „zum Glück“ nur Bier, aber dies auch während dem Fahren!). Zuerst geht’s ins Minar (A Restaurant In The True Indian Tradition) fett essen und Rum trinken. Nach indischer Traidition und den Worten unserer Gastgeber „What? You are now three weeks in India and you have never had a Paan?“, probieren wir einen ekligen Paan Mouth Freshener . Danach cruisen wir – manchmal mit quietschenden Reifen und übersetzter Geschwindigkeit – durch Delhi Richtung Khan Market ins Urban Café, wo wir bei clubmässigem Sound auf der Terrasse Shisha Rauchen einem weiteren Essen (!!!) und guter Partymood den Abend ausklingen lassen. Den Dessert auf dem Nachhauseweg – ein Eis vom „Durchfallwägeli“ von der Strassenecke –  schlagen aus naheliegendem Grund aus. Wir werden übrigens den ganzen Abend dekadent eingeladen, selber Zahlen kommt nicht in Frage!

Vaibhav+die Schweizer beim Kosten des Paan

Ich und „Dawn“ etwas benebelt
Am nächsten Tag heissts früh aufstehen: Delhi By Cycle. Etwas verkatert begeben wir uns zusammen mit drei KLM Stewardessen (und zwei Piloten, die uns natürlich nicht nennenswert erscheinen) in den lebensbedrohlichen Morgenverkehr von Delhi und sehen die Stadt „mal anders“. Die Restliche Zeit verbringen wir im Hotelpool, im Hotelfitness, im Hotel Ayurveda SPA, im Hotel-gemieteten-WLAN (für einen absoluten Wucherpreis von umgerechnet CHF 12.-/24h) oder in der Hotelbar. Damit wir nicht nur im Hotel sitzen ;-) gehen wir doch noch raus, um ein paar wichtige Utensilien für meine Weiterreise zu shoppen.
Als abschliessendes Highlight unserer Edelbackpackreise geht’s an die Live Bollywoodshow im „Kingdom of Dreams“, etwa 1h Autofahrt von Delhi entfernt. Hier geniessen wir in unseren Premium Seats (verstellbare Sofas) bei einem Glas Morgan+Coke und gut-indisch gewürzten Cashew-Nüssen eine gigantische und atemberaubende Show, die so manches der bekannten Musicals in den Schatten stellen würde.
Plantschen im Pool bei Sonnenuntergang

Delhi By Bike ohne Unfall überlebt
(ja, im Hintergrund ist eine der Stewardessen)

Holy Crest - Shoppen im Conaught Place

Der Pompöse Eingang hat Vegas-Charakter.
Leider dürfen wir keine Cam mit rein nehmen
Wie war unser zweiter Eindruck von Delhi, nachdem wir drei Wochen in Indien herumgereist sind? „Gar nicht so schlimm“.:-) Daher das passende Zitat:
Cheers
Alex

“If you reject the food, ignore the customs, fear the religion and avoid the people, you might better stay at home.” – James Michener

Freitag, 13. Mai 2011

Swollywood Stars in Indien – Phase 3: Eintauchen

Pushkar ist ein kleines Hippiestädtchen mit einem super Vibe! Ideal, um auszuspannen, shoppen (natürlich werden wir wieder über’s Ohr gehauen) und gut zu Essen und Trinken (sei es Banoffee Pie, Müesli mit Früchten, Falafel mit Humus, Lemonana oder Vegi-Döner vom Falafel-Mann). Hier gibt’s weder Fleisch, noch Eier oder Alkohol – aber wir haben’s überlebt (Nicht mal die Morgan Spiced Flasche vom Duty Free in Zürich mussten wir anbrechen. Noch nicht :-)).
Wir bleiben bis zum 02.05.11 in Pushkar. Eins der Highlights ist meine Segnung, die ich an einem Ghat von einem Priester erhalte. Wegen unserem akuten Tempeloverkill betreiben wir kein Sightseeing, betätigen uns dafür sportlich und laufen in der Abendhitze 1.5h zum Savitri Tempel hoch, wo wir zwei Holländerinnen mit Wanderschuhen treffen (es war wirklich nur ein Hügel und wäre mit Flip Flops durchaus machbar gewesen), bei angenehmem Wind den Sonnenuntergang geniessen und eins der besten „Jump Fotos“ machen (siehe erster Blogeintrag). In unserem top Guesthouse „Seventh Heaven“ lernen wir Hanna und Theresa, zwei Deutsche Mädels kennen, die genau so crazy sind, wie wir. Die beiden leben bereits 8 Monate in Indien und haben 6 Monate im Süden (in Pavitram) an einer Schule Englisch unterrichtet. Jetzt sind sie auf Indien Tour und haben zufällig die gleiche Route, wie wir.
Alex Blessed
Aussicht vom Tempel auf Pushkar

Theresa+Hanna zeigen uns den Saftladen, wo's Müesli gibt
  Aus zwei mach vier. Spontan beschliessen wir zusammen weiterzureisen. Erster Stop: 2 Nächte Jaipur. Die Sterne standen gut, also „heiraten“ wir spirituell, da es in Indien ja einfacher ist, wenn man sich als Paar ausgeben kann…sei es wegen dem Honeymoon Discount (bei Marco+mir habens die Inder uns nie abgekauft), oder für die Ladies, dass sie sich unbeschwerter bewegen konnten (keine Anmachen mehr). Dafür beginnt nun unsere verrückte und glamouröse Zeit als Swollywood (Schweizer Bollywood) Stars…
Das Ganze fängt damit an als wir am ersten Abend den Bollywood Film „Thank You“ im „Raj Mandir Cinema“ besuchen und die Inder uns immer und überall gerne heimlich fotografieren oder manchmal auch durchaus ganz direkt fragen, ob sie mit uns ein Foto machen dürfen. Ganz so, als würden wir uns in der Schweiz einfach an die Japaner ranmachen und uns neben sie auf die Fotos stellen – versucht das mal, wenn ihr das nächste Mal auf dem Üetliberg seid! Tja, und manchmal habe ich eben verrückte Ideen und gehe zu den heimlich fotografierenden Inder hin und sage: „We are very famous in Switzerland, do you want to take a picture with us?“.:-) 
Swollywoodstars im Bollywood Kino
 The Stars are born. Auf den neu gewonnenen Fame muss angestossen werden. Wie Teenies mixen wir den Morgan Booze in Coke und Fanta Flaschen (Alkohol ist im Guesthouse verboten) und machen es uns zu viert auf dem Rooftop gemütlich.
Von nun an steht Sight Seeing an zweiter Stelle, auch wenn wir für den nächsten ganzen Tag eine Riksha mieten unser grösstes Programm ever machen (Amber Fort, Alber Hall, Pink City, Jantar Mantar, Früchtemarkt, Palast der Winde, Galta Tempelkomplex, kurzer Abstecher zum Monkey Tempel und Ray Ban Shops). Wir werden kamerageil und posen vor jeder indischen Kamera. Zu unserem Glück gibt es zurzeit sehr viele indische und wenige weisse Touristen, da in Indien Feriensaision ist und für uns eigentlich „off season“ ist, wegen der Hitze. Anyway, wir sind Stars, machen viel „Seich“ und haben grossen Spass daran! Es soll aber noch besser kommen…
Posen als Touristen für unsere Kamera...
...und posen als Swollywoodstars für die fremde Kamera
Am 04.05.11 geht’s um 6 Uhr mit dem „Deluxe“ Bus nach Agra. Die 6.5h Fahrt werden uns mit andauerndem Gehupe (der Bus hatte eine erfreulich laute Hupe mit lustiger Melodie), drückender Hitze und nervenden Verkäufern versüsst. Jedoch eine gute Vorbereitung auf Agra, was uns allen voll assi rein kam!
Was macht Stars zu wirklichen Stars?
Richtig, Autogrammkarten! Schnell ist unser Swollywood Filmplakat mit dem zum Foto passenden Titel „Sprung ins Glück“ designed und 50 Karten gedruckt. Bewaffnet damit prahlen wir in Agra rum, lassen uns ablichten und verteilen den interessierten, fotografierenden Inder Autogramme! Hahaaa… geiler Scheiss!:-)
Die Autogrammkarte, die unser Leben veränderte:
...Posen als Star...

...und fleissig Autogramme verteilen

Wären nur Marco und ich in Agra gewesen, hätten wir nach der Besichtigung des Taj Mahals (aufstehen um 5 Uhr, um die Ersten zu sein) und Red Forts (ja, wieder ein Fort) die restliche Zeit bei kühlem Coca-Cola im A/C Zimmer verbracht, oder auf dem Rooftop unseres Guesthouses den Taj Mahal und seine in der Sonne wechselnden Farben vom Schatten aus beobachtet. Bemerkung: Faktisch ist der Taj am Tag Weiss und in der Nacht Schwarz, wie jedes andere Gebäude; wechselnde Farben gibt’s nur in meinem Zimmer in Winterthur.
Nun haben wir aber spirituell-eheliche Verpflichtungen und begleiten trotz drohendem Hitzetod unsere „Ehefrauen“  zur Jama Masjid (grosse Moschee), sowie Fatehpur Sikri (Tempelanlage, oder war’s ein Fort?). The Coca-Cola Company rettet uns das Leben.:-)
Taj Mahal by Fun
Fatehpour Sikir by Fun
Amber Fort Hindi Pose...
...aber wir können auch "cool" beim Red Fort


Ganz nach den etwas abgewandelten Worten von David Guetta’s Memories
„All the crazy shit we did together. Those would be the best memories.“, heisst es nach fast einer Woche gemeinsamem Reisen Abschied nehmen.
Während die Ladies nach Delhi fahren (und im Zug sogar als Swollywoodstars wiedererkannt werden!), machen sich die Gentlemen mit dem Nachtzug auf nach Khajuraho, wo es die Kamasutratempel zu erkunden gibt. To be continued...

“I have found out that there ain’t no surer way to find out whether you like people or hate them than to travel with them.” – Mark Twain
Cheers
Alex aka Peterli
@Jay: De „Ich wott es Goggi“-Mythos het wieder ufgläbt bi dere Hitz in Indie…
@Bin Laden: Ist es Zufall, oder Schicksal, dass wir grad am Abend deines Game Over eine „Afghani Bomb“ essen, ein Indisches Menu, dass uns an Zürigschnätzletes erinnert?:-)
@Chris: Wie viele indische Kameras es wohl gibt? Warten auf deine Recherche.:-)
@Val: I de Tempel isch ja Schuehverbot. Bi dere Hitz Barfuess umelaufe cha mängsmal ime „Heisse Cohle Tanz“ ände.

Dienstag, 10. Mai 2011

Indien ist wirklich anders – Phase 2: Analysieren

Bevor der nächste Reisepost kommt, greife ich für Phase 2 etwas vor, indem ich unsere Analyse der Andersartigkeit präsentiere: Indien bietet zahlreiche Unterschiede, die zu lustigen Anekdoten führen, oder wir oft darüber gelacht und unsere Köpfe geschüttelt haben. Hier ein paar Beispiele:
- „You are brothers“
Weisse Haut, Dreizehntagebärte und ein komplett verschiedenes Aussehen reichen aus, dass die Inder als Erstes annehmen, Marco und ich seien Brüder (und dann auch noch recht bestimmt sagen:“Ah, you are brothers“). Es kommt noch besser: Obwohl der Réceptionist beim Checkin im Hotel vor dem Zurückgeben unserer Pässe die Fotos anschaut, damit er sie richtig zurück gibt, erhalte ich beinahe jedes mal Marcos Pass und er meinen.
Stimmt, wir sehen gleich aus. Zum Glück trägt Marco ne Sonnenbrille
- Bad-smell-curry-style
Das indische Essen ist mega lecker. We love it (man munkelt sogar, es sei bereits eine indische Essreligion gegründet worden)! Wir können den Mythos durchaus bestätigen, dass das Essen unseren Körpergeruch verändert (ja, wir duschen täglich).:-) Ein T-Shirt riecht jedoch nach einem heissen Tag unter den Armen nicht nach Schweiss, sondern nach CURRY!;-)
Ab und zu essen wir auch „intercontinental“. Die Mashed Potatoes schmecken sogar etwas nach Rösti :-p
- Der In der in der In der in (überlieferte Geschichte)
Die Inder haben das Kamasutra erfunden. Toll! Jedoch haben sie durch ihre Kultur kein Sex vor der Ehe (die meist durch die Eltern arrangiert wird). Somit kommen sie mit null Erfahrung in den Hafen der Ehe. Ist man verheiratet, erwarten die Eltern baldmöglichst Nachwuchs. Das junge Paar ist jedoch oft total überfordert und verunsichert und hat keine Ahnung wie es geht (wirklich nicht – eine Frau hat drei Löcher, welches jedoch soll man benutzen?!). Marco und ich bleiben bei unserem Sprichwort treu: Keine Ehe vor dem Sex!
Hallooo? Sogar in den Tempeln ist Sex ein Thema!

- Haputsache Handy!
Vom reichem, versnobten, dicken Inder (mit Diener) bis zum auf der Strasse schlafenden, total abgefuckten, abgemagerten Inder hat jeder (aber auch wirklich jeder!) ein Handy. Das Handy ist sozusagen der gemeinsame Nenner der verschiedenen Kasten.:-)
1.3 Milliarden Inder versenden wie viele SMS pro Tag?
- Verkehr(t)!!!
Inder und Verkehr ist ein Thema für sich. Neben dem Linksfahren gibt es noch weitere Unterschiede: Die Hupe ist, wie der Blinker ein „Zeigeinstrument“. So steht hinten auf jedem Lastwagen „Blow Horn“, was bedeutet, dass wenn man überholen will hupen muss. Aber auch sonst wird gehupt: Wenn Kühe, Ziegen, Hunde, Kamele, Schweine, Menschen, Affen etc. auf der Strasse stehen, bei jedem Überholmanöver, bei Stau und bei Beinaheunfällen. So oft wir jedoch auf der Strasse unterwegs waren, haben wir noch nie einen Unfall gesehen. Die Hupe ist also nicht wie bei uns Zeichen des „road rages“, sondern alle (mittlerweile auch wir) sind sehr entspannt wenns hupt und hornt.

Busreisen auf dem Dach ist kein Mythos

- India is safe!?
Metalldetektoren stehen überall: Vor der U-Bahn, vor den Badeghats, beim Taj Mahal, bei Zeremonien (wo der übrige Eingang aber nur mit Seilen abgesperrt ist) etc. Anyway… die Metalldetektoren piepsen bei jedem der durchläuft. Die bewaffneten Polizisten (mit geladener Waffe) reagieren nie. Ausser beim Taj Mahal, wo Marco zwar die Kaugummis weggenommen wurden, er jedoch das grosse Taschenmesser behalten durfte. Noch besser: Am Airport wurde unser Wasser im Handgepäck gefunden, es wurde uns mitgeteilt, dass es verboten ist. Trotzdem durften wir die Flaschen mitnehmen (ich musste den Deckel dort lassen, Marco nicht).
Mittagsnickerchen beim Security Check am Airport

- Take a picture!
In Indien bezahlen nicht-Inder bei jedem Fort, Palast und Museum extra charge fürs Fotografieren (warum auch nicht, wenn man so noch etwas mehr Geld machen kann). Ist man jedoch erst einmal bei der Sehenswürdigkeit, wird man selbst zum begehrtesten Fotoobjekt der Inder selbst. Alle wollen ein Foto mit den weissen Touris machen, ganz egal, ob es mit ihrer oder meiner Kamera ist (worin ich dann den Sinn nicht sehen, da sie das Bild ja gar nie erhalten). Somit werden auch wir fotogeil und überlegen und die Story des Jahres (welche in einem späteren Blog noch folgen wird…). Die Inder lachen übrigens selten auf den Fotos.
Wir werden wie Swollywood Stars gefeiert
- Sport – was ist das?
Bei den Indern gilt Sport und fit sein als uncool. Somit ist es kein Wunder, dass alle Inder Cricket verrückt sind (da gehen die Meinungen sowieso auseinander, ob das Sport ist) und dass die Gym’s sei es im Hotel oder im Dorf zumeist recht heruntergekommen oder gar geschlossen sind.
Ok, wir sind ehrlich: Bei 42°C macht man auch keinen Sport – ausser Schwimmen im Pool!:-P
@Nicole: Kein Wunder wurdest du damals in Sri Lanka komisch angeschaut, als du am Morgen zum Joggen unterwegs warst.:-p
42°C haben mich nicht gescheut nen sauberen Combat Kick hinzulegen - Kiaaaa!
- Schalter für alles!
Beinahe jede Stadt hat regelmässige Power-Cuts. Damit können wir eigentlich gut leben (ausser die A/C hat zu lange unterbruch :-)). Was jedoch höchst interessant ist, sind die vielen Schalter die eigentlich jedes unserer Hotelzimmer aufweist. Jeweils frühestens bei unserer Abreise wissen wir, welcher Schalter für welches Licht, Ventillator, A/C etc. ist oder überhaupt keine Funktion hat.
Diese Schalter bedienen 1 Deckenventillator und 1 Stromsparlampe und 2 Steckdosen!
In diesem Sinne beende ich den Post mit folgendem Zitat:
A traveler without observation is a bird without wings.” – Moslih Eddin Saadi
Namaste, the Cheers of India
Alex