Mittwoch, 23. Mai 2012

Frachtschiff Ahoi – Für 8 Tage alle Zeit der Welt


[Von New York nach Rotterdam]

Grosse grau-blaue, gekrauste Weite, strahlende Sonne, die schiere Unendlichkeit greifbar am Horizont und alle Zeit der Welt… Eine Frachtschiffreise ist ein einmaliges Erlebnis und der perfekte Abschluss für meine Reise. Die Buchung durch www.globoship.ch ist unkompliziert und es wird auf meine Wünsche und Vorstellungen eingegangen. Klar, ist das ganze kein günstiges Unterfangen (mit durchschnittlich 144 CHF/Tag), aber dafür ein umso exklusiveres. Fernab von Zeitgefühl, Hektik und Sightseeing, bleibt mir fast unendlich Raum, mein vergangenes Jahr Revue passieren zu lassen, meine Erkenntnisse aufzuschreiben und eine ruhige Heimreise zu geniessen…
Am Hafen…
..auf See und bei..
..Sonnenuntergang
Zwei ältere Griechische Hafenarbeiter mit grosser Brille holen mich am 14.05.12 ab und im Auto unterhalten wir uns über die guten, alten Zeiten in Griechenland… Als ich dann noch mit meinem bescheidenen Griechischen Vokabular „Malaka“ (als ein Autofahrer waghalsig überholt) und „Efcharisto Poli“ (beim Verabschieden) auftrumpfe, sind wir bereits beste Freunde…
Am Hafen von New York…
…das Abenteuer kann beginnen
Der Baer, manchmal auch Captain Morgan genannt ;-), begibt sich voller Erwartung an Deck. Thomas, der Deutsche Apprentice, hilft mir beim Hochtragen meiner Shoppingeskapaden aus New York. An Bord der MV Hyundai Tianjin werde ich vom 2nd Officer empfangen und von June, dem Steward (beide sind Philippiner) in meine Kabine, der „Owner’s Representative A“ auf Deck G begleitet. Draussen auf der Ladefläche herrscht Hochbetrieb. Zwei riesige Hafenkrane Schichten Container an Deck, während kleinere, mobile Krane abwechslungsweise Container bereitstellen, die sie vom unendlichen Containerlager im Hafen nach irgendeiner ausgeklügelten Logik herbeiholen. Das fleissige Treiben erinnert an einen Ameisenbau. Der Hafen in New Jersey/New York ist nach seiner Fläche der grösste Hafen der USA.
Container werden geholt…
…und auf Deck verfrachtet
Im Treppenhaus begegne ich dem Deutschen Kapitän Michael Simon, der mir auf Anhieb sehr sympathisch ist und mir einen guten Aufenthalt wünscht. Ich muss leider eben doch klein beigeben, dass ich nicht der „richtige“ Kapitän bin (auch wenn Captain Morgan naheliegend ist). Auch der Rest der Crew ist total locker drauf und wir werden noch eine super Zeit miteinander verbringen. Da ist Chief Engeneer Volker (während er im lauten, heissen Maschinenraum das Herz des Schiffes ist, ist der Kapitän auf der Brücke das Gehirn – ein super funktionierendes Team), 3rd Engeneer Toni und 2nd Engeneer Fabian (ebenfalls im Maschinenraum und gelegentlich auch im Officers‘ Recreation Room beim Bier anzutreffen), Thomas der Apprentice, sowie Alexandra (Praktikantin oder „Spionin“ aus dem Büro und die einzige Frau an Bord) und nicht zu vergessen Julius der Koch (mitunter das wichtigste Crew-Mitglied). Bis auf den Koch sind alles Deutsche. Mit dem Rest der total 22 Crewmitglieder komme ich weniger in Kontakt.
Captain Morgan an Bord
Anderes Schiff beim Auslaufen
Für die Zeit auf See habe ich ein Wohnzimmer (so gross, dass ich hier mit meiner ganzen WG eine Party veranstalten könnte) mit Kühlschrank, Sofas, Clubtisch und TV, ein Schlafzimmer mit King-Size Bett (und zwei Kissen – yeeah), sowie ein eigenes Badezimmer. Alles ist sehr sauber und extrem luxuriös für meine Backpackerverhältnisse. Selbstverständlich habe ich von meiner Kabine (die direkt unter der Brücke ist) freien Blick nach Vorne – so kann ich wenigstens im stillen Kämmerchen Kapitän spielen.:-) Zu den weiteren Features an Bord der Tianjin gehören ein kleiner Fitnessraum, eine Sauna, ein Tischtennis- und Aufenthaltsräume mit TV, Bar und Karaokestation, ein Raum mit Schwimmbad und ein Raum mit Waschmaschine. Am Bug des Schiffes befindet sich ein gemütliches Deck mit Liegestühlen.
Luxuriöses Wohnzimmer…
…Schlafzimmer+Klo
Orientierung
Alles, was ein..
..Mann braucht!;-)
Etwas später kommt Mike aus den USA an Bord, der seine Europareise mit dem Frachtschifferlebnis beginnt und schon bald ist es Zeit zum Abendessen. Um 23.00 Uhr klingelt das Telefon in meiner Kabine. Der Kapitän lädt uns ein, auf die Kommandobrücke zu kommen, um das Auslaufen des Schiffes hautnah mitzuerleben. Endlich darf Mr. Morgan auf die Brücke.:-) Einen Moment, den ich nie vergessen werde! Mike und ich stehen draussen über dem Navigation-Deck (also ein Stock über der Brücke, das über eine steile Leiter zu erreichen ist), vor uns die beleuchtete Hafenanlage, im Hintergrund Lichter von Manhattan und das Frachtschiff, das sich langsam dreht, um in See zu stechen. Wir passieren eine Brücke, die in ihrem höchsten Punkt nur wenige Meter höher ist, als das Schiff. Ohne die Kommunikationsantennen und Radar zu knicken kommen wir unten durch. Wir geniessen eine Weile die unbeschreibliche Aussicht und die vorbeiziehenden Lichter, bevor ich in meine Kabine gehe und total happy über meine bevorstehende Reise, vom leichten Schwanken des Schiffes in den Schlaf gewiegelt werde.
Mike+ich werden auf die Brücke eingeladen
Richtiger Kapitän bereitet das Auslaufen vor

Falscher Kapitän post derweil auf der Brücke
Einmaliger Moment
Rechtzeitig zum Sonnenaufgang wache ich am 15.05.12 auf, um ein paar Fotos zu schiessen, bevor ich mich nochmals aufs Ohr lege, bis ich vom Steward zum Frühstück geweckt werde. Danach erhalten wir vom 2nd Officer eine Einführung in Sicherheit- und Notfallprocedures und werden auf dem Schiff herumgeführt. Die 249m lange und 32m breite MV Hyundai Tianjin hat Baujahr 2006 und Platz für 4300 Container. Während die Crew am Arbeiten ist, habe ich viel Zeit zum Chillen, Lesen, Blognachschreiben, meine Erlebnisse revue passieren zu lassen, im Fitnessraum meinen Appetit anzuregen (ich muss ja schliesslich Hunger für drei Menus am Tag haben), die Chillout CD fertig zu mixen und und und… Quality time par excellence!
Mit Koch und Steward
Ohne Kate und Caprio
Sonnenaufgang in Fahrtrichtung
Sonnenuntergang auf Achter

Ein Highlight meiner Reise beginnt schon am 16.05.12, wo wir mit den Offizieren, Engeneers und Apprentice auf dem F-Deck eine kleine Afterwork-Party zum Sonnenuntergang starten und danach im Officers‘ Recreation Room weiterfeiern. Mike und ich erleben einen sehr unterhaltsamen Abend, wobei der Kapitän Barkeeper und DJ spielt, ein Haufen Seemannswitze und andere Insider-Geschichten erzählt werden und wir einen guten Einblick ins Seefahrerleben erhalten. Die Leute hier an Bord sind alle sehr nett und offen zu uns – ich bin auf dem richtigen Schiff, mit der richtigen Crew gelandet! Kapitän und Chief Engeneer witzeln ständig darüber, wer jetzt die Nummer Eins an Bord ist. Wäre der Chief Engeneer fürs Navigieren verantwortlich (was aus seiner Sicht ja einfach ist), würde er, so meint der Kapitän, einfach mal drauflos fahren und beim erstbesten Hafen in der Bäckerei Brötchen kaufen gehen. Auf der Tüte vom Bäcker würde er dann von der Adresse der Bäckerei herleiten, wo wir gelandet sind. Wäre der Kapitän im Maschinenraum, so kontert der Chief, würde erst mal gar nichts laufen, weil das Starten der Maschine nicht einfach ist. Selbst Mike und ich kommen nicht ungeschoren davon. Uns werden mehrere hundert Dollar geboten, wenn wir es schaffen würden, die Maschine zu stoppen (wie wir später heraus finden geht das mit einem Knopfdruck von der Brücke aus) und zu starten (ein aus meiner Sicht unmögliches Verfangen, wie wir im Maschinenraum noch sehen werden). Ach ja… und dann bekomme ich noch das Angebot vom Abend: Der Chief Engeneer bietet mir unwiderstehliche 1000 Dollar, wenn ich mir eine Glatze rasiere. Ob ich darauf eingegangen bin, seht ihr dann, wenn ich wieder nachhause komme… ;-) Tags darauf (am Donnerstag ist Seemannssonntag) stehen Mike und ich erst zum Mittagessen auf, da die Party doch etwas länger gedauert hat. Anschliessend trifft man sich erneut im Aufenthaltsraum zu Piratengeschichten, Dance Musik und Hopfentee! Das Feiern geht weiter… bis sich die Party am Nachmittag so langsam auflöst.
Official Tianjin Partycrew
1000 Dollar-Haare ab?

Die restlichen Tage bis zum Einlaufen im Hafen von Rotterdam sind ruhig, so wie ich mir es vorgestellt habe. Manchmal sonnig, manchmal neblig, schöne Sonnenunter- und Aufgänge und sogar ein paar Möwen, die sich weit aussen im Meer verirrt haben. Täglich wird die Uhrzeit um eine Stunde vorgestellt, um unsere Uhren an Rotterdam anzugleichen (praktisch, somit bleibt mir der Jetlag erspart).
Mal Sonnig…
…mal Regen..
..mal Abend..
..mal Nebel (reimt sich) :-)
Nebst dem leckeren Essen gibt es ab und zu weitere Highlights, wie Führung durch den riesigen Maschinenraum mit der 8-Zylinder Maschine, die ohne Getriebe mit dröhnenden 80 Umdrehungen pro Minute die immense Schiffsschraube antreibt, damit wir unsere ca. 20 Knoten halten. Wenn man es nicht selber gesehen hat, wird man es wohl kaum glauben, dass die Maschine, Pumpen, Hilfsgeneratoren, Wasseraufbereitungsanlage etc. und sogar eine kleine Kehrichtverbrennung eine ganze Halle über mehrere Stockwerke füllen (im Innenraum auf Achter, das ist die Hinterseite des Schiffes). Der Chief Engeneer erklärt uns den Kontrollraum, die Maschine und alle anderen Geräte, die wohl eine ganze Kleinstadt unterhalten könnten. Ich muss zugeben, dass ich nicht im Stande wäre, die Maschine zu starten. Aber Captain Morgan gehört ja auch auf die Brücke.
100 Knöpfe Kontrollraum
8 Zylinder Maschine
Chief in Pose
Daily life@Maschine
Sightseeing@Deck?
Auf dem Navigationsdeck beim Kapitän, wo wir auch jederzeit willkommen sind, haben wir die beste Aussicht auf das endlose Blau, die Container und an einem Abend sehen wir sogar Delfine, die mit uns mit schwimmen. Am Mittag des 20.05.12 klingelt abermals das Telefon in meiner Kabine und der Chief Engeneer lädt uns in den Aufenthaltsraum ein, wo mit der Crew eine weitere kleine Party stattfindet.

Ein paar Tage vor Einlaufen in Rotterdam wird die Geschwindigkeit auf 15 Knoten gedrosselt, damit wir zur richtigen Zeit am 23.05. um 05 Uhr morgens den Zielhafen erreichen. Je näher wir dem Festland kommen, desto mehr Schiffe sind um uns herum. Mit dem Radargerät auf der Brücke können diese sogar mit Details, wie Zielhafen identifiziert werden. Gespannt erwarte ich den Morgen des 23.05.12, wo ich um 04.20 aufstehe, um auf die Brücke zu gehen, damit ich das Einlaufen hautnah miterlebe. Noch sind nur ein paar Lichter im Nebel und der Dunkelheit des Morgens erkennbar. Über Funk kommen Anweisungen herein. Etwas später nähert sich uns ein kleines Schiff, das einen Lotsen an Bord bringt. Die ersten Hafenkrane (und ach so stereotypisch für Holland Windräder) tauchen aus dem Nebel auf, während hinter uns die Sonne langsam aufgeht. Um etwa 06.10 Uhr kurven wir dann Richtung Hafen, wo ich vor sieben Jahren bei meinem Auslandssemester in Holland mal gestanden und den Schiffe die einliefen zugeschaut habe. Damals war unsere Tianjin noch nicht im Wasser und ich hätte mir nicht gedacht, dass ich auf diesem Wege mal von einer Weltreise zurückkehren werde…

Der Hafen von Rotterdam ist supermodern. Führerlose Carrier fahren die Container herum, die von ebenfalls computergesteuerten Kranen in ihre Stellplätze gehievt werden. Vier grosse, bemannte Lastkrane machen sich an der Ladung unseres Schiffes zu schaffen, während die freundliche Immigrationsbeamten an Bord unsere Pässe kontrollieren. Nach dem Mittagessen und dem Verabschieden von der Crew werden wir vom Taxi abgeholt und ich freue mich, meinen Fuss auf niederländisches „Heimatsgebiet“ zu setzen…
Vollste Konzentration beim Einlaufen..
..in den „Cyber“-Hafen von Rotterdam
 “Once you have traveled, the voyage never ends, but is played out over and over again in the quiestest chambers. The mind can never break off from the journey.” – Pat Conroy
 Cheers
Alex

Meet and Greet in New York City


[New York 3]

Meine Reise führt mich also erneut nach New York, denn von dort nehme ich ein Frachtschiff zurück nach Europa. Per Taxi fahre ich am späten Abend des 09.05.12 zum Flughafen von Rio. Der Fahrer verlangt 65 Reals (ca. 30 CHF) und ich sage ihm alle Schande, da ich bei der Hinfahrt grad mal 45 Reals (ca. 21 CHF) bezahlt habe. Ich kann den Transport auf 55 Reals herunterhandeln, bin aber nahe dran, fuxwütig aus dem Taxi auszusteigen. Der Taxifahrer ist stinkesauer, da anscheinend 65 Real der vereinbarte Preis ist. Etwas später im Taxi fällt mir aber ein, dass ich nun zum weiter entfernten  internationalen Flughafen fahre und ich entschuldige mich für das Missverständnis. Die Halunken-Taxifahrer auf aller Welt haben mich so weit gebracht, dass ich keiner gelben Droschke mehr traue und sogar noch den wenigen ehrlichen verbale Fusstritte verteile. Der Arme tut mir leid und ich gebe ihm die ausgemachten 65 Real und ein ordentliches Trinkgeld obendrauf, was uns beide wieder versöhnt.

Beim Einchecken am Flughafen muss ich lange warten, da das Buchungssystem abgestürzt ist. Zudem werde ich aufgefordert eine Notfalladresse anzugeben (was ich noch nie musste). Im Internet zuvor im Hostel habe ich grad von einer Russischen Maschine gelesen, die abgestürzt ist… ich frage mich, ob ich meine Reise noch beenden kann, oder irgendwo in den Amazonas stürze? Der halbe Flieger ist leer, als wir am 10.05.12 um 01.30 am Morgen abfliegen. Ich habe die ganze Sitzreihe um „bequem“ zu schlafen, bis um 7 Uhr das Frühstück serviert wird. Nach zwei Stunden Aufenthalt in Panama borde wieder das gleiche Flugzeug auf dem gleichen Sitzplatz und lande sicher in New York. Meine Rückkehr nach New York ist diesmal weder als geschniegelter Auditor für aussergewöhnliche Reviews noch als gespannter Tourist für ausdauerndes Sightseeing. So will ich die fünf Tage, die ich hier verbringe, mich wie ein New Yorker fortbewegen und die Stadt, die ich nun schon gut kenne, auch so erleben.

Bereits nach meiner Ankunft am Nachmittag des 10.05.12 und dem reibungslosen Einchecken im HI Hostel in Uptown, beginne ich meine „New York mal anders Tour“ mit einem ausgedehnten Spaziergang in der „grünen Lunge New Yorks“, im Central Park, wo Jogger, Hundehalter, Chiller, Biker und Vogelbeobachter der Grossstadt entfliehen und friedlich miteinander koexistieren. Ich zücke keine Kamera – auch nicht, als ich am funkelnden Times Square ankomme. Will ich doch nicht als Tourist auffallen.:-) Was wäre ein Willkommen in Amerika ohne Burger, Fries und Coke? Sag‘ ich mir auch und gehe zum „The Counter – Custom Built Burgers“ am Times Square. Ich freue mich, dass ich die Leute endlich wieder verstehe und sie mich auch. Kein Kaugummi im Mund, kein „Hello my friend, cheap price“, kein mit Händen und Füssen verständigen… ich fühl mich schon näher zuhause, als auch schon! Am 11.05.12 erfülle ich ein weiteres „Bucket List“ Item: Eine ausgedehnte Joggingrunde im frühlingserwachenden Central Park. Danach geb ich meinem einheimischen Getue noch einen drauf und setze mich den ganzen Morgen ins Starbucks, um zu bloggen. Als ich am Nachmittag abermals im Centralpark mit Musik in den Ohren Richtung Downtown wandere und grad von jemandem, den ich in Costa Rica kennen gelernt habe eine SMS erhalte, erlebe ich meinen wohl grössten Zufall auf meiner Reise: Als ich die Kopfhörer herausnehme, um das SMS zu lesen, höre ich hinter mir jemanden „Alex…?“ rufen. Und wen treffe ich per Zufall? Katarina aus Schweden, die ich vor vier Monaten in Santa Teresa, in Costa Rica kennen gelernt habe! Ohne abzumachen, treffen wir uns in der Weltstadt mit über acht Millionen Einwohnern wieder, ebenda im Central Park! Mal schauen, welche Zufälle ich hier noch erleben werde…

Am Abend habe ich mit Kerry abgemacht, die ich ebenfalls in Costa Rica kennen gelernt habe, um mit ihren Freunden ins Nachtleben von New York einzutauchen. Mit Locals auszugehen in New York ist etwas ganz anderes, als in einer homogenen Touristengruppe. Schlussendlich landen wir dann dennoch im mir ach so bekannten Touristenausgangsviertel „Meatpacking District“ in einer gemütlichen Bar… leider nicht in der berühmten Goosebar.:-)
Zufallstreffen mit Katarina im Central Park
Partytreffen mit Kerry
Shopping steht am 12.05.12 auf dem Plan und ich kehre mit viel zu vielen Einkaufstaschen ins Hostel zurück und überlege mich, ob ich jetzt noch einen Container auf meinem Schiff reservieren muss? Im Anschluss treffe ich mich mit Chantal, der ich in der vergangenen Zeit per Mail einige Reisetipps gegeben habe. Sie will sich im Herbst nämlich auf Reisen begeben und ist per Zufall in New York, wo ihre Schwester Graduation-Feier hat. Gemütlich sitzen wir in der Sonne und reden übers Reisen…
Baer’s Artwork zum Thema Shopping
Meet & Greet mit Chantal

Der nächste Zufall passiert, als ich meinen Facebookstatus frech auf „-==New York==-„ setze. Wie es damals in Quito und Havanna der Fall war, als Petra und Silke mein Status-Update gelesen haben und wir uns kurz darauf hin getroffen haben, denke ich mir noch so zum Spass: „Vielleicht sind die Heusser’s ja auch wieder in Town?“. Kaum zu glauben, dass ich keine zehn Minuten später eine Nachricht von Petra in der Mailbox habe, dass sie für ein Vorstellungsgespräch nach New York fliegt! Unglaublich. Wir treffen uns am 13.05.12 im Tribeca-Viertel und sie erzählt mir die lustige Geschichte von ihrem Vater, der im Internet Reiseinformationen für Kuba gesucht hat und unwissend meinen Blog ausgedruckt hat. Er staunte nicht schlecht, als er plötzlich etwas von „Wiedersehen mit den glanzvollen Heusserschwestern“ las und dann noch die Fotos sah.:-) Mein Meet and Greet geht am selben Abend weiter. Marc-Oliver, den ich noch vom Studium her kenne, lebt in New York, oder besser gesagt in Brooklyn, da dieses Viertel ja der „neue Shit ist“. So nehme ich die Subway nach Brooklyn, auf die alternative und künstlerische Seite von New York, um Marc-Oliver und seine Frau Handan zu treffen. Wir haben uns viel zu erzählen und ich verbringe einen super Abend mit den beiden wunderbaren Leuten.
Petra zum DRITTEN - diesmal NYC
Mit MO und Handan beim Dinner
Meine sieben (-hundert) Sachen sind gepackt und die Zeit, bis ich am Morgen des 14.05.12 von der Hafentransportgesellschaft im Hostel abgeholt werde, reicht genau aus, um noch schnell den Brasilien Blog fertigzustellen und hochzuladen. Denn die nächsten acht Tage bin ich auf hoher See, fern von Internet und Handyempfang. Alles hat ein Ende und so werde ich heute Abend meine ganz spezielle Rückreise nach Europa auf dem Frachtschiff antreten…
A journey of a thousand miles must begin with a single step.” – Lao Tzu

Cheers
Alex


Montag, 14. Mai 2012

Baer geht in Retreat


[Brasilia – Abadiania – Rio de Janeiro]

Mein Abstecher auf die brasilianische Seite der Iguazú-Fälle war so kurz, dass er eigentlich gar nicht als Besuch in Brasilien zählt. Daher habe ich mich entschlossen, meine verbleibenden Tage vor der grossen Teichüberquerung im Land des heissen Sambas, der knappen-Bikini-Strände und des Fussball-Fanatismus zu verbringen. Zufälligerweise veranstaltet zu dieser Zeit Beatrice, meine Cousine, gerade eine Reise zum Thema Geistheilen beim Medium Joao in Abadiania*. Eine perfekte Chance, um auf Retreat zu gehen und etwas in den Baer zu kehren!:-) Der Abschied von Santiago fällt mir etwas schwer, da ich – obwohl, oder grad weil ich noch nicht so viel Touristisches gesehen habe – die Stadt irgendwie ins Herzen geschlossen habe. Nicht nur die Stadt, auch das tolle Plaza de Armas Hostel, die Leute dort und den ganzen Vibe. Erste Überraschung ist am Morgen des 30.04.12, als ich herausfinde, dass Winterzeitumstellung war. Was hat mich Jessi in Ushuaia gelernt? „Spring – forward“ und „fall – backward“… so drehe ich meine Uhr um eine Stunde zurück und gewinne vor meiner Abreise noch eine Stunde, um gemütlich zu Packen und mir ein reichhaltiges Avocado-Rühreifrühstück zu machen. Die zweite Überraschung kommt am Flughafen, als ich beim Einchecken per Zufall David und Lukas treffe, die beiden Amifreunde von Sol aus Buenos Aires, welche ein verlängertes Weekend in Santiago und Valparaiso verbracht haben. Wir fliegen mit Flypluna, dem südamerikanischen Pendent zu Easyjet: Komfort = flop (Sitzreihen so eng, dass man sich mit den Knien beide Ohren zuhalten kann), dafür Augenweide = top (die Stewardessen bieten ein Labsal für Männerherzen). Und dies sowohl im Flug von Santiago nach Montevideo (Uruguay) und im Anschluss von Montevideo nach Brasilia. Den ganzen Tag gedöst, Schlange gestanden, gewartet, im engen Flugzeugsitz ausgeharrt (und ja, zugegeben auch etwas die Augen geweidet;-)), komme ich in „Braschiu“ an und werde vom freundlichen Immigrationsbeamten auf Deutsch willkommen geheissen („Wünsche ihne eine schöne Aufent‘alt“) und von der grantigen Zöllnerin auf Portugiesisch getadelt (weil ich noch Äpfel aus Chile mitführe). Zur Feier des Tages checke ich im 4-Stern Bristol Hotel ein und geniesse zum Tag der Arbeit am 01.05.12 ein vorzügliches Frühstückbuffet mit Avocado-Smoothie, Cashewnuss-Saft, endlich wieder mal leckeren Yucca-Brötchen(!) mit Yoghurt (viva Ecuador!) und köstlichem Rührei. Nun mit dem Spanisch geht’s bei mir mittlerweile so einigermassen. Ich kann mich durchschlagen und verstehe so einiges. Aber beim Portugiesisch denke ich mir jedes Mal, wenn jemand mit mir spricht: „Hä? Ich verstehe gar nix. Nimm mal den Kaugummi aus dem Mund.“ Auf meiner Suche nach dem Busterminal muss ich so einige Niederschläge einstecken, irgendetwas verstehen zu wollen. Die Antworten kommen mir mehr als nur spanisch vor. Daher lasse ich mich von meinem Instinkt leiten und zeige dem erstbesten Buschauffeur einen Zettel, wo „Rodoviaria“ (das ist die grosse Busstation) und „Bus to Abadiania“ drauf steht. Er sagt irgendwas, das ich logischerweise nicht verstehe und signalisiert mir, dass ich einsteigen soll und besteht darauf, dass ich für die etwa 15 Minütige Fahrt kein Ticket zu lösen brauche. Muito obrigado! Der Ort, wo er mich herauslässt ist keine offizielle Haltestelle. Aber ich bin da, beim grossen Busterminal! Und was sehe ich? Bei Bob’s Milkshake erblickt mein geschultes Auge einen Ovomaltine-Milkshake im Angebot. Obwohl ich vom reichhaltigen Frühstück noch kein Hunger habe, greift meine „Invisible Hand“ in die Hosentasche und kramt 8 Real (ca. 3.80 CHF) hervor. Ich bestelle mir gleich einen halben Liter, um endlich mal wieder ein Stück Heimat zu kosten. Lecker!

In Abadiania finde ich eine andere Welt vor – also zumindest auf der einen Seite der Hauptstrasse, nämlich dort, wo die Wirkungsstätte, das „Casa de Dom Inácio“ ist. Pousadas, das sind die hiesigen Guesthouses, reihen sich aneinander und beherbergen mehrheitlich in Weiss gekleidete Genesungs-, Rat-, Hilfe- und Erleuchtungssuchende Leute aus Allerwelt (denn Weiss ist die „Arbeitskleidung“ fürs Casa). Vom New-Age Hippie bis zum ehemaligen Tauchinstruktor ist jede Bevölkerungsschicht vertreten – und man spürt: Irgendetwas geht hier vor. Weiter gibt es ein paar Kaffees, Restauräntchen und Shops in diesem Ort, die ausschliesslich vom Geistheil-Tourismus leben. Nachdem ich in einer günstigen Pousada eingecheckt habe (30 Real pro Nacht = ca. 14 CHF), treffe ich Beatrice und wir haben uns nach einem Jahr Baer auf Reisen viel zu erzählen. Des Weiteren erklärt sie mir die Regeln und Abläufe fürs Casa und meine Spannung steigt, was mich die nächsten Tage hier erwarten wird…
Bier und Bar auf der einen Seite…
Weiss und wunderbar auf der anderen

Tags darauf, am 02.05.12 ist es dann soweit: Baer in Weiss strömt mit hunderten von anderen Anhängern, Neulingen, körperlich behinderten, Neugierigen und Spirituellen Leuten ins Casa, um an den täglichen Sessions teilzunehmen, die von Mittwoch bis Freitag stattfinden. Es herrscht eine anmutige, friedliche und fröhliche Stimmung. Ich tauche ich in eine ganz neue Welt ein und kehre mit den Gedanken in mich, meditiere viel und lerne durch Beatrice viele interessante und nette Leute kennen. Ich erlebe schöne und wundersame Momente und entdecke Seiten in mir, die ich bis anhin nur vage gekannt habe. Nach einem Jahr Reisen und den unterschiedlichsten Erlebnissen, Bekanntschaften und Abenteuern finde ich in Abadiania endlich Zeit (und nehme sie mir auch!), um tief in mich zu kehren. Ganz nach folgendem Zitat von Lillian Smith:
“I soon realized that no journey carries one far unless, as it extends into the world around us, it goes an equal distance into the world within.” – Lillian Smith
Moderation…
…Meditation…
…und gute Wünsche
Die fünf Tage bis zum 05.05.12 vergehen wie im Flug und ich arbeite daran, meine Wünsche und Erkenntnisse aus meiner Reise zu manifestieren und auch für andere Leute Gutes zu wünschen. Zudem wird mir einmal mehr klar, dass es noch andere Dimensionen und Wirkungskräfte gibt und ich erlebe die Kraft und Freude des Meditierens. Während meiner bevorstehenden achttägigen Frachtschiffreise werde ich hoffentlich noch genügend Zeit haben, um dies zu praktizieren und meine Gedanken und Erlebnisse meiner Reise weiter zu ordnen.
Mit Bea und Angelika
Mit Joao himself
 Am 06.05.12 fahre ich mit Beatrice zurück nach Brasilia, wo wir ihre Gruppe in Empfang nehmen. In der mondänen Suite von Bea im Manhattan Hotel darf ich die Couch crashen und mich am reichhaltigen Buffet verköstigen. Der Bundessdistrikt Brasilia zählt 2.6 Millionen Einwohner und ist eine Stadt, die in den 60er Jahren auf dem Reissbrett designed wurde. Sieht man auch, denn der Gebäudestil erinnert stark an die kalten 60er und 70er Jahre mit mehr oder weniger stylischen Betonbauten (je nach Geschmack), die in billigster Qualität und – so scheints – innert kürzester Zeit erstellt wurden. Von oben sieht die Stadt übrigens einem Flugzeug ähnlich, dies ist aber eher Zufall oder Interpretation der Leute, denn man hat die Form eines Kreuzes gewählt, das als Symbol der Landmarkierung auf einer Landkarte gesehen werden sollte. Anyway… in einem kurzen Sightseeing Programm besichtigen wir 07.05.12 die wunderschöne Kathedrale von Brasilia mit ihrem akustischen Phänomen (der Schall wird entlang des kreisförmigen Betonsockels so gut weitergeleitet, dass man ein Flüstern über mehr als 50m auf der anderen Seite hören kann). Weiter geht’s über die Juscelino-Kubitschek-Brücke, vorbei an zahlreichen Regierungsgebäuden zur Don Bosco Kirche, die mich mit seinem sanften blauen Licht, der entspannten Chillout-Musik und dem prägnanten Kronleuchter verzaubert. Zweitletzter Halt ist der Tempel des guten Willens, wo mir oberdoofe Überzugshosen aufgedrückt werden (die mir zudem noch ständig runterrutschen), da man das Gebäude nicht mit kurzen Hosen betreten darf. Der Tempel des Guten Willens „Boa Vontade“ ist abermals ein energiegeladener Ort, ein Ort des Friedens und der Ruhe wo ich einen andächtigen Gang durch die Spirale zum Kristall hoch oben in der Mitte des Raumes mache. Der letzte Stopp ist dann eher etwas für den Magen; die Churrascaria „Potencia Do Sul“, ein typischer, brasilianischer Fleischpalast (wo’s aber auch gutes vegetarisches Buffet gibt), wo ich von Beatrice eingeladen werde. An dieser Stelle nochmals vielen Dank an Bea für die wunderbare und inspirierende Zeit! Am Flughafen in Brasilia gibt’s ein Wiedertreffen mit Chih Chan, mit dem ich damals vor knapp drei Monaten in Peru herumgezogen bin. Der Zufall bringt uns am selben Tag zum selben Flughafen und Facebook hilft etwas nach, dass wir uns treffen.:-)
Aussicht auf Brasilia mit Megamond
Das Flüsterexperient in der Kathedrale
Don Bosco Kirche
Spirale im Tempel des Guten Willens
Wiedertreffen mit Chih Chan – 100% Brazil
Spät nachts komme ich in Rio de Janeiro an und habe keine Ahnung wie, wo und was. Mittlerweile sind solche Situationen aber keine grossen Herausforderung mehr: Die Touristeninformation am Flughafen empfiehlt mir ein Hostel (huch, jemand der Englisch kann!), die Taxifahrt habe ich geschickt heruntergehandelt (und wohl doch noch zu viel bezahlt) und das Hostelbett im „Bellas Artes Guesthouse“ im Nu bezogen (ebenso schnell versinke ich in einen Dornröschenschlaf). Meine (zu) kurze Zeit in Rio will ich die nächsten beiden Tage vollends auskosten. Daher beschliesse ich am Morgen des bewölkten 08.05.12 eine Stadttour zu machen (andere Sehenswürdigkeiten spare ich mir für morgen auf, wo ich schönes Wetter bestellt habe). Die Gesinnung einer Stadt lernt man am besten kennen, wenn man die U-Bahn benutzt. So tauche ich mitten in Rio de Janeiro’s Alltagsvibe der Rushhour ab, als ich bei der Station „Glôria“ die Treppen zur Metro hinunter steige. Die Stimmung ist geschäftig, aber ich bin mir sicher, in ihrem Hinterkopf haben sie Samba, Strand und die Highlights des gestrigen Fussballspiels. Rio ist eine vibrierende Stadt – und dies nicht nur zur Zeit des Karnevals! Im historischen Zentrum mache ich meine Tour und sehe nebst historischen Häusern, gemütlichen Pubs, eifriger Einkaufsmeile die  interessante Wanderausstellung von Yann Arthus-Bertrand, die verschiedene atemberaubende Fotos der Erde von oben zeigt (mehrere der dargestellten Schauplätze habe ich auf meiner Reise besucht!). 
Pictures of…
...the moment...
...in Rio
Baer steht auf Rio
The Arches
Das Wetter ist am 09.05.12 wie bestellt sonnig! Nichts wie los zur 38m hohen Christusfigur auf dem Gipfel des Corcovado, dem Wahrzeichen von Rio und einer fesselnden Aussicht auf die zweitgrösste Stadt Brasiliens. Nach diesem Zückerchen, geht’s direkt weiter mit der Seilbahn auf den Zuckerhut, wo ich mit einer ebenso schönen Aussicht auf den Yachthafen und den Copacabana Strand belohnt werde. Danach geht’s noch kurz an den Strand im Stadtteil Copacabana, bevor ich nach meinem Blitz-Sightseeing ins Hostel zurück gehe und meine sieben Sachen zusammenkrame und mich am späten Abend zum Flughafen aufmache, um meinen Flug via Panama nach New York zu erwischen.
Who’s Jesus now?
Blick vom Zuckerhut

Und hier noch das ganze Rio-Panorama
Ohne Worte

Der Zuckerhut von Copacabana aus :-)



“Travel and change of place impart new vigor to the mind.” – Seneca

Cheers
Alex

* Für mehr Infos zur Arbeit meiner Cousine: www.lichtfluss.org