[Osterinsel (Rapa Nui) 1]
Ich bin
sicher, dass jedem, der den Titel „Osterinsel“ liest, zuerst die Steinköpfe aka
„Moai“ in den Sinn kommen. Genau dies ist ein Punkt, den ich zumindest seit dem
Level 3 „Easton Kingdom“, mit den rollenden Steinen und Moai, vom 1990 Super Mario
Land auf dem Gameboy, auf meiner „Bucket List“ habe. Die knapp 4000 km vom
Chilenischen Festland entfernte Vulkaninsel hat jedoch noch viel mehr zu bieten,
als die merkwürdigen Skulpturen.
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Ahu
Tautira am Hafen von Hanga Roa |
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…ohne
Worte… |
Auf der
Osterinsel, oder „Rapa Nui“, wie sie auf der Sprache der Ostereier, äh Rapanuii
heisst, ist das Leben noch in Ordnung. Schnell habe ich die relaxte Lebensart,
die Offenheit und das Lächeln der Insulaner angenommen. Dank einer gewissen
Souveränität von Chile konnte der Vibe einer ozeanischen Pazifikinsel (wie
Hawaii oder Fidschi) erhalten werden. Die Geschichte der Insel ist etwas
tragischer. Zwischen 450-800 n.Chr. besiedelten die Polynesier die Insel und
begannen irgendwann mit dem Errichten der gigantischen Moai, die aber bei blutigen
Stammeskämpfen über Territorium und Ressourcen (es gab sogar Kannibalismus) im
späten 17. Jahrhundert von ihren Ahu (zeremonie-Plattformen) gekippt wurden. Daher
liegen viele der erodierenden Giganten heute auf dem Boden. Erster Kontakt mit
Europäern war am Ostersonntag 1722, wo eine Holländische Expedition unter
Admiral Jacob Roggeveen die Insel erreichte. Daher der Name Hase.:-) Danach
kamen die Franzosen, Nordamerikaner und später Sklavenhändler, welche die
Bevölkerung deportierten und bis auf ein paar hundert Rapanuii dezimierten. Die
katholischen Missionare in 1870 erniedrigten dann noch die lokale Kultur und die
spätere Schafherden-Kolonisierung (zur Wollen-Gewinnung) der Franzosen sorgte
für die letzte Ausbeutung der Ressourcen und den Bewohnern. 1888 wurde die
Insel von Chile annexiert und 1935 über 1/3 der Fläche zum Nationalpark
erklärt. Heute leben etwa 4400 Bewohner auf der Insel, die kulturell mit einem
Fuss in Südamerika und einem Fuss in Polynesien stehen. Das einzige Städtchen
„Hanga Roa“ zeugt mit seiner Handvoll Restauräntchen, Hostels und Souvenirshops
von Moai-, Tauch-, Surf- und Paradiesinteressierten Touristen, deren 50‘000 pro
Jahr die Insel besuchen. Pssst… die Rapa Nui ist ein absoluter Geheimtipp. Noch
ist die Originalität nicht ganz zerstört – und das ist gut so.
Als ich am
frühen Nachmittag des 19.04.12 wiedermal in einem Garten Eden auf Erden – einem
zudem sehr mystischen – lande, wird als erstes mein Gepäck inspiziert. Von
einem Drogenhund, der mit den Koffern, Paketen und Rucksäcken die Runden auf
dem Gepäckband dreht. Ein ulkiges Bild. Es scheint ihn nicht zu stören, dass
mein Rucksack nach einem Gemisch von Hühnerkacke und faulen Eiern stinkt. Mich
schon! Irgendetwas total Ekliges muss im Gepäckraum des Flugzeugs ausgelaufen
sein. Für diejenigen, die meinen Blog verfolgen ist das ja nichts Neues (obwohl
lange nichts mehr passiert ist. Knock on wood!). Lonely Planet empfiehlt mir „Residencial
Ana Rapu“, wobei ich zugunsten einer gründlichen Rucksackwäsche (mein treuer
Begleiter ist übrigens ein Geburtstagsgeschenk zu meinem 30igsten, Danke
nochmals!) einen Blitzentscheid treffe. 21‘000 Peso (ca. 40 CHF) sind zwar viel
zu teuer, dafür ist ein mickriges Frühstück und das entspannende Geräusch der
Wellen inklusive. Die Sonne scheint, das Klima lässt mal wieder kurze Hosen,
T-Shirt und Flipflops zu – ein Ort zum Ferien machen! Dank der Zeitverschiebung
von 2h gegenüber dem Festland bleibt mir trotz 4h Flug der ganze Nachmittag, um
eine neue, günstigere Unterkunft zu suchen, Tauchshops- und Travelagencies
abzuchecken und leckere Nudeln in einer Strandbar zu schlemmen. Um vollends in
den verchillten Inselgroove zu kommen, sitze ich in Stille bei der nahegelegenen
Moai-Gruppe „Ahu Tahai“ und sehe zu, wie die Sonne langsam im Meer versinkt und
den Himmel in alle möglichen Farben tunkt.
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Drogeninspektion am Flughafen |
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Shooting
für Werbeplakat-Baer war dabei |
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Magischer
Sonnenuntergang… |
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…bei
Ahu Tahai |
Im Hostel
„Miru“ bei der herzlichen Sandra, die man ohne Weiteres als Mutterersatz
bezeichnen könnte, checke ich am 20.04.12 ein und habe ein Sauglück, dass die
Dorms ausgebucht sind und ich ein luxuriöses Zweierzimmer (inkl. eigenem Bad!)
zum Dorm-Schnäppchenpreis von 10‘000 Peso (ca. 20 CHF) bekomme. Das beabsichtigte
Tauchen an diesem Tag fällt ins Wasser, da zu starker Wellengang herrscht. Mein
Plan B ist schnell evaluiert: Drahtesel mieten und die Insel erkunden. Das
etwas bewölkte Wetter ist perfekt, denn auf der grünen Grasinsel gibt’s fast
keine schattenspendenden Bäume. Meine Tour um die nördliche Inselroute führt
mich zuerst zu „Puna Pau“ (kleiner Vulkankrater, wo die Haarknoten/Hüte der
Moai aus Stein – so schwer, wie zwei Elefanten – gehauen wurden), dann –
gottseidank, es geht bergab – zu „Ahu Akivi“ (sieben enigmatische Moai blicken
auf die weite See heraus und bei Tag- und Nachtgleiche stehen sie direkt im
Mittelpunkt des Sonnenuntergangs). Das Schöne – nebst den eindrücklichen
Steinköpfen und der sagenhaften Natur – ist, dass weit und breit beinahe kein
Tourist in Sichtweite ist. Weitere Sehenswürdigkeiten auf meinem Ausflug sind „Ana
Te Pahu“ (Lavahöhlen, wie ich sie schon im Craters of the Moon Nationalpark im
Bundesstaat Idaho in den USA gesehen habe) und „Ana Tepeu“ (archäologische Stadtruinen
und umgekippte Moai). Ich strample weiter über die holprige, mit Schlaglöchern
durchzogene Naturstrasse, entlang der rauen Küste, vorbei an weiteren
Lavahöhlen und Moai zurück nach „Hanga Roa“, wo ich nach einer bitternötigten
Empanada und eiskalter Goggi-Erfrischung, bei den Tahai’s abermals dem
fantastischen Sonnenuntergang beiwohne.
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Who's Moai? |
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Umgekippt |
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Can't get enough! |
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Ahu Akivi & The Baer |
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Etwas waghalsig |
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Ahu
Akapau & The Wave |
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Die
Augen des Moai… |
Selbstverständlich
ist 20 Uhr zu spät, um mein für einen Tag gemietetes Fahrrad zurück zu bringen;
obwohl der Shop bis dann offen sein sollte. Leute, hier herrscht ein anderes
Zeitgefühl! Null problemo, für einen kleinen Aufpreis am nächsten Morgen, kann
ich mein Drahtesel noch um einen halben Tag verlängern, um, flink in die
Pedalen getreten, meine Morgensport-Tour
zu den „Ahu Vinapu“ anzutreten. Die vorbeibrausenden Touristenbusse wirbeln
zwar viel Staub in die Fresse des keuchenden Baer, aber das grösste Hindernis
heute scheinen die verdammten Strassenhunden zu sein! Kurz vor dem Schauplatz
mit den an die Inkakultur (!!!) erinnernden mörtellosen, aber makellos
aufeinandergeschichteten Moai Plattformen (und den umgekippten Moai) werde ich
von zwei aggressiv bellenden Kötern regelrecht gehetzt. Mein „Gschhhhht“
befreit mich nicht davon stärker in die Pedale zu treten – und dann geht’s erst
noch Bergauf! Schweissüberströmt komme ich an der an einer Brandung gelegenen Stätte
an, die blutrünstigen Bastarde zum Glück abgehängt. Ich überlege mir schon, wie
ich auf dem Rückweg die fiesen Wegbelager austricksen könnte (mein einziger
Joker sind meine stählernen Waden und die Kekse im Rucksack). Von weitem höre
ich sie bereits kläffen, da finde ich gottseidank eine Alternativroute zurück
ins Dörfchen. Diese führt mich noch an „Ana Kai Tangata“ (Lavahöhle mit
Höhlenzeichnungen) und gigantischen, killerwellenbrechenden Klippen vorbei. Den
Rest des Tages nehm‘ ich es gelassen. Gemütlich und an nichts Böses denkend,
spaziere ich zu meinen Tahai-Moai für das abendliche Sonnenuntergangsprogramm.
Als gebranntes Kind ignoriere ich die unterwegs lauernden (zumeist friedlichen)
Strassenhunde selbstbewusst. Zumeist! Nichts ahnend schlendere ich der Küste
entgegen, da höre ich hinter mir, wie sich ein Köter anschleicht. Ich drehe
mich nicht um und wiege mich in einer offensichtlich falschen Sicherheit. Denn plötzlich
schnappt seine scharfe Schnauze nach meinen Flipflops, nur wenige Zentimeter von
meiner Ferse entfernt. Knurren und Bellen folgt. „Gschhhhht“ zische ich in
aggressivem Ton und gottseidank pfeift von weiter hinten eine einheimische
Polynesin, die auf dem Fahrrad entlang kommt und den Drecksköter von seinem
Vorkommen abhält, mich zu zerfleischen. Die Kulisse des Sonnenuntergangs
vor den Steinköpfen ist einmal mehr gigantisch und bringt mich auf andere
Gedanken, obwohl ich beim Nachhauseweg bei jedem Hund zusammenzucke.
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Inka-Kultur-Artige-Mauer |
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Passendes
Schild zum Hund |
Für den
etwas grösseren Loop, die Nordostroute, buche ich am 22.04.12 eine Tagestour
mit Guide, um von ihm die letzten Information über die geheimnisvolle Kultur
der Rapanuii heraus zu kitzeln. Unsere Tour führt uns zuerst zu „Vaihu“ (acht
umgekippte Moai und deren Haarknoten/Hüte liegen auf dem Boden), danach zu „Ahu
Akahanga“ (ebenfalls beim Stammeskampf umgekippte Moai) und zum atemberaubenden
„Ahu Tongariki“ (15 majestätische Moai thronen an der Küste). Dank einem
japanischen Grossprojekt wurden diese 15 Moai, welche 1960 von einem Tsunami
umgeworfen wurden, zwischen 1992 und 1995 wieder aufgestellt…dafür gibt’s nun in
Hanga Roa ein Sushi-Restaurant und im Supermarkt ein Regal voller asiatischer
Instant-Nudeln.:-) Beim Stopp bei „Rano Raraku“, wo die Moai aus dem Vulkangestein gehauen wurden,
wandere ich in Staunen zwischen unzähligen halbgefertigten und zum Abtransport
bereiten Moai. Unweigerlich überkommt mich das Gefühl der Legende, dass die
Steinfiguren hinter meinem Rücken urplötzlich von Aliens auf magische Weise zum
Leben erweckt werden und anfangen zu laufen. Danach geht’s noch zu „Ahu Te Pito
Kura“, dem grössten (fast 10m grossen) Moai, der ebenfalls mit dem Gesicht zu
Boden liegt. Ein weiteres interessantes Feature hier, ist der „Nabel der Welt“,
ein Stein der magnetisch ist (die Kompassnadel spielt wirklich verrückt hier!).
Ihm wird magische Kraft zugesprochen. Selbstverständlich berühre ich ihn, um
mich mit super-charged-energy aufzuladen. Der letzte Halt ist beim Strand
„Anakena“. Zeit zum Baden, unter dem verchillten Kokosnuss-Hain zu dösen und
die Moai „Ahu Ature Huki“ und „Ahu Nau Nau“ zu bewundern.
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Chillende
Moai |
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Ahu
Tongariki in its glory |
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Where
is the Baer now? |
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Bei Rano Raraku einmal ohne… |
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…und
einmal mit Baer |
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Schöne
Aussichten am Kratersee ;-) |
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Supercharged-Baer |
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Der
Palmenwald… |
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…und
die Ahu Nau Nau |
Am heutigen
Abend (mein einjähriges Reise-Jubiläum übrigens) lasse ich mein tägliches
Sonnenuntergangsprogramm zugunsten des Blogs für einmal aus. Bei Remembertrance
und inspirierendem, chilenischem Rotwein zelebriere ich und tippe diese Zeilen
und hoffe, dass sie nach dem Gusteau meiner treuen Whereisthebaer-Fangemeinde
kommen.:-)
"[They]
seemed to be triumphing over us, asking: 'Guess how this engineering work was
done! Guess how we moved these gigantic figures down the steep walls of the
volcano and carried them over the hills to any place on the island we
liked!'" – Thor Heyerdahl
In dem
Sinne Cheers
Alex aka
„The Baer“
PS: Nach
meinem Sankt Gallischen-Slang „Affääschnörhli“ habe ich mir zu Abwechslung
wieder mal ein mexikanerhaftes Gigolo-Schnäutzchen rasiert. Freiheit!;-)
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