Wenn ich an
die Heimat in der Schweiz denke, fällt es mir schwierig vorzustellen, wie dort
langsam Frühling wird, während ich weiter südlich in windige, herbstlich-kühle
und gelb-rot gefärbte Regionen vordringe. Ich geniesse jedoch den
Temperaturkontrast zu Iguazú oder Buenos Aires und es geht mir nach wie vor
supergut und ich bin glücklich – auch wenn ich mein Zuhause zeitweise
selbstverständlich vermisse. Was mir am meisten fehlt sind meine Familie und
Freunde, mein F6-Zuhause, das Essen (inkl. Kochen), die heimischen Parties :-),
das Fitnessplus und – ja ihr lest richtig – etwas auch ein geregeltes
Arbeitsleben. Was ich beim Reisen am meisten schätze, ist der konstante Feed
von neuen Eindrücken, Kulturen und Abenteuern, das Leute kennenlernen, das
Gefühl vom frei sein und selbstredend alle News von Zuhause.;-)
Die 31h Busfahrt
am 24.03.12 von Puerto Madryn Richtung Süden, entlang der Ostküste von
Patagonien ist öde, aber beflügelnd für tiefe Gedankengänge. Endlos flache,
steppenartige Pampa (soweit das Auge reicht), kilometerlange Zäune entlang der
Strasse (wer die wohl alle gebaut hat?) und die Tafel an der Strasse zeigt
Ushuaia 1100km (während Vin Diesel fast&furious über den Bildschirm
flimmert). Diesmal habe ich nur Cama gebucht, das heisst 180° Schlafkomfort in
halbliegender Position. Der servierte argentinische Snack ist alles andere, als
vegetarisch… zum Glück betreibe ich mein in Indien von Hanna und Theresa angelerntes
on board Self-Catering mit leckerem Sandwich, Chips und Keksen. Am Morgen früh
in Rio Gallegos wechsle ich den Bus nach Ushuaia und döse durch die immer
schaler werdende Gegend, bis wir an die chilenische Grenze kommen. Den Zoll-Papierkram
im Bus ausgefüllt (zum Glück hab ich die erforderlichen Papiere noch in Rio
Gallegos organisiert), die Äpfel rechtzeitig weggeworfen (Chile ist strikt mit
der keine-Früchte-Käse-Fleisch-Importpolitik), verläuft der Grenzübertritt
reibungslos… Als ich nach dem Passstempeln in den Bus zurück kehre, sehe ich jedoch
grad, wie der Grenzhund an meinem Self-Catering Säckchen schnüffelt… Fuck, ich
hab ja noch ein Käsesandwich drin! Der Grenzwächter lässt fünf gerade sein (ist
aber wohl etwas neidisch, weil ich so ein gutes Brötchen hab). Weiter geht die
Fahrt. Die Steppe ist etwas hügliger und beherbergt nun viel Gras, unzählige
Schafe, vereinzelt Lamas und Füchse. Unverändert säumen Zäune den Weg und ich
vertreibe die Zeit mit Schlafen, Sinnieren, Musikhören und Hörbüchern… In der
Region „Tierra Del Fuego“ erheben sich, je südlicher wir kommen, hohe, teils
schneebedeckte Berge in den Schönwetterhimmel, moosbehangene Wälder säumen die
Strasse und selbstverständlich Zäune… nach einem wunderbaren Sonnenuntergang
komme ich am Abend des 25.03.12 fix und fertig von der langen Reise im frischen
Ushuaia, am Ende der Welt an. Ushuaia hat etwa 70‘000 Einwohner und ist DER
Ausgangspunkt für Antarktis-Expeditionen. Das letzte Schiff für diese Saison
ist jedoch bereits in den See gestochen, daher steht für mich die luxuriöse
Versuchung (last Minute ca. 4000 USD) gar nicht erst zur Diskussion.
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Grenze
zu Chile: Nicht nur bei mir ein Auge zugedrückt |
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Mit
Jessi+Ayla zum Ende der Welt |
In meinem
Zimmer im Freestyle Hostel ist Jessi (die Freundin vom "Philipp":-)) aus
Deutschland. Fast auf Anhieb verstehen wir uns super.;-) Aller guten Dinge sind
drei… so stösst am nächsten Morgen Ayla (ebenfalls aus Deutschland) hinzu und
wir beschliessen spontan zusammen eine Bootstour auf dem grau-blauen „Beagle
Channel“ zur Seelöwenkolonie auf der „Isla de los Lobos“ zu machen. Jessi
bemerkt Running-gag-mässig passend: „Die Tiere sind soooooo süssss!“:-) Die
Gegend mit dem Meer und rundum die
schneebedeckten Bergspitzen erinnert mich total an den good ol‘Zürichsee. Aber
auch Ushuaia selbst hat etwas – nicht nur wegen dem kalten Klima – von einem
touristischen Alpendorf: Aalglatte Kleiderboutiquen, Uhrenläden und
Souvenirshops in holzigen Häusern, etwa, wie sie in Zermatt oder St. Moritz zu
finden sind. Später am Abend stösst noch Simon aus Australien zu unserer Truppe
und zur Feier des Tages „kochen“ wir einen leckeren Royal Salad.
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Der
Leuchtturm im Zürichsee? |
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Vogelzuschauer
beim Robbenkonzert |
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Seehund-Tauchspass |
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Fast,
wie zuhause |
Während die
organisierte Ayla am 27.03.12 auf ihre Pinguinentour geht, schlüpfen Jessi,
Simon und ich in unsere Hiking-gear und machen uns auf zum „Parque National
Tierra del Fuego“ für eine gemütliche Wanderung durch den Hänsel und Gretel
Wald. Die 5h auf dem gut markierten „Sendera Costera“-trail vergehen wie im
Flug, während wir herum blödeln, uns Stories erzählen und im vermeintlichen
Windschatten unsere mitgebrachten Sandwiches essen. Die in Sonnenschein
gehüllte, herbstliche Gegend mit Schneebergen als Kulisse ist wunderschön…und…wart
mal…sie erinnert mich irgendwie an die Schweiz!:-) Ein leckeres Abendessen und mein
südlichster Rum+Coke im Irish Pub am Ende der Welt (leider ist es nicht das
südlichste Pub der Welt, denn dies ist in einer ukrainischen Forschungsstation
in der Antarktis) runden den grossartigen Tag ab.
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Südlichste
Poststelle der Welt |
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Znünipause
mit Jessi+Simon |
Das goldige
Wetter am 28.03.12 schreit regelrecht nach einer weiteren Wanderung. Bis Jessi,
Simon und ich uns entschieden ;-) und ohne Kontamination die Wanderschuhe
angezogen haben ;-), ist es bereits Mittag. Das Taxi bringt uns bis zur
„Aerosilla“, dem Sessellift, den wir aber links (also eigentlich rechts) liegen
lassen und den steilen Aufstieg zu Fuss beginnen. Mit der Zeit ziehen Wolken
auf und der eisige Wind fegt uns fast vom Weg. Auf dem Plateau angekommen haben
wir ein top Panorama auf Ushuaia, den Beagle Channel und weiter oben sehen wir
den Gletscher. In Anbetracht der Kälte, des Windes und des leichten Regens
machen wir uns jedoch auf den Abstieg. Im King Crab-Restaurant gibt’s ein
Farewell-dinner für Ayla, die wir nur schweren Herzes zurück nach Buenos Aires
fliegen lassen. Ayla, Jessi und Simon gehören zu dem Typ von Reisegefährten,
von denen der Abschied schwer fällt, obwohl wir uns erst ein paar Tage (und
doch so gut) kennen. Es gibt Konstellationen, da stimmt die Chemie einfach und
man wünscht sich, man hätte die gleiche Reiseroute.
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Herbstwald
auf dem Weg zum Gletscher |
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Es
ist kalt… |
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..und
windig.. |
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Keksmonster
von Glaciar Martial |
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Farewell
von Ayla |
Am Morgen
des 29.03.12 verlässt uns auch Jessi, die Ayla in Buenos Aires wiedertrifft um
mit ihr zusammen nach Iguazú zu gehen. Simon und ich frönen einem Chillout Tag
in der angenehmen Wärme der Hostelwände. Als wir noch eine Nacht verlängern
wollen, müssen wir erfahren, dass das Freestyle Hostel komplett ausgebucht ist.
Der Besitzer fasst sich jedoch ein Herz und lässt uns im Etagenbett des
TV-Zimmers übernachten, wo wir die belgischen Mädels verscheuchen, die America’s
Got Talent schauen (meines Erachtens eh kein grosser Verlust). Der Bus die zurück
via Rio Gallegos (12h) nach El Calafate (nochmals 4h) geht bereits in aller
Herrgottsfrühe um 5 Uhr des 30.03.12. Kaum habe ich nun auch noch Simon
verabschiedet, lerne ich im Bus nach El Calafate Almut aus Deutschland, Alicia
aus Australien und Sean aus den USA kennen. Im sehr touristischen El
Cafélatte…ääh…Calafate checke ich im gemütlichen I Keu Ken Hostel ein. Das
warme Wohnzimmer, die freundliche Atmosphäre und die chilligen Sofas vor der
Panoramascheibe, mit dem Ausblick auf den türkisblauen Lago Argentino, laden
zum verweilen ein. Am 31.03.12 machen wir einen Ausflug zum „Perito Moreno“-Gletscher,
Hauptattraktion der Region. Trotz Sonnenschein sind die Temperaturen (vor allem
der Wind) eiskalt und ich wünschte mir eine warme Daunenjacke. Das Boot bringt
uns nahe zum gigantischen, türkisblau schimmernden Gletscher heran, der sich
täglich mehrere Zentimeter fortbewegt und wir werden mehrmals Zeuge, wie
Gletscherteile mit Getöse ins Wasser abbrechen. Auch die Sicht bei den gut
angelegten Aussichtsplattformen ist majestätisch – wär da nicht dieser eiskalte
Wind. Und prompt hole ich mir einen Schnupfen! Mein Highlight des Tages ist
aber ein viel bescheideneres, dafür umso herzlicheres Vergnügen: Ein
Skype-Telefonat mit Jay und meinen F6-Ladies, die gerade zuhause im Bolero nach
guter, alter Manier steil gehen.:-) Miss youuuuu!
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Bootsfahrt
zum Gletscher… |
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…tosend
bricht ein Stück ab |
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Auch
die Aussicht von oben ist grandios.. |
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…speziell
diese!:-) |
Die
nächsten zwei Tage gilt „dolce far niente“. Im Hostel lerne ich Elena und David
aus Deutschland kennen, die ebenfalls am Abend des 02.04.12 nach El Chaltén
fahren. Die etwas teurere Busgesellschaft gewählt, witzle ich vor der Abfahrt
noch, dass ich ihnen dann zuwinken werde, wenn ich sie mit meinem luxuriösen,
neuen Bus überhole. Und prompt auf dem Weg hat mein Bus eine technische Panne und
wir bleiben etwa 1h stehen, während Elena und David an mir vorbeifahren und vor
mir im 3h entfernten El Chaltén ankommen. Als ich müde und deprimiert wegen dem
Regen und starken kalten Wind im Busterminal von El Chaltén einfahre, warten
Elena und David auf mich und offenbaren mir, dass sie mir das letzte verfügbare
Zimmer im Condor de Los Andes reserviert haben. Ein herzlicher Zug, den ich
niemals vergessen werde! Daaaanke!!! El
Chaltén, am 12 Oktober 1985 gegründet, und somit Argentiniens jüngste Stadt,
ist ein Mix aus Wildwestkaff und Alpendorf und Zugang zu den Bergmassiven des
Cerro Torre und des Fitz Roy. Die vielen Hostelbaustellen, Trekkingshops,
Schokoladen- und andere Souvenirläden zeugen davon, dass der Tourismus
Haupttreiber ist – aber nur im Sommer! Ende April werden über Winter die
meisten Aktivitäten „auf Eis gelegt“ und es harren nur noch ein paar Hundert
Leute die kalten Temperaturen aus.
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Willkommen
in El Chaltén.. |
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..und
beim Fitz Roy |
Das Wetter
am 03.04.12 ist – abgesehen von den eisigen Windböen, die über die
schneebedeckten Berge fegen – wieder strahlendblau und wir fühlen uns total
ready für eine Wanderung zum prächtigen Fitz Roy-Gebirge mit seiner rauen
Wildnis und den Hai-Zahn-Gipfelartigen Bergen. Nachdem wir ins Albergue
Patagonia Hostel gewechselt haben, werden wir am Mittag vom Minibus abgeholt
und zur Kreuzung bei „Hosteria El Pilar“ gebracht. Von dort beginnt unser 5h
Trekking entlang des Flusses Rio Blanco zum Glaciar Rio Blanco und entlang des
Fitz Roy‘s zurück nach El Chaltén – zunächst noch in der Sonne. Nach etwa 15
Minuten ziehen Wolken auf, die die Gegend in Grau hüllen und später für
peitschenden Nieselregen sorgen; selbstverständlich immer begleitet von
starkem, eisigem Wind. Während wir uns die Spitzen des Fitz Roy vorstellen und
durch wundervolle herbstlich-rote Wälder wandern, lassen wir uns den Spass
nicht verderben und ich bekomme fachmännische geologische Aufklärung von Elena
und David über Zerr- und Nährgebiet des Gletschers, bis zur tiefgründigen Kunst
der Wort-falsch-Interpretation (habe ich jetzt grad „kommen“ geschrieben?).:-)
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Noch
zeigt sich der Fitz Roy.. |
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..beim
Posen am Gletscher ist alles grau |
Am nächsten
Tag ist das Wetter wieder perfekt, doch wir gönnen uns einen faulen Tag im
Hostel, kochen lecker und planen die Weiterreise. Nun gibt’s nur noch das
Problem unserer Bleibe zu lösen, denn unser Bus geht am 06.04.12 um 03.50 und
wir wollen keine zusätzliche Nacht bezahlen. Dank unserem vorbildlichen
Einschleimen bei der superfreundlichen Staff im Hostel (galant die Küche
putzen, aufmerksam das abgezogene Bettlaken zurückbringen), dürfen wir –
pssst…gegen die Regel des Besitzers – den ganzen 05.04.12 im geheizten
Gemeinschaftsarea verweilen, bis unser Bus fährt. Nicht nur wegen der
liebenswürdigen Staff, sondern auch wegen der Stimmung, Sauberkeit,
Preis-Leistungsverhältnis und der gemachten Betten am Morgen, kann ich die
Albergue Patagonia sehr empfehlen! Keine fünf Minuten im kuschligwarmen Bus,
schlafe ich ein und schlaf-döse beinahe die ganzen 13 Stunden öde Fahrt nach
Los Antiguos durch (das ist etwa einem Lotto 6er gleichzusetzen). Dort
angekommen verabschiede ich mich von meiner super Reisebegleitung Elena und
David – auf ein baldiges Widersehen entweder unterwegs oder spätestens zuhause
in Deutschland oder in der Schweiz. Ihnen stehen nochmals 14h Busfahrt bis nach
Bariloche bevor und ich versuche noch am selben Tag die Grenze nach Chile zu
überqueren.
“Not all
those who wander are lost.” – J. R. R. Tolkien
Cheers
Alex
Who the hell is jenni?
AntwortenLöschenYeeeah... Test bestanden...da liest jemand meinen Blog aufmerksam.:-)))
AntwortenLöschensitze im büro, lese und schwelge in erinnerungen. schön geschrieben!!!
AntwortenLöschen@David: Recht hast du, einen Gang zurück zu "Chalten" + in Erinnerungen zu schwelgen. Meine Reise geht noch etwas weiter...bin grad beim Flughafen ange"kommen" und flieg heute auf die Osterinseln!:-) Liebs Grüessli, Alex
AntwortenLöschenwow!!! osterinseln, wie schööön!!! der plan steht noch, dass du mit nem frachtschiff zurück kommst? bin auf weitere kapitel deines blogs gespannt. have a save trip my son. big up!
AntwortenLöschen@David: Yup, Osterinsel, da bin ich! Ein zweifelsohne magischer Ort. Die Planung des Frachtschiffs ist im Gange… zu 95% gibt’s also auch noch ein Kapitän Baer Blog-Update.:-) Keeping you posted…. Cheers
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