Freitag, 20. Mai 2011

Jurassic Park Feeling im Corbett Nationalpark

Samstagmorgen früh, am 14.05.11, reist Marco zurück in die Schweiz. Von nun an muss ich mich ganz alleine gegen die 1.3 Mia Inder behaupten.:-) Um mich auf Backpacking einzustimmen nehme ich mir das YWCA Blue Triangle Family Guesthouse, und tausche Pool gegen harte Pritsche und 5-Stern Komfort gegen amerikanische Studentinnen „auf Spuren des Dalai Lama“ ein.
Ich erhalte ein SMS. Mein neuer Kolleg von der Indischen Oberschicht will mit mir ausgehen – Marco und ich müssen Spuren hinterlassen haben!:-) So gönne ich mir ein Warmup im Q’BA mit 4 Morgan&Coke und als Abendessenersatz die dazu beigestellten Erdnüsse. Bad idea. Ich esse zu viele Erdnüsse, mir wird kotzübel (vom Morgan Spiced kann das ja wohl nicht kommen!). Darum bin ich eigentlich ganz froh, als ich ein SMS erhalte, er könne doch nicht kommen, da er kurzfristig am SO früh nach Jaipur fliegen muss.
Mein darauffolgender Sonntag wird ein klassischer Hangovertag, wobei ich zwischen Halbwachzustand und Schlafen bzw. Wehleiden und Selbstbemitleiden schwebe. Die absolute Krönung  (und überhaupt nicht förderlich für meinen Zustand) ist die nahegelegene Sikh Stätte „Gurdwara Bangla Sahib“, welche seit Morgen um 7 Uhr nonstop lauthals bis ins Knochenmark dringenden Gebetsgesang aus den Lautsprecher direkt in Richtung mein Fenster trällert. Nach Einbruch der Dunkelheit wage ich es, mein Zimmer zu verlassen, um mir bei Mc Donald’s etwas Ungesundes zu gönnen.
Am Montag 16.05.11 besichtige ich die grüne Oase Delhis, die paradiesischen Lodi Gärten und mache zwei bahnbrechende Entdeckungen, die zwei Feststellungen aus Phase 2 teilweise wiederlegen sollen:
Erstens: Im Schutze der Bäume und Gebüsche der Lodi Gärten treffen sich junge Inderpärchen um Händchen zu halten und gar miteinander zu Knutschen. Uiiiiii…
Zweitens: Es gibt hier eine Joggingroute und ich sehe sogar Inder JOGGEN! Chapeau. Mir läuft der Schweiss schon vom Herumlaufen im Park und meiner „Indischen Pärchen Studie“ runter.:-)

Inderin beim Walken..hopp hopp!

Ob er ihr wohl grad das neuste
Snake Game auf dem Handy zeigt?


Am Dienstagabend breche ich mit dem Nachtzug vom 17.05.11 auf den 18.05.11 nach Ramnagar auf, wo ich den Corbett Nationalpark besuchen will. Ich schlafe miserabel im Zug. So nehme ich mir, 04.30 Uhr in Ramnagar angekommen, erst mal eine billige Abstiege und schlafe auf dem härtesten Bett EVER etwas nach (ja, sogar der Rasen des Geisi ist weicher!).
Am Nachmittag beginnt meine Safari mit Übernachtung im Park. Mit Proviant im Rucksack (so, wie wir das von unseren Deutschen Indienvorbilder gelernt haben) entere ich die Gates des Nationalparks. Ich habe einen eigenen Fahrer, einen eigenen Jeep und kaufe mir noch den coolsten Wildhüter-Hut, den ich finde. Es kann los gehen.
Wo geht’s zum Jurassic Park?
Sogar die Inder sind auf mich vorbereitet:
The Wild Crest

Der Anfang der Safari gestaltet sich etwas öde. Bis auf ein paar doofe Vögel und Hirschartige Geschöpfe sehe ich nicht viele Tiere. Ich finde es jedoch endcool auf dem Sitz zu stehen und während der Jeep durch den Wald pirscht oben herauszuschauen. Die Ruhe der Natur und die frische Waldluft tun mir gut nach dem busy Delhi.
Plötzlich bremst mein Driver und sagt „Tiger, Tiger!“. Sofort versinke ich von der ach so coolen 360°-Übersicht-Pose in meinen „sicheren“ Jeepsitz. „No, no… go up!“ befiehlt er mir. Und da sehe ich den Tiger auch schon stolz und gemächlich ca. 10m vor unserem Jeep aus dem Gebüsch laufen. Ich habe beste Sicht! Mein Driver ist selber aus dem Häuschen.  Etwas komisch ist das Gefühl jedoch schon: Was, wenn das Tier Hunger hat und sich mit einem Katzensprung auf uns in der nicht geschlossenen Shebadose stürzt? Wir hätten wohl keine Chance gehabt. Er macht sich zum Glück davon ins Gebüsch. Die anschliessend gesichteten wilden Elefanten, Krokodile, Affen, Wilschweine, Rehe und Hirsche sind nur halb so eindrücklich…
Der Tiger kommt aus dem Gebüsch…
…und verschwindet auf der
anderen Seite der Strasse im Dickicht
Im Camp angekommen schlafe ich mit 6 pubertierenden Inder im Massenlager, das einem A/C 3rd Sleeper Nachtzug ähnelt – einfach ohne A/C. Eine crazy, versnobte und spirituell angehauchte Russin, die schon seit 1.5 Jahren auf Reisen ist (neben mir die einzige Weisse im ganzen 1‘318 km2 Park) lädt mich und ihren Indischen Driver zu einer Teeparty bei Kerzenschein ein, wo wir experimentelle Musik hören und uns übers Reisen unterhalten… Am Nächsten Tag geht’s früh raus. Wir sehen jedoch keine spektakulären Neuen Tiere mehr, hören aber die News, dass der von uns gesichtete Tiger am selben Abend noch ein Reh gerissen hat. Muss er also doch Hunger gehabt haben. Nochmals Glück gehabt, steht das Kätzchen nicht auf Sheba!
Der Elefant flüchtet ehrfurchtsvoll
vor unserem Jurassic Park-Jeep ;-)
Sonnenuntergang im Park und in
der Ferne eine Elefantenherde
Sonnenaufgang im Corbett National Park
Mr. Monkey macht ein langes Gesicht,
als er uns sieht…

Der Freitag, 20.05.11 ist wiedermal geprägt vom Busfahren. Für 180rp (das sind ca. CHF 3.60) darf ich 7.5h im heissen Localbus (ich Glücklicher sogar an der Sonnenseite!) zwischen zwei dicken Inder sitzen. Der Chauffeur spielt die ganze Zeit laute Hindimusik, schliesslich will manns noch in der hinterletzen Ecke des Busses hören und – wie solls anders sein – hupt er sich den Weg von Ramnagar nach Dehradun frei. Ich sehne mich nach einem sauberen, ruhigen, A/C gekühlten Zimmer, Chilloutmusik und dass ich mit einem Coke in der Hand unter einer kühlen Dusche stehe. Nach der Erfrischung lege ich mich auf ein sauberes, weiches, bügelfrischbezogenes Bett und esse einen saftigen Apfel und frische Mangos… Jedes Detail dieses Wunsches erfülle ich mir, als ich in Dehradun ankomme.:-)
“When we get out of the glass bottle of our ego and when we escape like the squirrels in the cage of our personality and get into the forest again, we shall shiver with cold and fright. But things will happen to us so that we don’t know ourselves. Cool, unlying life will rush in.” – D. H. Lawrence
Cheers
Alex aka “The Wild Crest”

2 Kommentare:

  1. wie schön, dass du auch mal wieder neben den dicken indern eingequetscht gesessen hast...neben die weissen setzen sich doch nur dicke Inder!! =)
    Der Hut steht dir wunderbar!
    Grüße aus Deutschland(!!!)

    deine Ehefrau

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  2. @Theresa: Hahaaa... drum flieg ich zurück von Leh nach Delhi, dann ists nur ne eingequetschte Stunde.:-) Bin nur noch ne Woche in Indien, danache verlasse ich das Land, in dem ich als Moviestar vergöttert werde.:-(
    Danke, der Turban ist aber auch sehr schick, nicht wahr?
    Geniess Deutschland!
    Dein Spirituell-Vermählter

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