Mittwoch, 1. Juni 2011

Ein Hauch von Schweiz, Tibet und Pakistan

Am 21.05.11 fahre ich mit dem Bus in das vom Schweizer Architekten Le Corbusier in den 60er Jahren entworfene Chandigarh. Ganz à-typisch Indien liegt dieser Stadt eine gewisse Planung zu Grunde. Sie ist schachbrettartig gestaltet und hat viel „gepflegte“ Grünflächen, breite Strassen und ein paar architektonisch interessante Gebäude und Monumente (zur Abwechslung mal keine Forts, Moscheen oder Tempel). Fakt ist, ich fühle mich wohl hier.
 Highlights von Chandigarh sind der Rock Garden (Park mit kurrligen Figuren+Mosaiken aus Steinen, alten Teller und sonstigem Abfall), der Rose Garden (zwar sind die Rosen etwas heruntergekommen, tragen aber amüsante Namen, wie „Lagerfeld“, „Bed Queen“ oder „You Only“) und das chillige Naherholungsgebiet um den künstlichen See Sukhna Lake (die Promenade erinnert etwas an Lugano). So absolviere ich am 22.05.11 ein Hardcore Sightseeing Programm  mit all den Krönungen der Stadt. Leider findet die Sound&Light Show im Architektur Museum wegen „technical problems“ nicht statt, aber wir sind ja hier nicht in der Schweiz, sondern in Indien.:-)
Auch mit Mosaiken…
…kann man Spass haben :-)

People are strange…
Now where is the baer?!

Chandigarh – a piece of Switzerland
High five mit der perspektivisch
kleinen Open Hand Skulptur

Seit etwa 3 Monaten habe ich meine Haare nicht mehr geschnitten und seit ca. 5 Wochen meinen Bart nicht mehr rasiert – Ferien halt.:-) Ein paar Freunde haben mich bereits liebevoll darauf hingewiesen, mein Äusseres „endlich wieder zu pflegen“ und ich werde auch des Öfteren von indischen Haarstudios zu einem „Cheap haircut, my friend“ eingeladen. Noch finde ich aber mein Reiseoutlook ganz ok. Ein Ding aus Chandigarh, das ich nicht vergessen werde, ist meine Passfoto-Session, die ich bei verschiedenen Fotostudios mache: Meine Haarlänge erlaubt nun verschiedene Frisuren-Stile, die ich an einem Abend ausprobiere (z.B. luftgetrocknet-normal, mit Gel brav zur Seite gelegt oder machomässig nach hinten geschleimt). Der Receptionist in der Hotelloby fragt sich bestimmt ab mir, weil ich innerhalb einer Stunde mit verschiedenen Frisuren aus dem Hotel laufe, um jeweils nach ca. 10 min wieder zurück zu kommen und mit neuer Frisur wieder raus zu gehen.
Vier gewinnt…

Am 24.05.11 mache ich mich mit dem Bus auf nach Dharamsala, respektive Mcleod Ganj, dem tibetanische Exil und der Homebase des Dalai Lama. Hier treffe ich die amerikanischen Studentinnen aus Delhi und per Zufall auch wieder ein Pärchen (Clara+John), welches ich bereits in Ramnagar kennen gelernt habe (mit den beiden will ich übrigens in Leh auf eine 5-tägige Wandertour gehen). Man reist wirklich nie lange alleine.
Das Klima auf ca. 2‘000m.ü.M ist sehr angenehm (tagsüber warm, am Abend lau) und es stört mich überhaupt nicht, dass es ab und zu regnet. Aber auch sonst ist das Bergdorf Mcleod Ganj entspannt und hat einen Tick mehr Liebe zum Detail, als der Rest von Indien – man merkt definitiv den tibetanischen Einfluss. Es gibt viele Touristen (ok, etwas zu viele Hippies für meinen Geschmack), gemütliche Kaffees und coole Bars. Sightseeing-mässig besichtige ich Dalai Lama’s Tsuglagkhang Complex (inkl. Kora: Man geht im Uhrzeigersinn um den Tempel) und wandere zum Bhagsu-Wasserfall. That’s it. Den Rest der drei Tage nehme ich gemütlich, plane meine Weiterreise oder treffe mich mit den Amis auf ein Kingfisher oder „Vino Tinto“. Obwohl Dalai Lama gegenwärtig „in town“ ist gewähre ich seinem coolen Vorbild aus der Schweiz ;-) kein „meet, bless&greet“, mein Kalender ist einfach zu voll!:-) Spass beiseite – ich kriege den Lama leider nicht zu Gesicht, dafür schenkt mir Alissa, der mit ihrer „Auf-Spuren-des-Dalai-Lama-Klasse“ eine Audienz gewährt wurde, ein von ihm gesegneten Glücksbringer.

Mit Alissa, Shauna und dem dicken
weissen Hasen in der Hookah Bar

AusFLUG zum Wasserfall

Dalai Lama’s way to happieness
Sonnenuntergang in “Little Tibet”
Am 28.05.11 nehme ich bereits um 04.00 Uhr den Bus Richtung Amritsar. Angesichts der frühen Morgenstunde schlafe ich im Hup-Holper-Klapperbus während der 7h Fahrt „perfekt“, eingeklemmt im Indersandwich (ich bin’s mir ja mittlerweile gewohnt…). Und schon bin ich in Amritsar, der Stadt des Goldenen Tempels. Zurück in einer lauten Grossstadt, zurück in der drückenden Hitze.
Voller Motivation besichtige ich den grössten Sikh-Tempel der Welt, der – ach du Schreck – dieselbe schröckliche Gebetsmusik über Boxen abspielt, wie damals der Tempel an meinem Hangover-Tag in Delhi. Die riesige Anlage mit weissen Marmorböden, dem heiligen Bassin in der Mitte, dem darin schwimmenden goldenen Tempel und den abertausenden von Pilger sind sehr eindrücklich. Fast unglaublich ist, dass man in der Tempelanlage (als Pilger, oder auch als Tourist) gratis übernachtet und sich gratis verköstigen kann (Täglich werden an Pilger und Touristen ca. 60‘000-80‘000 Mahlzeiten ausgegeben). Tja, Mr. Mankiw: There IS such thing as a free lunch! Ich stehe aber im Hotel, dort gibt’s Air Condition, keine Gebetsmusik und ich muss nicht dauernd so ne dämliche Kopfbedeckung tragen.:-)
Auch beim Golden Tempel habe
ich Freunde…
…egal, ob tagsüber oder nachts.:-)

Nahtlos im Anschluss an den Tempel, besichtige ich die täglich durchgeführte Flaggeneinzugszeremonie an der Grenze zwischen Indien und Pakistan. Viele Indische Touristen kommen zu diesem Spektakel. Kaum wedle ich hier etwas mit dem Schweizer Pass in der Gegend herum, werde ich äusserst zuvorkommend behandelt: Ein Soldat winkt mich elegant zur Seite, um das drängelnde, indische „Fussvolk“ zu überholen. Per VIP-Seiteneingang erreiche ich komfortabel die Foreigners Gallery, die erstklassige Sicht bietet und noch vor der VIP-, Women Only- und Indian-„Fussvolk“-Sektion ist. Endlich fühle ich mich etwas kompensiert für die tausenden male, wo ich hier in Indien als weisser Tourist über’s Ohr gehauen wurde!
Zuerst gibt es laute Punjab-Musik, wo Inderinnen aus dem Publikum  unter tosendem Beifall der Menge (animiert durch einen MC) mit wehender indischer Flagge gegen das geschlossene Grenztor rennen und anschliessend tanzen. Auch auf der pakistanischen Seite gibt’s Musik und Entertainment. Die Militärische Zeremonie (die sowohl auf der Pakistanischen, als auch auf der Indischen Seite durchgeführt wird) erinnert mehr an einen lächerlichen Cartoon, als an Demonstration von militärischer Stärke. Im Stechschritt marschieren lustig uniformierte Soldaten gegen das Grenztor, parieren und zeigen, wie erhaben sie sind. Durch den MC angefeuert ruft das Publikum Parolen – die Stimmung ist etwa einem FC Basel und FC Zürich Match gleichzusetzen, nur der Ball und das Bier fehlen. Dann wird das Grenztor geöffnet und die Flaggen der beiden Rivalen synchron eingezogen und nochmals voreinander pariert und gemessen, wer seine Beine höher nach oben schwingen kann.;-)
Privilegierte Plätze für „Foreigners“
Dämliche Show der Rivalen


„When you travel, remember that a foreign country is not designed to make you comfortable. It is designed to make its own people comfortable.”  – Clifton Fadiman
Alex
Cheers

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