Donnerstag, 16. Juni 2011

Himalaya Reloaded

Eigentlich habe ich einen fix gebuchten Flug am  11.06.11 zurück nach Delhi, wo ich zwei Tage zur Erholung ;-) gehabt hätte, doch noch bevor irgendwelche Abschiedsgedanken an meine liebgewonnenen Reisegefährten aufkommen, soll es anders kommen…
Leh von oben
Leh von unten
Das ganze Reloaded-adventure beginnt am 09.06.11, als ich meine Mails nach den sechs Tagen Trekking checke. Jay, ein guter Freund aus der Schweiz, schickt mir eine Email: Er sei vor 10 Jahren in Leh gewesen und damals hier mit dem Bus ohne Hab+Gut angekommen, da er zuvor komplett ausgeraubt worden war. Eine gute Seele habe ihn aufgenommen und in der Küche seines Guesthouses (welches drei Zimmer hatte, die aber alle ausgebucht waren) für einige Tage logieren lassen. Leider habe er den Kontakt zu dieser Person verloren und sich nie dafür richtig bedanken können. Das Mail enthielt zudem ein vor 10 Jahren geknipstes Foto, das ebendiese gute Seele und andere Personen zeigt. Er nennt mir auch ein möglicher Name des damaligen Guesthouses, das er via Google Earth ausfindig gemacht hat. Mit der Bitte (falls ich Zeit und Lust hätte) mich auf ein Sherlok-Holmes-Abenteuer zu begeben und diese Person ausfindig zu machen, die ihn damals so herzlich aufgenommen hat, habe ich eine neue, verrückte Aufgabe gefasst. Ich setze es mir zum Ziel, diese zu lösen, bevor ich Leh verlasse.:-)
Die erste Fährte erhalte ich direkt im Internet Café. Zwar kennt niemand das Gesicht des jungen Mannes (wohlbemerkt, seither sind 10 Jahre vergangen), doch der Guesthouse-Name scheint bekannt. Gleich um die Ecke sei ein Trekking-Shop und der Besitzer dort kenne den Besitzer des besagten Guesthouses. Gesagt getan. Mit aufgeklapptem Laptop betrete ich den Shop, zeige das Foto und schildere mein Anliegen. Nun ist es so, dass die meisten einheimischen Leh-ianer äusserst hilfsbereit und freundlich sind. Anstatt mich fortzujagen, weil ich nicht nach Umsatz stinke, wird mir freundlich Tee angeboten und dann mein Anliegen diskutiert. Es werden Leute herbeigerufen und jeder will einen Blick auf meinen Laptop werfen. Leider kennt niemand den Jungen auf dem Bild. Die Fährte scheint im Sand zu verlaufen. Einziger Lichtblick: Der Guesthouse-Besitzer sei am Abend erreichbar, also verabreden wir uns auf später…
Als ich am Abend voller Spannung den Shop betrete, ahne ich noch nicht, dass sich im vorliegenden Fall schon bald eine Wende abzeichnen wird. Es geht Schlag auf Schlag: Der herbeigerufene Guesthouse-Besitzer weiss leider von nichts. Ich zeige das Bild erneut herum. Die Männer diskutieren in Ladakhi. Dann sagt der Besitzer ich solle mitkommen. Noch bevor ich meinen Laptop zuklappen kann, stehe ich alleine im Laden. Ich gehe raus auf die Strasse, schaue mich um, doch ich sehe niemanden mehr. Fünf Sekunden später kommt der Shop-Besitzer mit einem etwas konsterniert wirkenden Mann, den er aus einem anderen Trekking-Shop geholt hat, um die Ecke. Ich schildere ihm die Story, während sich beim angeschleppten Mann zusehends ein übereinstimmendes Lächeln auf dem Gesicht abzeichnet. Bingo, ich habe ihn gefunden! Miru ist sein Name. Er erinnert sich an die ganze Geschichte und hat grosse Freude, dass ich ihm den Dank und die Grüsse meines Freundes überbringe. Ich lade ihn zum Tee ein und wir verabreden uns zum Mittagessen am darauffolgenden Tag, dem 10.06.11. Das lustige ist, dass sich die ganze Story etwa in einem Dreieck (Internet Café - Trekking-Shop 1 – Trekking-Shop 2) von ca. 50m abgespielt hat.
Gesucht: Zweite Person von links
Gefunden: Zweite Person von links
Beim Lunch am nächsten Tag, wo ich Miru zum Dank ein nigel nagel neues Schweizer Sackmesser schenke, sind meine Reisegefährten Clara, John und Dekel dabei. Sie wollen sich die Story live anhören. Das Guesthouse sei mittlerweile ein Hotel mit 15 Zimmern; er selbst habe eine Travel Agency und eine Apotheke, wir seien herzlich zum Abendessen in seinem Hotel eingeladen. Wir reden über unsere Trekking Tour im Markah Valley und das im Norden liegende Nubra Valley, welches die anderen gerne noch besuchen würde. Miru erzählt von einer Bike-Tour, die sein Reisebüro anbietet, welche Transport auf den Pass und dann die jeweilige Downhill-Fahrt inkl. Übernachtung im Nubra Valley beinhaltet. Da mir nicht nach Abschied ist, versuche ich noch am selben Tag den morgigen Flug nach Delhi umzubuchen, um die sensationell klingende Downhill-Bike-Tour miterleben zu können.
Trotz grosszügiger Unterstützung von Miru und etlichen komplizierten Telefonaten mit „Go Air“, kann ich meinen Flug nicht direkt umbuchen. Ich muss am nächsten Morgen um 5Uhr (!) am Flughafen den Flug persönlich umbuchen. Indien, halt.:-) Das frühe Aufstehen nehme ich für die verlockende Bike-Tour aber dennoch in Kauf. Mit Erfolg! Ich kann den Flug auf den 13.06.11 verschieben, Kostenpunkt CHF 30. Abenteuer Himalaya Reloaded, ich bin ready!
So können wir zu Viert – die Mountain-Bikes auf dem Dach des Autos – am 11.06.11 am Vormittag Richtung Nubra Valley starten. Aber was wäre ein richtiges Abenteuer, wenn das Auto unterwegs nicht noch einen platten Reifen hätte – das kommt mir irgendwie bekannt vor.:-) Naja, solange wir sicher oben – und auch wieder unten ankommen ist mir alles egal (die Strasse zum höchsten befahrbaren Pass der Welt erinnert mich nämlich sehr stark an die Strecke Srinagar – Leh, inklusive den vielen Wracks, die wir sehen).
Ready für die Talfahrt auf 5602m Höhe
Nicht runterfallen! (c) by Dagi
Oben auf dem Pass angekommen beginnt die ca. dreistündige (!) Downhill-Bikefahrt ins Nubra Valley. Das erste Drittel ist mühsam und sturzanfällig, da die Strasse nicht geteert ist und unzählige Schlaglöcher und Wasserrinnen aufweist. Zweimal verliere ich fast den Lenkgriff, als ich meine etwas übersetzte Geschwindigkeit abrupt abbremsen muss. Bei mir endet sowas meist mit einem Armbruch – ich überstehe aber alles unversehrt!:-) Die letzten zwei Drittel sind schön geteert. Wir flitzen mit summenden Mountainbike-Rädern runter während sich die Berge langsam in den Abend hüllen. Die Gegend erinnert mich etwas an Süditalien. Plötzlich eröffnet sich aus der bergigen Wüstenlandschaft das flächenweise sehr grüne Nubra Tal mit einem Fluss, der sich durch die Gegend schlängelt. Herrlich!

Slow Drive Long Life :-)
Nubra Valley – Oase im Wüstental

Aussicht auf dem Autodach

Die Nacht verbringen wir in einem Guesthouse, wo wir mit jungen Ladakhis Hookah rauchen und nachher alle sehr gut Schlafen. Am nächsten Tag sind wir erholt und fit für den Zweiten Teil unseres Abenteuers. Zuerst besichtigen wir die Sanddünen im Tal und ein Mönchskloster in Diskit, bevor uns das Auto wieder auf den Pass bringt. Die Talfahrt nach Leh schaffen wir in etwa 1.5h. Das erste Drittel ist auch wieder etwas holprig und mühsam, der Rest ein herrliches Downhillerlebnis bei dem wir keinmal in die Pedale treten müssen!
Being Buddha

Clara-Alex-John@Verschnaufpause.in

Nun ist die Zeit gekommen, um „bye bye and see you again“ zu sagen. Als Farewell-Dinner gibt’s Pizza und Bier in unserer Lieblings Pizzeria „Il Forno“. Während Clara + John mit dem Nachtbus nach Manali weiterreisen, Dekel sich auf ein weiteres Trekking Abenteuer zum Stok Kangri einlässt, heisst es für mich: Ab nach Dubaiiiii!
“A journey is like marriage. The certain way to be wrong is to think you control it.” – John Steinbeck
Cheers
Alex

3 Kommentare:

  1. lieber alex, deine erlebnisse lesen sich wie ein guter roman! echt hammer, was du alles erlebst und worauf du dich immer wieder einlässt! ich bin total fan von deinem blog!!
    viel spass weiterhin und liebe grüsse!
    cheers ;-) carmen

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  2. crest du bisch de geilscht!!!! eifach de geilscht!!!!!!!
    ich chas immer nanid glaube dass du die guet seel vo leh gfunde hesch!
    du hesch mir e rise freud bereitet gebruder!!!
    du wirsch na so filne guete mensche begägne uf dinere reis . .
    . .und zwei bringed dir denn na es gschänkli mit vo mir :))))))))
    gnüss latinamerika
    jey

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  3. @Carmen: Merciiii + weitererzählen!:-p Hab wieder ne geballte Ladung Action im Neusten Update. Bald folgt Kapitel Südamerika. Weiterhin viel Spass.

    @Jay: Gerngscheh Bruder! Ja, isch en grosse Zuefall und e lustigi Aktion xi. Ich cha mer vorstelle was für es Format dis Gschänkli ha wird.:-)) Cheers

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