Donnerstag, 29. September 2011

Viel Asphalt – viel Natur

[Jedediah Smith Redwoods State Park – Crater Lake NP – Craters of the Moon – Yellowstone NP – Mt Rushmore – Minneapolis]
Meine nächste Destination ist der 350km entfernte Jedediah Smith Redwoods State Park. Etwas in Nachwehen vom Titel des letzten Blogs, mache ich hier selbstverständlich den Howland Hill Scenic Drive, ein Drive-through durch den gigantischen Redwoodwald. Die Parkrangerin empfiehlt mir eine 2h Wanderung im Park, wobei ich mich beinahe verlaufe. Ich müsse keine Angst haben von den Bären im Wald, meint sie. Welche Bären? Ausser mir läuft keiner mit einer nur annähernd zutreffenderen Bezeichnung herum. Ich überlege mir bereits ernsthaft, ob ich ein Bärenkostüm mieten, und die Besucher des Parkes etwas aufmischen soll.:-) So habe ich, ausser einer Schlange, die im Gebüsch verschwindet, keine nennenswerten Tiere gesehen, dafür die massivsten und dicksten Redwoodbäume ever! Ich nehme mir ein Motel und gehe am Abend im suburbanen Crescent City noch etwas joggen.
Official Higway 1 finisher
Monster-SP-Schulbus vs. Camaro





Am nächsten Tag, den 13.09.11, erreiche ich bereits den Bundesstaat Oregon, wo man – aufgepasst – per Gesetz nicht selber tanken darf! Das ist natürlich auch eine Möglichkeit die Jobs der Tankwarte zu erhalten. Der Sprit ist dementsprechend ein paar Cents teurer, aber immer noch etwa halber Preis, als in der Schweiz. In dieser Gegend stehen keine Redwoodbäume mehr, doch die Landschaft ist noch immer grün und teilweise recht hügelig. Mein GPS dirigiert mich zielgerecht (nach 280km Fahrt) zum Crater Lake National Park, ein tiefblauer See in einem Vulkankrater. Der 53km Rim Drive auf dem Kraterrand um den See bietet mir immer wieder neue atemberaubende Aussichten. Nachdem ich dem Sonnenuntergang zugeschaut habe, fahre ich ins nächste Kaff, wo ich in einem günstigen Motel für 49 USD übernachte (eine Lodge im Park wäre zum Wucherpreis von 200 USD erhältlich gewesen).
Crater Lake Panorama..und der Camaro, der auf der Seite reingüxlet
Pinnacles Overlook: 30m versteinerte Asche-Spitzen
Abendstimmung am Kratersee

In der Morgensonne des 14.09.11 mache ich mich weiter auf den Weg Richtung Osten. Ich fahre meilenlang auf unendlich geraden Highways durch Wälder, die sich später in weite, steppenartige Felder verwandeln. Das Fahren mit Cruise Control ist bubieinfach und darum komme ich auf die Idee, ich könnte meinen Mittagssnack während dem Fahren einnehmen. Doch schon bald werde auch ich merken, dass Autofahren und gleichzeitig Essen keine gute Idee ist. Ich fahre meinen Sitz etwas zurück, damit ich mehr Platz auf den Beinen habe, die mir als Tisch dienen sollen. Schnell ist das fertig abgepackte Gemüse mit Dip auf dem Nebensitz gegriffen. Logo, mit einem Auge bin ich stets auf der endlos geraden Strasse. Einhändig und mit grösster Sorgfalt mache ich mich an das Öffnen des assortierten Tabletts und „plopp“ leert der ganze Dip auf meine Hosen und den Ledersitz… Tja Kinder, merkt euch: Entweder Fahren ODER Essen! Der Sitz ist schnell geputzt, die Hosen gewechselt und das Essen wird ab jetzt im geparkten Zustand eingenommen. Weiter geht die Fahrt. Die steppigen Felder werden langsam zu trockenen, rockigen Hügelzügen. Ich bin froh, denn damit verschwinden auch die tausenden Summervögeli, die auf dem warmen Asphalt herumtänzeln, bis ich sie mit etwas übertretenen 65MPH mit meinem Kühlergrill aufsammle. Bei Sonnenuntergang erreiche ich bereits den Staat Idaho. Leider fahre ich ostwärts, so sehe ich den schön gefärbten Abendhimmel nur in meinen Rückspiegeln.
Auf dem total ca. 1334km langen Weg zum Yellowstone mache ich am 15.09.11 noch einen kleinen Umweg zum Craters of the Moon National Monument. Dieses kahle Lavaland, wo ausser Touristen beinahe nichts vegetiert, wurde damals sogar von Apollo-Astronauten für ihre Trainings verwendet. Die Landschaft bietet mir versteinerte Lavaflüsse, durch Lava geformte Höhlen und weitere interessante Kreationen, die flüssige Lava so machen kann. Im „Indian Tunnel“ treffe ich drei Ostschweizerinnen, die ebenfalls auf einem Roadtrip sind und mich – als ihren ersten Bären in den USA – ablichten wollen.:-)
Craters of the Moon…
…Gesehen? Alex on the moon!
Frech neben den Corvettes geparkt
Den ersten Bären gesehen
Ich komme am 16.09.11 früh am Morgen am Westgate des Yellowstone National Park an. Welcome to Wyoming und es regnet in Strömen! Zudem ist es grad mal 8°C warm und ich habe nur meine kurze Hose, da meine Jeans ja mit Dip vollgesuppt ist. Egal. Beim Fountain Paint Pot stürzen alle anderen Touristen in den Regen, um die Geysire zu bewundern. Ich indes, sitze in meinem beheizten gelben Camaröli, schmause ein Red Velvet Cake Yoghurt (ein Hoch auf die US Foodindustrie: Ich habe wirklich das Gefühl, ich beisse in eine Torte), höre Moby, geniesse das plätschern des Regens auf meinem Softtop, sehe die Fontänchen in der Ferne dampfen und nasse Touristen zu ihren Autos zurück kehren. Nicht dass mich das mit Erheblichkeit erfüllen würde, aber der Moment gefällt mir irgendwie.:-) Der Regen lässt nach und so wage auch ich mich aus meiner Bastei, um das Geschehen aus der Nähe zu betrachten. Als nächstes stoppe ich bei Grand Prismatic Spring, wos dampft und brodelt und der Boden verschiedenste von Bakterien herbeigeführte, intensive Verfärbungen aufweist. Bei Biscuit Basin mache ich nur einen Turn, dafür wage ich mich beim Black Sand Basin halbwegs in den Regen. Genau zur richtigen Zeit erreiche ich den Old Faithful, der alle 93 Minuten ausbricht. Grau in Grau steigt die Dampffontäne auf, während das Wasser in den wolkenverhangenen Himmel spritzt.

Was für ein Süpplein hier wohl köchelt?

*Hust*
Die Menschenmenge wartet auf Old Faithful…
…bis er endlich ausbricht
It’s me, bei den Lower Falls!
 Manchmal riechts nach Kuhpisse, manchmal nach 1. August Ragetli und manchmal nach gekochten Eiern, die zu lange im Kühlschrank waren, doch die Geysirenlandschaft mit Qualmenden Seen, blubbernden Löcher und wasserspeienden Schluchten ist höchst eindrücklich (und sorgt wohl bei jedem Geologen für feuchte Träume). Meine Yellowstone-Entdeckungsreise führt mich weiter zum West Thumb Geyser Basin, Bridge Bay, Mud Volcano und zu den Lower Falls. Auf dem Rückweg gerate ich in einen „Wildlife Jam“ (Stau wegen einer Tiersichtung). Auch ich halte an und siehe da, ich sehe einen Bären! Aber nur noch sein Füdeli in der Ferne, da er sich bereits wieder in das Dickicht zurückzieht. Auf meinem Weg aus dem Park via East Entrance halte ich an einem Pullout an, um beim Nachtessen den Sonnenuntergang zu geniessen. Plötzlich sehe ich im Rückspiegel, wie Touristen hinter mir zu ihren Autos rennen. Als ich links herüberschaue erblicke ich eine riesige Bisonherde, die röhrend und grunzen auf der Hauptstrasse entgegenkommt. Sofort ergreife auch ich die Flucht, denn ich möchte meinen Camaro nicht opfern (wer weiss, auf welche Farbe die Tiere ansprechen). Ich habe keine Zeit zum Wenden, so fahre ich im Rückwärtsgang auf der Gegenfahrban an einen sicheren Ort und warte, bis die Viecher vorbeiziehen. Auch hier habe ich wieder mal nur einen Bruchteil des Parkes (nämlich den Süden) gesehen. Da ich kurzfristig keine Übernachtungsmöglichkeit im Park finde, setze ich meine Reise fort.
Und schon verschwindet er im Wald
Nichts, wie weeeeeg…
Meine 794km lange Fahrt am 17.09.11 durch den herbstlichen Regen, entlang endloser Felder oder Niemandsland führt mich in den Bundesstaat South Dakota. Am regnerisch-grauen Abend erreiche ich Mount Rushmore, wo die riesigen, in mühsamer Arbeit während 1927-1941 in den Fels gehauenen Gesichter von Georg Wasihngton, Thomas Jefferson, Abraham Lincoln und Theodore Roosevelt mich versteinert anglotzen. Für 20 Uhr wird mir eine Lichtshow versprochen. Als Lichtfanatiker warte ich selbstverständlich. Pünktlich erklingt taktvolle Marschmusik und ein Ranger hält eine – gääääähn – langweilige Rede über die Geschichte der USA. Im Anschluss wird ein haarsträubend-patriotischer Film über die vier Präsidenten gezeigt, wobei das Wort „Freedom“ und die amerikanische Flagge mehr als zu oft gezeigt werden. Ich warte noch immer auf die Lichtshow. Nach langen 30 min werden dann langsam mit einem Spot die Steinköpfe erhellt. Das wars. Nachdem von allen Anwesenden die Nationalhymne gesungen wird, gibt’s noch ein romantisches Extra: Einen Heiratsantrag eines patriotischen Locals. Meine Erwartungen an eine Lichtshow werden schwer untertroffen. Ich fahre ins nahe gelegene Rapid City, wo ich übernachte (in der Hotellobby hängt eine Auszeichnung „Voted Most Patriotic City“- mich wundert’s überhaupt nicht). Am nächsten Tag, dem 18.09.11, fahre ich bei strahlendster Sonne für ein paar bessere Fotos nochmals zu den stattlichen Präsidenten. What the…? Als ich ca. 1.5 Meilen auf die Rückseite des Mt Rushmore fahre, sehe ich doch tatsächlich einen von der Natur geschaffenen 5. Präsidenten abgebildet*! Spontan beschliesse ich, nochmals eine Nacht in Rapid City zu bleiben, um endlich wieder mal zu Waschen und mich vom vielen Autofahren zu erholen.
Mond,wie auf dem Cover


„Lightshow“

*5. Präsident: G.W.Bush!
Meine 1015km lange cruise geht am 19.09.11 weiter entlang der langweiligen Interstate-90 East in den Bundesstaat Minnesota nach Minneapolis. Nachdem ich im ebenso langweiligen Guesthouse eingecheckt habe, treffe ich am Abend Alissa, welche ich in Indien, in Mcleod Ganj kennen gelernt habe zum Sushiessen. Anschliessend gehen wir in den  Fine Line Rockclub, wo trotz Montagabend die texanische Band „The Bright Light Social Hour“ die Bude rockt! Tags darauf miete ich mir einen Drahtesel und erkunde Lake Calhoun, Lake Harriet, das Villenviertel, Lake Hiawatha und entlang dem Mississippi River zurück in die Stadt. Minneapolis ist überhaupt nicht langweilig! Die Studentenstadt ist artistisch, progressiv, alternativ und erinnert mich etwas an Rotterdam. Loneley Planet kommentiert treffend: It’s always happenin‘! Tags darauf, am 20.09.11, breche ich auf eine erneute, 657km lange Fahrt auf, nach Chicago…
Wiedergetroffen: Alissa
Wiedermal geradelt: Alex
Fazit: Mindestens 4‘483km in neun Tagen, dafür auch fünf atemberaubende Parks!
“For my part, I travel not to go anywhere, but to go. I travel for travel’s sake. The great affair is to move.” – Robert Louis Stevenson
Cheers
Alex
 

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