Samstag, 21. Juli 2012

Bärenspass in den Rockies


[Lake Moraine – Lake Louise – Peyto Lake – Athabasca Glacier – Sunwapta Falls – Maligne Lake – Jasper – Valemount – Vernon – Kelowna – Pentiction - Osoyoos]

Voller Gebietsneugierde, Campingelan und Edelbackpackgebrüste geht unsere Fahrt am 02.07.12 nach einem ausgedehnten Rühreifrühstück durch die neblig-graue und saftig-grüne Rocky Mountain Gegend weiter Richtung Lake Louise. Plötzlich stauen sich die Autos vor uns und Fahrzeuge halten auf dem Pannenstreifen an, die Insassen steigen aus ihrem Gefährt und rennen nach vorne. Leute, nach nicht mal 10 Minuten Fahrt haben wir hier einen klassischen „Bear-Jam“ mit hohen Chancen für einen ersten Kontakt. Nichts wie ebenfalls rechts ran fahren, Kamera schnappen und zur Menschentraube rennen, um auch ein paar Shots zu haben. Wir sind baff, als wir eine Grizzlybärenmutter mit drei Jungtieren aus nächster Nähe (ca. 50m mit Zaun dazwischen) sehen. Unsere ersten Bären ausserhalb von Bern oder Zoo! Erst nach etwa 15 Minuten kommt ein Ranger, um sowohl die Tiere, als auch die nach schweizerischem Autobahngesetz längst straftätigen Touristen zu verscheuchen. Zu seinem Leidwesen kann er jedoch erst die Schreckschusspistole nicht abfeuern und ruft etwas hilflos „Hey bear, hey bear!“, um die Getiere in den Wald zurück zu verscheuchen und „For your safety, please move back to your veicle“, um den Touristenmob in die Autos zurück zu zitieren. 20 Minuten später das gleiche Szenario: Stau, Touristenmenge, Jay und Baer machen Foto vom bear (diesmal 10 Meter Abstand vom Braunbär mit Zaun), Ranger, Schreckschusspistole und weg ist der Braunbär und die Touristenschaar. Was für ein Glück wir doch haben. Die Jahreszeit lässt aber auch die besten Kräuter und Beeren am Strassenrand gedeihen.
Wie im Zoo – einfach echter
Ich sag’s ja: Bärenspass!:-)
Schreckschuss geht in die Hose
Zweite Bärensichtung
Der Moraine Lake im engen Ten Peaks Tal ist Türkis, eingebettet in dunkelgrüne, dichte Wälder mit schwimmendem Treibholz auf der Wasseroberfläche – genau so, wie man Kanada aus Sicht des geistigen Auges beschreiben würde. Lonely Planet empfiehlt uns wärmstens einen Hike zum Sentinel Pass „Walk with outstanding views of Mt Temple and the surrounding peaks“. Wie die lustigen Hirten und fröhlichen Knaben machen wir uns frohen Mutes auf die ca. 3h lange Wanderung bergauf mit posenden Murmeltieren, Sonne, Wind, schönen Wäldern und Wandervögelgetünchtem Ambiente. Der weitaus grösste Spass ist aber die ca. 100m lange Schnee-Rutschpartie auf unseren Regenponchos, die unseren Rückweg um einiges verkürzt. Mit nassen Hosen, müden Beinen und Canada’s finest views auf unseren Memorycards, kehren wir zu unserem Camper zurück und machen uns auf den Weg, um Brot und Käse einzukaufen. Mit zwei vollen Einkaufskörben kommen wir aus dem Laden. Eigentlich weiss ja jedes Kind, dass man nicht hungrig einkaufen soll.:-) Auf dem vorgebuchten Zeltplatz nisten wir uns ein, stillen den Hunger und lassen den Abend ausklingen.
Typisch Kanada

Wandervögel

Rutsch-Spass
Asiaten-Attraktion Murmeltier
Stilechtes Eichhörnchen
Jamie&Oliver im RV am Kochen
Ohne Worte
Beizeiten stehen wir am 03.07.12 auf und widmen uns der Meditation und Tai Chi, einem reichhaltigen Frühstück und der val’schen Schmierphilosophie. Da uns unser Trip auch in die USA führt, müssen wir unser ESTA Formular  updaten und kehren dafür in einer Lodge mit Internet ein. Hier geniessen wir ein zweites Frühstück und warten ein Gewitter ab, das jedoch just bei unserem anschliessenden Besuch am Lake Louise voll über uns herunter bricht. Auf der Weiterfahrt sichtet Jay beim Vorbeifahren einen am Strassenrand weidenden Braunbären und in Folge zetteln wir einen riesigen „Bear Jam“ an. Dank unserem idiotisch-gefährlichen Mut, dem aufmerksamen Beobachten der Bärenfährte  und der Geduld des Ausharrens, gelingen uns die besten Shots aus unmittelbarer Nähe zum Raubtier (halsbrechende 8m, diesmal ganz ohne Zaun!). Weiter geht die Fahrt entlang des Icefield Parkways mit seiner majestätischen Aussicht auf  dramatische Schneeberge, schwindende Gletscher, von Hochwasser noch wilder gewordene Flüsse, aquamarinfarbene Seen und rauschende Wasserfälle…
Lake Louise fällt irgendwie ins Wasser
Wetterbesserung beim nächsten Lake
Lim-Bear-Baer
Gefährlich nahe! Wo ist der Bärenspray?
Nach einer Touristentour zum Perito Moreno in El Calafate (ein paar Blogs weiter oben) und einer waghalsiger Schülerreise zum Mortaratschgletscher in Graubünden (ein paar Jährchen zurück) haut uns der „Athabasca Glacier“ nicht mehr aus den Socken. Jedoch jäh aus den Socken haut uns der blöde Rauchmelder im RV, der beim Maiskolben backen plötzlich ausgelöst wird. Unsere montierten Ohropax und ein paarmal in den Sensor pusten lösen das Problem vorerst… bis wir später unsere Anti-Rauchmelder Strategien noch verfeinern. Die durch den starken Regen in den letzten Wochen angeschwollenen Flüsse verwandeln die Sunwapta Falls in reissende, tosende Höllenschlunde. Einst über die Gesteine, durch die schmalen Täler ergossen, münden sie jedoch wieder in ruhigere, umso idyllischere Flüsse mit Verzweigungen und waldbewachsenen Inseln. Den siebten Bär, den wir sichten, chillt am Strassenrand und gönnt sich ein Dinner for one vor dem Eindunkeln. Just beim Einbiegen in den Wapiti Campground sichten wir noch einen Kojoten. Jetzt fehlt uns nur noch ein Elch, um die „Canada Big Four“ (Bär, Elch, Koyote und Murmeltier) komplett zu haben… let’s see…
Baer Attack (oder Bärenspass)
Gischt Attack
 Am Morgen des 04.07.12 verstopfen wir zuallererst mal die Dumpingstation beim Zeltplatz. Weil wir uns wider Heidi’s Ratschlag zu einlagigem WC Papier mit dem zweilagigen Upgrade ein bisschen Komfort gönnen wollten, hat die ganze Schlacke den Schlauch und das Dumpingloch blockiert und uns vor eine trickige Aufgabe gestellt. Doch genug des Fäkalhumors – wir hatten ja schon immer Pech mit dem Dumpen. Um die Stimmung wieder etwas hochzuheben, prophezeie ich grossartig, dass wir heute auf der, gemäss Lonely Planet elchträchtigen Cruise  zum Malinge Lake, einen Elch sehen werden. Keine 10 Minuten später sichten wir ein solches Tier mit stattlichem Geweih feucht fröhlich grasend… äh fröhlich im feuchten Gras etwa 15m von uns entfernt am Strassenrand.  Malinge Lake an und für sich ist dafür nicht mehr so spektakulär. Da haben wir mindestens ebenso schöne Seen in der Schweiz. Ok, vielleicht bietet der grau in graue Himmel und die regnerische Atmosphäre auch nicht die ideale Kulisse. Vielleicht sind wir aber auch einfach schon zu verwöhnt, was Berge und Seen anbelangt. Bei einem schönen Pullout braten wir Burger zum Mittagessen und veranstalten einmal mehr ein Rauchmelderkonzert.
Auf dem Weg zum Malinge Lanke
Elchartiger Hirsch
Unsere Fahrt führt uns zurück nach Jasper Town, das bestimmt sehr schön gewesen wäre, wo wir aber nur für ein Fuel-up anhalten und dann unsere Tour gegen Westen fortführen. Unser Plan ist es, heute möglichst weit zu kommen. Daher stoppen wir auch in Valemount nur kurz, um die nötigsten (und wiedermal unnötigsten) Essenseinkäufe zu tätigen. Per Zufall entdecken wir dann aber den wunderschön, so-hab-ich-mir-Kanada-vorgestellt gelegenen Canoe River Campground, etwas südlicher von Valemont. Mit unseren Cowboyhüten dekoriert, geniessen wir einen Rum in einem Ambiente von in die Abendsonne gehüllten Blumenwiesen, weidenden Pferden und schon fast kitschig wirkenden Schneebergen im Hintergrund. Eine Kulisse, die den romantischen Brokeback Mountain-Szenen eine ernsthafte Konkurrenz bietet. Das in unserem RV empfangene Zeltplatz-WiFi macht die Invasion des lästigen Mückengefasel und Fliegengesäusel beinahe wieder wett. „Morgen kaufen wir hartes Zeugs gegen die Stechmücken“ murmelt Jay aus der anderen Seite unseres Mobile-Homes, bevor er einschläft. „Klatsch“ machts bei mir und ich rotte hoffentlich noch die letzte Mücke aus, die mir nervig um den Kopf schwirrt.
Cowboys, Rum und Abendsonne..
..fast zu perfekt
Das Klima wird entschieden wärmer und stabil-sonniger, je weiter wir am 05.07.12 südlicher fahren durch Ortschaften, wie Clearwater, Kamloops, Vernon und Kelowna. Die Berge verwandeln sich in Hügelzüge, grosszügige Früchteplantagen deren Erzeugnisse am Strassenrand in dutzenden verführerischen Ständen feilgeboten werden. Angesichts unseres bevorstehenden Grenzübertritts in die USA, sind wir aber damit beschäftigt unseren bereits eingekauften Vorrat abzubauen. Planet Bee (Shop rund um den Honig mit grossem Bienenstock, den man aus nächster Nähe betrachten kann), sowie der Erlebnisbauernhof (Faktisch ein grosser, clever aufgezogener Hofverkauf) in Vernon sind bereits im Begriff zu schliessen, als wir ankommen. Uns reicht die Zeit nur noch für eine kurze Besichtigung. Aber das Highlight und geheime Bucketlist Item von uns beiden ist sowieso die bevorstehende Übernachtung auf dem Parkplatz des Walmart Supercentre in Kelowna mit Frühstück auf dem Parkplatz und abermals nötigem und unnötigem ge-shoppe durch die endlosen Regale (das Ablaufen sämtlicher Gänge und aufmerksame Betrachten der Produkte dauert ungefähr 3h). 
Roadtripspass
Bienenspass
Bauernspass
Walmartspass
Am 06.07.12 geht die Fahrt durchs gedeihende Okangan Valley weiter, entlang der klassischen Wine-route (aber völlig abstinent) nach Pentiction, wo wir Daniel, einen ehemaligen Reisekumpan von Jay besuchen und an der gemütlichen Seepromenade in der Sonne chillen. Unsere letzte Station ist Osoyoos, die „heisse Wüste Kanadas“, die den Namen wegen ihrem See und grünem Gebirgskleid unseres Achtens nicht verdient hat. Unter Wüste haben sich die erfahrenen Berber Sanddühnen, Kamele und Wüstenmäuse vorgestellt. An einem superschön gelegenen Pullout mit einem Million Dollar View stellen wir unser illegales „Wüsten“-Camp auf…
Good night…
 “You can find your way across this country using burger joints the way a navigator uses stars.” – Charles Kuralt
 Cheers
Alex





Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen