Mittwoch, 3. August 2011

Quito: Erstens kommt es anders und zweitens, als man denkt…

Um 5 Uhr morgens am Freitag, dem 22.07.11, komme ich zerknittert in Quito an. Nachdem ich im zentral gelegenen Queen’s Hostal mit dem besten Preis-Leistungsverhältnis in Quito eingecheckt (USD 13/Nacht) und doch nochmals etwas Schlaf nachgeholt habe;-), mache ich mich ready für Quito Nightlife, was aber nicht so spektakulär ausfällt, wie damals mit Janine+Janine.:-) Samstag 23.07.11 und Sonntag 24.07.11 ist herumgammeln angesagt. Etwas shoppen, etwas USA planen und am Sonntagmorgen um 4 Uhr werde ich doch tatsächlich von einer Schiesserei vor meinem Hotel geweckt!
Flux ist mein Hotelzimmer zum Reisebüro umfunktioniert
Das erste, was ich am Montagmorgen (25.07.11) mache, ist Kontaktaufnehmen mit der US Botschaft in Quito. Ich will ein Visa für die USA! Auf Emails bezüglich Visafragen wird partout nicht geantwortet heisst es in einem sauertöpfischen Auto-reply auf mein sorgfältig formuliertes Email an die Botschaft. Auch ein Ich-bin-ein-hilfloser-Schweizer-Email führt zum selben Resultat: Der fade Auto-Reply Nr.2. Es führt nichts darum herum für wucherige USD 12 am Telefon einen Pin zu kaufen, der mich berechtigt 8 Minuten mit der Botschaft zu telefonieren. Die Crux an der ganzen Sache ist, dass ich eine Ziffer im 13-stelligen Pin auch nach 3x Wiederholen akustisch nicht verstehe! Die Zahl, welche mir von der elektronischen Stimme vorgelesen wird, hört sich an, wie „häis“, so dass ich mir keine Zahl aus dem englischen 0-9 daraus erraten kann.:-) Nach dem vierten mal Wiederholen drücken mit der Taste „9“ werde ich automatisch mit DD* aus der Embassy verbunden. Die Dame ist weder hilfsbereit, noch motiviert, noch kompetent, noch selbständig, noch intelligent, noch gar nichts. Die Hälfte der 8 Minuten versuche ich ihr zu erklären, dass ich eine Ziffer des Pins nicht verstanden habe. So kommts, wies kommen muss: Mitten im Gespräch für einen möglichen Interview Termin bricht die Leitung ab. Abermals maile ich der Botschaft, dass ich auch am Telefon nicht sonderlich erfolgreich war. Ich kassiere zum dritten Mal den süssen Auto-Reply. Für ein Visum für das Land der Begrenzten Möglichkeiten ist es nämlich so: Man braucht ein persönliches Interview mit einem Botschafter, man füllt einen schier unendliche Onlinefragebogen aus und man muss jede Menge Papierkrams bereit haben (ja, die wollen sogar die letzten Kontoauszüge sehen!). Nun gut, vielleicht mailen die mir freundlicherweise heute ja doch noch zurück. Ich nutze die Wartezeit, um all die Informationen fürs Interview zusammen zu suchen, auszufüllen und auszudrucken.
Das erste, was ich am Dienstagmorgen (26.07.11) mache, ist meine Mails checken. Ausser meiner drei Auto-Reply Trophäen ist nichts von der US Botschaft drin. Es bleibt mir daher nichts anderes übrig, als nochmals so einen Code für 12 USD zu kaufen. Freunde, auch dieses Mal verstehe ich zwei Ziffern des Pincodes nicht (und ich kann auf Englisch auf Zehn zählen)! Das muss ein Systemfehler sein. Mit dem Code 015082“häis“41“häis“438 gelange ich wieder zu Fräulein DD. Diesmal sage ich ihr, dass ich die 8 Minuten konstruktiv nutzen will. Und ich kriege schlussendlich sogar einen Termin angeboten! Am 30.08.11 darf ich zum Interview… Moment, das ist ja in einem Monat!? Yup. Das ist der einzige Termin, welcher der Computer anzeige, meint sie. „Bitch“, denke ich. Ich bleibe scheissfreundlich und versuche ihr meine Situation zu erklären und einen Termin heute oder wenigstens diese Woche zu verhandeln. Nop, es gäbe nichts ausser nochmals nen Pincode anzufragen und USD 12 zu zahlen – ich könne dies übrigens sooft ich wolle wiederholen – aber sie könne mir nicht garantieren, dass der Termin dann viel näher zum heutigen Datum wäre. Klick und da sind die 8 Minuten auch schon wieder um.
Da ich möglichst bald fliegen will, entscheide ich mich zuallererst die Situation mit Humor zu nehmen und dann für Plan B: Das einfacherere Visa Waiver Program. Und so kommt es anders, als gedacht: Aus fünf Monaten USA mache drei. Anscheinend wollen die Amis mein Feriengeld nicht. Der US Konjunktur muss es ja saugut gehen. Um sicher gehen, checke ich die online News und lese Überschriften, wie „Wenn in Washington das Geld ausgeht“, „Die USA braucht eine Schuldenbremse“ und „Die USA taumeln in die Staatspleite“… seid ihr sicher, dass ihr mich nicht doch 5 Monate wollt?
Am Abend gehe zum Bodycombat in Quito und stelle einmal mehr fest, dass die Stunden zuhause im Fitnessplus einfach unschlagbar sind. Dass man nicht mit nassen Haaren am kühlen Quitoabend nachhause laufen sollte, merke ich am nächsten Tag, wo sich Halsschmerzen bemerkbar machen. O-ooo! Nichts desto trotz buche ich mich am Mittwoch, 27.07.11 ins „The-place-to-be-Secret Garden Hostel“ in der Altstadt ein, um ein paar Backpacker für mein letztes, wildes Partyweekend in Quito kennen zu lernen. Ich lerne jede Menge cooler Leute kennen! Die Atmosphäre hier ist super, die „heissen“ Duschen aber lau bis kalt.
Obwohl ich halstechnisch recht angeschlagen bin, gehe ich mit Elly (England), Michael und Paul (zwei Aussies) am Donnerstag 28.07.11 zum Must-see von Ecuador: Die Äquatorlinie. Ganze 40cent kostet uns die ca. 1.5h Busfahrt zur Nullpunktlinie, zum Ort, wo man wegen den Zentrifugalkräften 0.3% weniger wiegt, wo ein Ei auf einem Nagel stehen bleibt und wo man einen Stempel in den Reisepass kriegt, wenn man ihn dabei hat… Auf dem Rückweg bin ich müde und ich friere. Daher beschliesse ich, den Rest des Tages im Bett zu verbringen. Als ich aufwache, habe Hals- und Gliederschmerzen. Na toll… das wars dann mit dem Partyweekend! Aber es kommt ja anders, als man denkt…
On-0°-0‘-0“-Line?
Pass vergessen, dafür Loneley auf S.114 signiert
Das sagenumwobene stehende Ei

Fotografieren verboten? Spass muss sein!




Tags darauf, am 29.07.11 verschlechtert sich meine Lage, es kommt Fieber hinzu. Ein anwesender Backpacker prophezeit: Angina. Ich verkrieche mich umgehend ins Bett und konsumiere sämtliche mich gut dünkenden Medikamente aus meiner mitgebrachten Reiseapotheke. Und siehe da, am Samstag 30.07.11 geht’s mir schon viel besser (Danke Leo+Val!). Nun ist es so, dass ich für Samstag bereits einen Tagestrip für USD 35 zum Cotopaxi Vulkan gebucht und bezahlt habe. Den trete ich dummerweise in meiner Euphorie von Besserung zusammen mit Elly auch an...
Auf der Hinfahrt schlafe ich unter meinem warmen Poncho, da ich allgemein in meinem 6-Betten-„orange“-Dorm relativ schlecht schlafe („relativ“ ist notabene untertrieben). Unterwegs laden wir noch weitere Leute auf, unter anderem auch Katy (USA), welche ich bereits beim Buchen in Quito für diese Tour sozusagen überredet habe.:-)
Der ca. 250m hohe Aufstieg vom Parkplatz zum Base Camp „Refugio José Rivas“ auf 4810m ist pures Gift für meine havarierten Mandeln. Die Angina meldet sich wieder zurück. Hagelschlag, kalter Wind und die dünne Luft tragen ebenfalls ihren Teil bei. Im Basecamp angekommen zittere ich vor Kälte, wie Nachbars Lumpi, und bin froh, dass das Wetter schlecht ist und wir nicht noch einen Sektor höher gehen können. Indes werde ich von den Amis in unserer Gruppe auf meinen bevorstehenden USA Trip gebrieft. Sie zeichnen mir eine Karte mit den Sehenswürdigkeiten, bieten mir Support beim Autokauf an und selbstverständlich soll ich sie besuchen kommen, wenn ich im jeweiligen Staat bin. Cool. Diese netten Amis haben grad einiges wiedergut gemacht, was Miss DD von der Embassy verbockt hat!:-)
Gute Miene zum kranken Spiel
Der Aufstieg im Nebel+Hagel
Da meine Schuhe eklig nass und meine Füsse eisig kalt sind, verzichte ich auf die Downhill Bike Tour und warte im warmen Bus, bis die anderen ausge-biked haben. Meine Stirn glüht. Das anschliessende Mittagessen ist ein Desaster für Vegetarier, so dass ich mich schlussendlich mit Chips, Äpfeln, zwei Scheiben Brot und nem selbst gekauften Goggi zufrieden geben muss (naja, kann ja sowieso nicht Schlucken). Den Rückweg verbringe ich unter meinem Poncho. Ich freue mich auf eine heisse Dusche – shit, gibt’s ja nicht im Secret Garden! – und mein Bett.
4810m und ich war schon fitter…
Beim „Aufwärmen“ in der Hütte
Ich, natürlich der einzige mit Sneakers!
Aussicht egal – will ins Bett!
Per Zufall sind Stephan und Martina, zwei Freunde aus der Studienzeit, auch grad in Town und per noch grösserem Zufall im gleichen Hostel, wie ich. Erst gestern eingecheckt, sind wir uns noch nicht über den Weg gelaufen. Als sie mich heute Abend aufsuchen, bin ich bereits in meinem in Neocitran ertränkten Fieberschlaf…
Wir treffen uns aber zum Frühstück am Sonntagmorgen, den 31.07.11, und verabreden uns auf Dienstag, da sie heute auf den Cotopaxi gehen. Mein Wunsch nach baldiger Genesung, auf eine heisse Dusche und uf dä tüüüfi gsundi Schlaaf sprechen für eine Umsiedlung zurück ins Queen’s Hostal. Dort angekommen buche ich mich bis Mittwoch ein und verschreibe mir 3 Tage strengste Bettruhe. Als nächstes dusche ich Heiss und ausgedehnt, dann lege ich mich ins Bett und wache erst am Abend wieder auf. Auch die nächsten zwei Tage, bis am Dienstag 02.08.11, verbringe ich im Bett und peppe mich auf mit Vitaminen, Zwiebelwickel und Schmerztabletten. Siehe da, die Angina weicht von meinen Mandeln! Dienstagabend fühle ich mich wieder salonfähig und treffe mich mit Stefan und Martina zu einem unterhaltsamen, gemütlichen Abendessen. Am Mittwoch 03.08.11 ist der Tag gekommen wo ich Ecuador verlasse und gespannt in die USA reise…
Mit Stefan+Martina
Happy Gringo – wieder gesund!
Wie ist Quito? Quito ist versmogt, wie Athen, heruntergekommen, wie einst die Ostblockstaaten, gefährlich, wie die Bronx in den 80er Jahren, sehenswürdig, wie jede andere Touristenstadt und ausgangstechnisch Lloret de Mar by Salsa gleichzusetzen. Natürlich gibt’s auch schöne Seiten, aber ich habe definitiv zu viele Nächte in dieser Stadt verbracht, um noch schwärmen zu können. Eigentlich wäre das nicht geplant gewesen… aber eben, meistens kommt es anders… :-)

“One’s destination is never a place, but a new way of seeing things.” – Henry Miller
Cheers
Alex
*Name der Redaktion bekannt

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